Linke:Auf dem Sprung über die fünf Prozent

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Die Partei kämpft nicht nur gegen Rechts, sondern setzt bewusst eigene Schwerpunkte. Dazu zählt die Pflege alter Menschen ebenso wie eine Reform des Bodenrechts und der Bau von Sozialwohnungen. Damit gewinnt die Partei an Zuspruch

Von Dominik Hutter

Der Spitzenkandidat kommt gerne auch zu Hause vorbei. "Wohnzimmergespräche" nennt sich das Wahlkampfformat, bei dem man Ates Gürpinar oder andere Bewerber der Linken zu politischen Gesprächen einladen kann - wobei sich die Runde je nach Größe dann auch im Nebenzimmer einer Kneipe oder in anderen geeigneten Räumen trifft. "Raus aus der Blase" lautet das Ziel, sagt Gürpinar, idealerweise kommt man mit wildfremden und vielleicht auch völlig anders tickenden Münchnern in Kontakt. Ansonsten gilt für die letzten Wochen vor der Landtagswahl: raus auf die Straße. Reden.

Will in den Landtag einziehen: Der Spitzenkandidat der bayerischen Linken, Ates Gürpinar, kandidiert in Milbertshofen. (Foto: Florian Peljak)

Die Linke fühlt sich im Aufwind. Die Reaktionen der Bürger seien ermutigend, sagt Gürpinar. Vergangene Woche hat erstmals eine Umfrage die Partei oberhalb der Fünfprozentmarke gesehen, das wäre Premiere im bayerischen Landtag. Gürpinar hält sich mit frühem Jubel zurück, "ich gebe ehrlich gesagt nicht so viel auf Umfragen". Aber motivierend sei das natürlich schon. Bei der Landtagswahl 2013 krebste die Partei noch bei bayernweit 2,1 Prozent, in München erreichte sie 2,3 Prozent. Ein Einzug ins Maximilianeum erschien damals utopisch. Bei der Bundestagswahl 2017 kamen die Linken dann auf 6,1 Prozent in Bayern, in München sogar auf 8,3 Prozent. Seitdem haben sie im Kreisbüro an der Schwanthalerstraße das Gefühl, dass ziemlich viel drin sein könnte bei diesen Landtagswahlen, für die alte Gewissheiten offenkundig nicht mehr zählen.

SZ-Grafik (Foto: N/A)

In München können die Linken ein komplettes Kandidaten-Portfolio vorweisen, es gibt Direktbewerber für alle Stimmkreise - sowohl bei der Landtags- als auch bei der Bezirkstagswahl. Die Partei ist durchaus präsent, bei Demonstrationen ebenso wie beim Corso Leopold vor zwei Wochen, als die Pasing-Kandidatin Julia Killet unermüdlich ihre Broschüren verteilte, während eine Parteifreundin bei der Fishbowl-Debatte über Wohnen und Mieten mitdiskutierte. Am kommenden Samstag wollen die Linken konzertiert ausschwärmen, um an Infoständen im Englischen Garten wie an der Isar Unterschriften fürs Pflege-Volksbegehren zu sammeln, an dem die Partei zusammen mit diversen Initiativen beteiligt ist. Anfang Oktober sollen die Listen eingereicht werden, vor der Landtagswahl also noch.

Neben dem Thema Pflege steht für die Linken die Dauerbrenner Wohnen und Verkehr im Zentrum des Wahlkampfs in München. Sowie der Kampf gegen rechts, wozu Gürpinar ausdrücklich nicht nur "diese Partei rechtsaußen", sondern auch die Söder-CSU zählt. Priorität hat für die Linken der Bau von 40 000 Sozialwohnungen jährlich in ganz Bayern und eine Reform des Bodenrechts - was letztlich darauf hinausliefe, dass Gewinne durch Wertsteigerungen zugunsten sozialer Einrichtungen und anderer gemeinnütziger Infrastruktur abgeschöpft werden. Beim Thema Verkehr bleiben die Linken bei ihrer Haltung: Die neue Tunnelstrecke für die S-Bahn sei ein Fehler, "die dümmste Idee, die man haben konnte", sagt Gürpinar. Die Strecke ist allerdings schon im Bau. Der öffentliche Nahverkehr müsse dennoch insgesamt ausgebaut werden, und er müsse schrittweise für die Fahrgäste kostenlos werden.

© SZ vom 19.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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