Wieder steht eine Frauenfigur im Mittelpunkt. Wieder handelt der Roman vom Fliehen und Verschwinden, Themen, die die Autorin Marianne Ach schon öfter beschäftigt haben. Während im Vorgängerbuch "Von gestern eine Spur" die Protagonistin Theres von Menschen, die sich plötzlich aus ihrem Leben stehlen, in Atem gehalten wird, denkt Hannah im neuen Werk "Dieses schmale Stück Himmel über Paris" (Lichtung Verlag) selbst über mögliche Fluchten nach.
Erst einmal freilich gönnt sie sich nach 30-jähriger Ehe mit Jan eine Auszeit. Sie ist sich nicht mehr sicher, ob sie mit ihrem psychisch kranken Mann weiter zusammenbleiben möchte oder eine Trennung nicht besser wäre. Um das zu klären, zieht sie sich nach Paris in die Wohnung von Freunden zurück, versucht herauszufinden, ob sie, wie ihr Mann behauptet, ständig zu viel vom Leben will. Ihr reicht es nicht, dass Jan sie attraktiv findet, sie möchte auch für andere Männer begehrenswert sein. Doch in Paris lassen sie die Erinnerungen an ihre Ehe nicht los.
Mit Fluchten kennt sich die 1942 in Eslarn (Oberpfalz) geborene Autorin Marianne Ach aus. Sie floh als Dreizehnjährige aus der Enge des mütterlichen Haushalts ins Internat. Trotz der unbarmherzigen Nonnen hielt sie durch, wohl wissend, dass sie anders zu keiner höheren Schulausbildung kommen würde. Mit 19 trat sie in das Kloster der Dillinger Franziskanerinnen ein, arbeitete zehn Jahre als Kindergärtnerin und Katechetin. Und flüchtete wieder, dieses Mal allerdings in ein selbstbestimmtes Leben. Sie studierte in München, heiratete und unterrichtete bis zu ihrer Pensionierung als Realschullehrerin Deutsch und Religion.
2004 erschien ihr erster Roman "Goldmarie, Pechmarie", eine Kindheitserinnerung. Seither hat sie nicht mehr aufgehört zu schreiben. Stark ist ihr jüngstes Werk vor allem in den Passagen, in denen Ach einfach und prägnant beschreibt, wie es sich anfühlt, wenn der Lebenspartner unerreichbar in einer Depression verschwindet, wenn er nah und doch weit entfernt ist. Amüsant auch ihre Eindrücke von Paris; die Dialogfetzen, die sie einstreut, sorgen für stilistische Abwechslung.
Ärgerlich ist manchmal Hannahs fataler Hang, alles besser zu wissen, speziell dann, wenn sie sich zu moderner Kunst äußert. Sie hat Kunst studiert, empfindet sich als Expertin, "weiß sehr schnell, wer begabt ist oder nicht, ob Bilder sauber gerahmt und ästhetisch angeordnet sind". Einen Künstler, den sie auf einer Vernissage kennenlernt, ordnet sie flott ein: "Quadrate, Rechtecke, Kreise, sogar meine Schüler in den höheren Klassen hätten mehr zustandegebracht" - das liest sich doch ein wenig populistisch und trübt das Vergnügen an dem ansonsten sehr unterhaltsamen Roman.