Lionel Richie in der Münchner OlympiahalleUnd dann hält der Schmusesänger die Zeit an

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Im leuchtend weißen Frack betrat Lionel Richie die Bühne der Olympiahalle. Die SZ hat wegen nicht annehmbarer Vertragsbedingungen keinen eigenen Fotografen zum Konzert geschickt. Das Agenturbild zeigt den Sänger beim Konzert in Belfast.
Im leuchtend weißen Frack betrat Lionel Richie die Bühne der Olympiahalle. Die SZ hat wegen nicht annehmbarer Vertragsbedingungen keinen eigenen Fotografen zum Konzert geschickt. Das Agenturbild zeigt den Sänger beim Konzert in Belfast. (Foto: Gareth Cattermole/Getty Images)

Die Welt kann sehr schön sein, wenn man sie nur lässt: Lionel Richie entführt sein Publikum in der Olympiahalle in die Achtzigerjahre und spielt zwei Stunden lang all seine Hits.

Kritik von Dirk Wagner

Auf der Leinwand werden gerade zur Eröffnungsmusik ein paar Höhepunkte aus Lionel Richies Karriere visualisiert, als sich eine Rauchwolke auf der Vorbühne bildet, die ein Steg mit der Hauptbühne verbindet. Derweil sich nun auf dieser Hauptbühne die Band sammelt, tritt aus jener Rauchwolke Lionel Richie hervor. Im leuchtend weißen Frack steht er da. Das Publikum erhebt sich in der bestuhlten Olympiahalle und applaudiert dem Sänger.

Lionel Richie führt sein Mikrofon zum Mund und singt: „Hello“. Mit einem seiner größten Solo-Hits startet der einstige Mitbegründer, Saxofonist und Sänger der Soul-Funk-Band Commodores also seine Show, die sodann einen Hit an den anderen reiht, bis er das Publikum zwei Stunden später mit „All Night Long“ entlässt.

Dabei hat er diesen Song schon viel früher angekündigt. Da ahnt aber noch keiner, dass das der letzte sein soll. Sonst hätten die Zuschauer nicht so zustimmend gejubelt, als Richie betont: „Vorsicht, München, die Stimmung ist gerade so gut, dass ich jetzt die ganze Nacht singen könnte.“ Mit noch lauterer Begeisterung befürwortet das Publikum diesen Vorschlag. Prompt lenkt Richie ein: „Damit meine ich nicht, dass ich die ganze Nacht singen könnte, sondern nur den Song ,All Night Long'.“

Aber auch dagegen hat das Publikum nichts einzuwenden. Aber zuvor liefert Richie erst noch ein paar andere Evergreens. Etwa „Endless Love“, das er dereinst mit Diana Ross als Duett gesungen hatte. Darum habe er jetzt auch einen Überraschungsgast anzukündigen, räumt Richie zunächst ein. Ganze 41 Jahre habe er schließlich Diana Ross gebeten, jenen Song mit ihm auch live zu singen. Dann unterbricht Richie seine Ankündigung. Er müsse eben noch etwas prüfen.

Also dreht er sich zur Band hin, um sogleich nach einem kurzen Gespräch wieder zum Publikum zu sprechen: „Ganze 42 Jahre habe ich sie gefragt, und sie hat immer „Nein“ gesagt.“ Darum müssten nun alle Frauen im Publikum ihre Rolle übernehmen. Und die Frauen übernehmen! So überzeugend übrigens, dass Richie vollmundig attestiert: „Was brauche ich Diana Ross, wenn ich Tausende Diana Ross' im Publikum habe.“

Überhaupt versteht sich der Schmusesänger ganz gut mit dem weiblichen Publikum. Beinahe mitleidig gibt er den Herren im Saal darum auch ein paar Tipps: „Benutzt mich“, sagt er. „Wenn ich eine Nummer wie ,Truly' singe, braucht ihr die Dame eures Herzens nur zu umarmen, ihr tief in die Augen zu blicken und zu sagen: ,Ist er nicht erstaunlich, dieser Lionel Richie?'“

Und in der Tat ist Lionel Richie erstaunlich, wie er so mit seinen 76 Jahren immer noch über die Bühne fegt, als sei die Zeit seit seinem ersten Auftritt in München vor fast vierzig Jahren stehen geblieben. Noch immer zünden auch die Klassiker der Commodores, die er Anfang der Achtzigerjahre verlassen hatte. Das diesmal schon als dritten Song vorgetragene „Easy“ zum Beispiel, oder „Three Times A Lady“ und „Sail On“. Und noch immer weiß Richie solche Klassiker so facettenreich zu singen, während er sich selbst auf einem Konzertflügel begleitet, dass er aus guten Gründen immer wieder die ganze Aufmerksamkeit seines Publikums auf sich zieht.

Aus viel besseren Gründen verdient allerdings auch seine Band solche Aufmerksamkeit, der unter der Führung des Keyboarders Chuckki Booker schon mal ein Funk-Groove gelingt, an welchem sich seinerzeit auch ein Prince erst hätte messen lassen müssen. Insbesondere der Commodores-Klassiker „Brick House“ gerät hier, angepeitscht vom Bassisten Ethan Farmer und vom fein akzentuierten Rhythmus-Spiel des Schlagzeugers Oscar Seaton, zur Essenz einer Black Music, die partytauglich mitreißt und gesellschaftspolitisch aufbegehrt.

Oft genug tut Richie zwar scherzhaft so, als störe es ihn, wenn etwa sein Saxofonist Dino Saldo ihm mit einem besonders leidenschaftlichen Solo die Show stiehlt. Bei „Brick House“ lässt Richie die Band allerdings gewähren. Mehr noch: Er reiht sich sogar körperlich in diese Band ein, stellt sich zwischen dem großartigen Gitarristen Grecco Buratto und der restlichen Band, und tänzelt zusammen mit ihr in einer Reihe als Einheit von einer Seite der Bühne zur anderen. Schließlich gelingt Richie auch noch, dass auch das Publikum Teil solcher demonstrierten Einheit wird und folgerichtig mit dem Star gemeinsam die Hymne singt: „We are the world“. Eine sehr schöne Welt übrigens, wenn man sie nur lässt!

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