Besuch in München:Patti Schlingensief

Ein Termin in einer Münchner Buchhandlung: Punk-Ikone und Poetin Patti Smith zeigt Polaroids und signiert ihre Memoiren. Der eigentliche Grund für ihren Besuch ist aber ein anderer.

Martina Scherf

Die Extreme, zwischen denen Patti Smiths Leben pendelt, spiegeln sich in ihrer Erscheinung. Lang und zauselig die Haare, ernste Linien, die um ihre Mundwinkel spielen, schmale Lippen, stets das gleiche lange, schwarze Jackett - doch wenn sie lächelt, verwandelt sich ihr Ausdruck plötzlich in eine Sanftheit, als wolle sie die Welt umarmen.

Besuch in München: Lang und zauselig die Haare, ernster Blick: Punk-Ikone und Poetin Patti Smith.

Lang und zauselig die Haare, ernster Blick: Punk-Ikone und Poetin Patti Smith.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Rock-Lady Patti Smith, 63, in ihrer Heimatstadt New York zu einer der 400 einflussreichsten Persönlichkeiten der Stadtgeschichte gekürt, besucht am Donnerstag München. Zunächst geht es in die Schwabinger Buchhandlung Lehmkuhl, wo sie ihre gerade auf Deutsch erschienenen Memoiren "Just Kids" signiert. Das Buch erzählt von junger Liebe, Hoffnungen, Existenzkämpfen und der Suche nach Freiheit. "Ich ersehnte den Einlass in die Bruderschaft der Künstler: den Hunger, ihren Kleidungsstil, ihre Arbeitsweisen und Gebete", erzählt sie sanft und unprätentiös.

Vor allem aber berichtet das Buch von den acht gemeinsamen Lebensjahren mit Robert Mapplethorpe, 1967 bis 1975, als New York die hippste Stadt der Welt war. "Just Kids" waren sie damals, neugierig, aber auch ehrlich, wie es nur Kinder sind. Patti Smith war das erste Model des jungen Fotografen, sie schenkte ihm seine erste Kamera, er ermutigte sie im Gegenzug auf ihrem Weg zur Sängerin, Poetin, Künstlerin. 1989 starb er an Aids. Sie habe ihm vor dem Tod versprochen, einst ihre gemeinsame Geschichte aufzuschreiben, sagt sie.

Seit einiger Zeit gibt es im Leben der Patti Smith wieder einen Seelenverwandten: Christoph Schlingensief. In Bayreuth haben sie sich kennengelernt, vor fünf Jahren. Und er ist auch der eigentliche Grund für ihren München-Besuch:

Sie wollte die Premiere von Schlingensiefs Afrika-Projekt "Remdoogo" bei den Opernfestspielen erleben. Galeristin Sonja Junkers wiederum nutzte die Gelegenheit, eine lang gehegte Idee zu verwirklichen und beide zu einer gemeinsamen Ausstellung einzuladen, die am Freitagabend in der Amalienstraße eröffnet wird. Patti Smith zeigt Polaroidfotos, die sie schoss, als sie Schlingensief bei seinem ersten Afrikaprojekt, dem Film "Twin Towers" besuchte: Fotos des Regisseurs am Set, aber auch flüchtige Eindrücke aus dem afrikanischen Alltag. "Beide haben einen ähnlich surrealistischen Blick auf ihre Umgebung", sagt Sonja Junkers. Patti Smith wird es vielleicht anders ausdrücken. Doch die Neugier aufs Leben verbindet beide Künstlerseelen.

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