Lerchenau:Dacapo im Denkmal-Streit

Lerchenau: Ungewiss: Die Zukunft des Zehentbauer-Hauses bleibt in der Schwebe.

Ungewiss: Die Zukunft des Zehentbauer-Hauses bleibt in der Schwebe.

(Foto: Robert Haas)

Weil die Petition des Bürgervereins Erfolg hat, muss das Landesamt das Zehentbauer-Haus noch einmal überprüfen

Von Simon Schramm, Lerchenau

Der geplante Abriss des Zehentbauer-Hauses in der Lerchenau wird weiter verschoben. Weil sich der Fachausschuss für Kunst und Wissenschaft des Bayerischen Landtages am Mittwoch der Petition des Bürgervereins Lerchenau angeschlossen hat, muss das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege seine Entscheidung zur Denkmalwürdigkeit des Hauses überdenken und die mögliche Aufnahme in die Denkmalliste noch einmal überprüfen. Der Berichterstatter des Ausschusses, Robert Brannekämper (CSU), kritisiert, dass das Landesamt in seinem ursprünglichen Ergebnis die geschichtliche Bedeutung des Gebäudes nicht berücksichtigt habe. "Die fehlt völlig", sagt Brannekämper, "leider hat das Landesamt die notwendige Sensibilität nicht erkennen lassen". Brannekämper rechnet mit einer neuen Stellungnahme des Landesamtes Anfang des nächsten Jahres.

Im April dieses Jahres hatte es das Landesamt abgelehnt, das Zehentbauer-Haus in die Denkmalliste aufzunehmen; dieser Entscheidung stimmte später auch der bayerische Landesdenkmalrat zu. Der Bürgerverein Lerchenau hatte daraufhin die Petition mit dem Anliegen eingebracht, vom Fachausschuss die Entscheidung des Landesamtes noch einmal überprüfen zu lassen. Am Montag dieser Woche besichtigten der Landtagsabgeordnete Brannekämper sowie die Abgeordnete Isabell Zacharias (SPD) als Berichterstatter das Haus zusammen mit den Vertretern des Landesamtes, die ihre Argumente erneut vorbrachten. Aus Sicht des Landesamtes hat das etwa 1911 erbaute Gebäude zu viele An- und Ausbauten erfahren, so seien beispielsweise die Grundrisse zu sehr verändert worden. Darum seien entscheidende Denkmalwerte nicht mehr vorhanden. Die Ablehnung gegen den Denkmalstatus einzig mit den Zustand der materiellen Bausubstanz zu begründen, ist für die Berichterstatter kein ausreichendes Argument; es müsse auch die historische Bedeutung berücksichtigt werden, die nach dem Denkmalschutzgesetz auch ein Hinweis für die Denkmalwürdigkeit sei, so Robert Brannekämper.

"Es ist leider so, dass es am Haus einige Veränderungen gab, die nicht so schön sind", gesteht Brannekämper zu. Man müsse zugeben, dass sich die Ausdruckskraft des Gebäudes darum vermindert habe. Das Gebäude sei trotzdem historisch relevant, weil dort der Bildhauer und Krippenschnitzer Otto Zehentbauer gelebt und gearbeitet habe. Brannekämper wies darauf hin, dass Zehentbauer nach dem Zweiten Weltkrieg nicht genügend Geld gehabt habe, um das teilweise zerstörte Gebäude "bilderbuchmäßig" zu renovieren. Und er brachte die Bedeutung des Künstlers ins Spiel, dessen Werke an 100 Orten in Deutschland und ganz Europa zu sehen seien. Otto Zehentbauer hatte bis zu seinem Tod im Jahre 1961 in der Lerchenau gelebt. Er ist bekannt für seine Weihnachtskrippen in Klöstern und Kirchen, seine Figuren stehen unter anderem im Aachener Dom, im Dom zu Speyer und in der Münchner Frauenkirche.

Das Anwesen an der Lerchenauer Straße 206 wurde 2014 an die Stiftung der Raiffeisenbank München-Nord verkauft. Im gleichen Jahr kündigte die Stiftung an, das Gebäude abzureißen und eine Bankfiliale sowie ein Wohngebäude zu errichten. Brannekämper hält es für "pikant", dass laut Stiftungsstatut ausdrücklich auch der Denkmalschutz als ein Stiftungszweck erwähnt werde. Der Ausschuss werde darum an die Stiftung der Raiffeisenbank den Appell richten, sich auf diesen Zweck zu besinnen.

Parallel zur Besichtigung am Montag demonstrierten etwa 70 bis 80 Bürger für den Erhalt des Hauses. Laut Karola Kennerknecht vom Bürgerverein Lerchenau hätten auch Initiativen teilgenommen, die sich in anderen Teilen der Stadt für den Erhalt historischer Gebäude einsetzen - zum Beispiel die "Altstadtfreunde". Die Lerchenauer wehren sich gegen den Abriss und schätzen das Zehentbauer-Haus als sehr bedeutsam ein, weil es das wohl letzte noch verbliebene, identitätsstiftende Bauwerk aus der Entstehungszeit des Viertels sei.

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