Süddeutsche Zeitung

Lesung:Mit Schlafsack im Buchladen

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Die Fans des Jugendromans "Erebos" feiern das Erscheinen des zweiten Teils mit der Autorin und einer Übernachtungsparty

Von Anna Weiß

"Was gibt's denn hier?", fragen Passanten immer wieder und betrachten neugierig die Menschen, die in einer langen Schlange vor dem Hugendubel am Stachus stehen. Sie haben Schlafsäcke, Isomatten und Proviant dabei. "'Erebos 2' erscheint heute Nacht", "Eine Lesung!", lauten die Antworten. Dabei handelt es sich nicht um eine gewöhnliche Lesung, bei der das Publikum auf Stühlen vor der Bühne sitzt. Die Buchhandlung Hugendubel - seit ihrem Umbau der Filiale am Karlsplatz verstärkt auf Events ausgerichtet - hat sich etwas Besonderes zu dem Erscheinen des Jugendthrillers "Erebos 2" einfallen lassen.

Dessen Vorgänger "Erebos" hatte die Medizinjournalistin Ursula Poznanski vor zehn Jahren berühmt und zur gefeierten Autorin gemacht. Nachdem die jungen Fans lange im Unklaren darüber gelassen wurden, ob es überhaupt eine Fortsetzung geben wird, wurde das Erscheinen des neuen Buches umso sehnlicher erwartet. Nun ist es soweit, und vorwiegend junge Leute, einige mit ihren Eltern im Schlepptau, warten auf den Beginn der Veranstaltung. Das Aufregende: Die Jugendlichen dürfen ihr Lager in der Buchhandlung aufschlagen und per Kopfhörer der Lesung lauschen.

Eine riesige Übernachtungsparty also mit der Autorin, deren Werk ab Mitternacht zu kaufen ist. Ursula Poznanski freut sich über die Art der Veranstaltung. So hatte sie bis vor zwei Jahren selbst nicht gewusst, dass es eine Fortsetzung zu ihrem Erstlingswerk geben wird. Umso glücklicher ist sie nun über die Begeisterung ihrer Fans. Diese duzen sie in der Fragerunde ungeniert und wollen vieles wissen. Zum Beispiel, was beide Romane miteinander verbinde und wie die Geschichte nun weitergeht.

Während Protagonist Nick und seine Freunde im ersten Teil immer mehr von einem gefährlich realen Computerspiel vereinnahmt werden, das ihr Leben bedroht, ist er im zweiten Teil zehn Jahre älter und die Gefahren von Erebos liegen weit in der Vergangenheit. Bis plötzlich unerwartet eine App auf seinem Handy erscheint - das Spiel ist zurück und fordert mehr.

Während Poznanski liest, rücken einige unruhig auf ihren Stühlen herum. Eigentlich sollte kurz vor Mitternacht ein Countdown laufen, damit um null Uhr die ersten Bücher gekauft und signiert werden können. Doch auch, wenn der Zeitplan dann doch nicht eingehalten werden kann, liest die Autorin gelassen weiter. Dabei schafft sie es nicht nur, einen packenden Spannungsbogen aufzubauen, sondern bringt sowohl Kinder als auch Eltern mit subtilem Humor zum Lachen.

Wie sie denn den technischen Fortschritt betrachtet, wollen einige ihrer Fans wissen. Wohl mit ein Grund, wie die Autorin verrät, dass es die Fortsetzung von "Erebos" überhaupt gibt. Auf die Frage, ob die sich selbständig machende Software nicht ein bisschen unrealistisch sei, entgegnet die Autorin gelassen, dass sie als Autorin das schöne Recht habe, fiktiv zu bleiben. Und fügt hinzu, dass sie es für durchaus vorstellbar halte, dass sich in ein paar Jahren Apps von selbst auf Smartphones installieren und PC-Spiele ihre Spieler beobachten könnten. Einige Teenager lassen ihre Handys verstört sinken. Und greifen kurz nach Mitternacht umso beherzter zum Buch.

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Quelle:
SZ vom 16.08.2019
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