Begegnungsort:"Lighthouse mobil" für deutschen Integrationspreis nominiert

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Charlotte Brandhorst, Theresa Pertl und Andrea Raibold (von links) sind drei der Ehrenamtlichen und Mitarbeiter des Vereins Lichterkette e.V., die mit dem Lighthouse mobil Flüchtlingsunterkünfte und Veranstaltungen ansteuern. (Foto: Catherina Hess)
  • Der Verein Lichterkette ist mit seinem Projekt Lighthouse mobil für den Integrationspreis der Hertie-Stiftung nominiert worden.
  • Mit einer elektrobetriebenen Piaggio Ape 50 fahren sie Flüchtlingsunterkünfte und Veranstaltungen wie das Streetlife-Festival an.
  • So wollen sie Raum für Begegnungen zwischen Geflüchteten und Anwohnern schaffen.

Von Inga Rahmsdorf

Auf drei Rädern und mit höchstens 30 Kilometern in der Stunde zuckelt der Kleintransporter durch München. Das Lighthouse mobil ist ein ungewöhnliches Gefährt. Am Steuer der kleinen Fahrerkabine sitzt eine junge Frau, im Gepäck hat sie einen Sonnenschirm, Getränke und viel Informationsmaterial. Die elektrobetriebene Piaggio Ape 50 ist eine mobile Begegnungsstätte, um Geflüchtete und Münchner miteinander in Kontakt zu bringen. Sie fährt zu Flüchtlingsunterkünften und Veranstaltungen wie dem Streetlife-Festival, um zu informieren und Vorurteile abzubauen. Das Münchner Projekt ist für den deutschen Integrationspreis der Hertie-Stiftung nominiert worden.

"Über die Nominierung freuen wir uns sehr", sagt Myriam Brock vom Vorstand der Lichterkette. Der Verein hat gemeinsam mit der Inneren Mission vor einem Jahr das Fahrzeug für 12 000 Euro gekauft und umgebaut - finanziert durch Spenden. Dass das Projekt nun für den Integrationspreis nominiert wurde, bedeutet, dass die Organisatoren noch bis zum 5. Juni mit einer Crowdfunding-Kampagne auf der Internetplattform Startnext um Unterstützung werben.

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Das Lighthouse mobil tritt dabei bundesweit gegen 43 andere Projekte an. Wer die meisten Unterstützer für sich gewinnt, erhält weitere finanzielle Hilfe von der Hertie-Stiftung. Bisher haben bei der Kampagne mehr als 270 Förderer knapp 11 000 Euro für das Lighthouse mobil gespendet. "Wir hoffen, dass uns in den kommenden Tagen noch viele Menschen unterstützen", sagt Brock.

Der Lighthouse-Kleinlaster hält vor der Funkkaserne, einer Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in München. Charlotte Brandhorst klettert aus der kleinen Fahrerkabine, sie absolviert den Bundesfreiwilligendienst. Andrea Raibold und Theresa Pertl warten schon auf sie. Gemeinsam klappen die drei Frauen die Seitenwände des Kleinlasters hoch, spannen den Sonnenschirm auf und stellen Informationsmaterial und Getränke auf die Ladefläche.

"Es wäre toll, wenn wir ein zweites Lighthouse mobil finanzieren könnten, um weitere Unterkünfte und Events zu erreichen", sagt Raibold, die als Hauptamtliche das Projekt und die Freiwilligen koordiniert. Anfragen haben sie schon viele erhalten, auch aus umliegenden Landkreisen. Um die ebenfalls anfahren zu können, bräuchten sie jedoch ein größeres Fahrzeug. "Viele der Geflüchteten haben kaum Kontakt zur Bevölkerung in Deutschland. Mit dem Lighthouse fällt es leichter, miteinander ins Gespräch zu kommen", sagt Pertl. Die Münchnerin ist eine von etwa 40 Freiwilligen, die sich in dem Projekt engagieren und regelmäßig Schichten übernehmen. Mittlerweile sind auch einige Menschen dabei, die selbst als Geflüchtete von Ehrenamtlichen im Lighthouse empfangen worden sind.

Das Projekt spiegelt wider, wie sich die Integrationsarbeit in München weiterentwickelt hat. Im Dezember 2014 eröffnete die Innere Mission gemeinsam mit dem Verein Lichterkette ein Willkommenszentrum vor der Bayernkaserne. Damals war es eine Erstaufnahmeeinrichtung, in der Hunderte Geflüchtete wohnten. Die Holzhütte wurde Lighthouse Welcome Center genannt und sollte eine erste Anlaufstelle sein. Aber auch ein Ort, an dem Geflüchtete, Freiwillige und Anwohner miteinander ins Gespräch kommen konnten. Als dann die Erstaufnahmeeinrichtung auszog, wurde das Projekt durch den Info-Wagen erweitert. "Mit dem Lighthouse mobil sind wir viel flexibler", sagt Brock.

Bis heute wird auch die Holzhütte des Willkommenszentrums auf dem Gelände der Bayernkaserne genutzt. Und noch immer wohnen in der Einrichtung Geflüchtete. Nur ist es keine Erstaufnahme mehr, sondern eine Unterkunft, in der die Menschen oft jahrelang bleiben. "Wir passen uns den Bedürfnissen der Geflüchteten immer wieder an", sagt Martina Kreis von der Inneren Mission.

Heute geben die Freiwilligen Deutsch-Nachhilfe für Auszubildende, bieten Computerkurse an, helfen bei der Wohnungssuche, organisieren Ausflüge an die Isar oder ins Theater. Was nicht funktioniert, wird verändert oder gestrichen. Dabei mussten die Freiwilligen auch feststellen, dass fast nie Frauen an den Angeboten teilnehmen. "Sie trauen sich oft nicht nach draußen. Ein Schwerpunkt unser Arbeit ist nun, auch die Frauen stärker zu fördern", so Kreis. Dafür entwickeln sie jetzt spezielle Angebote. Ein erster Beauty-Tag für Frauen wurde in der Unterkunft bereits mit großem Interesse angenommen.

© SZ vom 01.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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