Ob man nun im bunt blühenden Garten von Jürgen Trustaedt zwischen Rosen und Fingerhut-Blüten steht, ob man auf den lediglich bekiesten Gassen im Eggarten an den prächtigen Bäumen vorbeischlendert, oder ob sich schließlich zu später Stunde das Quaken der Kröten über die Gartenparzellen legt: Dem Charme des Eggartens kann man sich nur schwer entziehen.
Gärtner wie Rentner Trustaedt, die zur Gediegenheit im Eggarten beitragen, gewährten am Freitagabend Einlass in ihre kleinen Herrschaftsgebiete, weil der Verein der Altstadtfreunde vor dem Hintergrund der geplanten Bebauung des Quartiers zu einem Nachbarschaftstreffen mit Spaziergang geladen hatte. Ein Eindruck drängte sich vor allem auf: Die Vorstellung fällt schwer, dass diese Qualität und Eigenart noch bestehen wird, wenn im Eggarten einmal ein neues Wohnquartier entstanden ist.
Deutlich zu sehen war am Freitag auch: Immer mehr Pächter und Bewohner verlassen den Eggarten. In mehr und mehr Grundstücken wachsen Hecken und Büsche wild vor sich hin, in ehemals bewohnten Häusern sind die Fenster mit Brettern vernagelt. Und diese Entwicklung, so ein weiterer Eindruck, nehmen die noch im Eggarten Ansässigen mit zunehmender Verärgerung auf. Immer noch rund 100 Pächter und Interessierte waren am Freitag zusammengekommen, um miteinander über die Zukunft ihres Idylls zu sprechen.
Wie wird der Eggarten in zehn Jahren aussehen? Wie viel Grünbestand muss daran glauben, wenn dafür der in München notwendige Wohnraum entsteht? Fragen wie diese liegen schon länger in der Luft, auf keine gibt es auch nur im Ansatz eine Antwort. Die Planungsgespräche der Eigentümer, der Bauunternehmen Büschl-Gruppe und CA Immo, ziehen sich seit etwa zwei Jahren hin.
Stadt und Investoren verweisen darauf, dass sie noch an Voruntersuchungen zum Natur- und Artenschutz und zu Themen wie Verkehr und Lärm arbeiteten. Damit sollen die Rahmenbedingungen für eine Strukturplanung geschaffen werden, heißt es seitens des Planungsreferats, darum gebe es auch noch keinen Zeitplan für das weitere Vorgehen, oder etwa eine Angabe, wie viel Wohneinheiten entstehen.
Verunsicherung bei den Pächtern
Die Gartenpächter sind darum verunsichert. Man wisse nicht, ob man nächstes Jahr noch hier sei, sagt einer, von einer "Unverschämtheit" spricht seine Frau, bei einem anderen Ehepaar mischt sich die Schwärmerei über die vielen im Eggarten aktiven Tiere mit einem melancholischen Blick in die Zukunft, "falls hier alles platt gemacht werden soll". Die Pachtverträge werden immer für ein Jahr abgeschlossen. Gärtner Jürgen Trustaedt, 74, sagt: "Die wollen uns loshaben." Er hat vor 16 Jahren eine Parzelle übernommen, hat das Dach seines Hauses wetterfest gemacht, die Fassade gestrichen, die Zimmer renoviert. Trustaedt kennt mehrere Personen, die sich aus Altersgründen schon von ihren Grundstücken verabschiedet haben.
Ingrid Mayerhofer - sie gärtnert seit 13 Jahren im Eggarten - ist Sprecherin der Pächter. Auch sie hat bemerkt, wie die im Eggarten aktiven Personen weniger werden - auch hätten mehrere Bewohner ihre Häuser verlassen, die eigentlich ein lebenslanges Wohnrecht hätten. Bisher hätten die Pächter mit Resignation reagiert, meint Mayerhofer, mittlerweile sieht sie den Willen der Übriggebliebenen, aktiv zu werden und gemeinsam ihre Interessen zu vertreten. Der CA Immo zufolge will das Unternehmen den Pächtern helfen, alternative Gartengrundstücke zu finden. Das stimme grundsätzlich, sagt Pächterin Mayerhofer, sei bisher aber nicht geschehen. "Dazu sind sie erst verpflichtet, wenn wir rausmüssen", sagt sie, "und je weniger Pächter am Ende da sind, desto weniger Ersatzgärten muss man bereitstellen."
Martin Schreck von der Initiative der Altstadtfreunde kennt den Eggarten noch aus Erzählungen seines Vaters und hat das Beisammensein am Freitag organisiert. Schreck plädiert für einen möglichst weitgehenden Erhalt des Eggartens, "keine Blöcke, eine Bebauung, die sich einfügt", und verlangt, die Bürger möglichst früh zu beteiligen. Die CA Immo will vor einer Beteiligung das besagte Strukturkonzept zusammenstellen - "damit man den Bürgerinnen und Bürgern auch die konkrete Zielrichtung erläutern kann", erklärt Sprecher Markus Diekow. Die Einbindung der Betroffenen soll aber auf jeden Fall geschehen, bevor der Planungsausschuss des Stadtrats den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan fasst.