"Wie krank", fragt der Kollege, "muss man sein, um gerne Jever zu trinken?" Das höre ich häufiger. Jever-Trinker müssen sich rechtfertigen, weil Jever längst nicht jedem schmeckt. Das besonders herbe, manche sagen: bittere Pils aus dem hohen Norden ist ein Bier für Fortgeschrittene. Der Geschmack ist charakteristisch und unverwechselbar, was man - Achtung, rein subjektiver Eindruck - von bayerischen Bieren längst nicht behaupten kann. Die sind labbrig, wie der Norddeutsche sagt, und vor allem bei sommerlichen Temperaturen zu genießen. Also dann, wenn es gut und richtig ist, große Mengen Flüssigkeit in sich hineinzuschütten, ohne die Geschmacksnerven zu behelligen.
Jever kitzelt am Gaumen, Jever erfrischt, Jever macht wach, Jever ist das Gin Tonic unter den Bieren. Jever-Trinker nicken einander verschwörerisch zu, wenn sie einander begegnen. Die Fans labbriger Biere können das nicht verstehen. Zwar spricht nicht gleich jeder von einer "Krankheit", aber doch von einer Geschmacksverirrung. Folgenden Dialog habe ich unzählige Male erlebt:
Gastgeber: "Ich hätte auch ein Jever ..."
Gast: "Dann nehme ich das."
Gastgeber: "Wirklich? Du kannst echt auch ein anderes haben."
Gast: "Jever ist super. "
Gastgeber: "Toll, das freut mich. Hab immer Angst, dass mir der Kasten verkommt. Viele mögen das ja nicht."
Gast: "Die haben keine Ahnung. Prost!"