Lerchenau:Bedrohte Freiheit

Eggarten

Diente als Filmkulisse für den Tatort "Kleine Diebe" aus dem Jahr 2000: das Haus in der Daxetstraße 9 in der Eggarten-Siedlung.

(Foto: Archiv des Kulturhistorischen Vereins Feldmoching auf dem Gfild e.V.)

Die Eggarten-Siedlung, einst von Gemeinschaftsgefühl und guter Nachbarschaft geprägt, stellt sich auf Veränderungen ein. Eine Ausstellung lässt die alten Zeiten noch einmal Revue passieren

Von Hannes Brandner

Einzelne, große Häuser, eingefasst von Bäumen und grünen Gärten entlang eines Kiessträßchens - dazwischen immer wieder freie Grundstücke, auf denen Büsche und Hecken schon länger vergebens auf einen Zuschnitt warten. Was ein romantisches Dörfchen im Alpenvorland beschreiben könnte, ist eine Szene aus dem Münchner Eggarten, nördlich der Güterbahntrasse und südlich des Lerchenauer Sees. Die idyllische Siedlung im äußersten Süden des Stadtbezirks Feldmoching-Hasenbergl feiert in diesem Jahr ihren hundertsten Geburtstag. Sie ist das Paradebeispiel einer Geschichte von Veränderungen und wiederkehrender Ungewissheit. Die Historie der Eggarten-Kolonie arbeitet eine Ausstellung auf, die noch bis Samstag, 20. Juli, in den Räumen des Kulturhistorischen Vereins Feldmoching auf dem Gfild zu sehen ist.

Die Anfangszeit sei noch von einem tiefen Gemeinschaftsgefühl und von Hilfsbereitschaft geprägt gewesen, berichtet eine ehemalige Anwohnerin über die Zwanzigerjahre in einer Broschüre über die Siedlung: "Am Wochenende wurde gemeinsam mit dem Nachbarn der Hausbau vorangetrieben. Abwechselnd wurde ein Wochenende bei dem einen und am nächsten Wochenende bei dem anderen gebaut." Auch später noch erzählen Eggarten-Bewohner von guter Nachbarschaft und rauschenden Festen. Einmal soll bei einer solchen Gartenparty sogar die Beatles-Legende Paul McCartney am Lagerfeuer gesessen und zusammen mit den Anwohnern Musik gemacht haben. Von diesem Gemeinschaftsgefühl sei wenig geblieben. Heute, so die Broschüre, stehe für die Bewohner eher die Freiheit, die die Siedlung mit den großen Gärten bietet, im Fokus.

Etwas anderes hat sich dafür nur vergleichsweise wenig verändert: das äußere Erscheinungsbild der Eggarten-Kolonie. Es ist vermutlich eines der Münchner Quartiere, das sich im vergangenen Jahrhundert mit am wenigsten gewandelt hat. Das ist nicht selbstverständlich. Seit 1919 die ersten Siedler ihre Häuser errichteten, Ställe bauten und anfingen, ihre ausgedehnten Gärten zu bewirtschaften, drohten Bahnprojekte immer wieder die Beschaulichkeit der Eggarten-Siedlung zu zerstören. Auch die Transrapid-Strecke zwischen Flughafen und Hauptbahnhof hätte die Siedlung tangiert. Aber dazu kam es bekanntlich nie - dafür folgte nur wenige Monate nach dem Aus des Großprojekts 2008 eine neue Hiobsbotschaft für die Anwohner: Die Eigentümer kündigten an, auf dem Gebiet der Siedlung mehr als 1200 Wohnungen bauen zu wollen. Seitdem ist wenig passiert, doch die Hinweise, dass das Ende des Eggartens in seiner jetzigen Form nun endgültig naht, verdichten sich. So wird im Planungsreferat derzeit ein Strukturkonzept ausgearbeitet, das der Stadtrat mit dem Ziel einer "maßvollen Wohnnutzung" für den Eggarten in Auftrag gegeben hat. Wann genau der Abbruch droht, ist nicht abzusehen. Es bleibt, wie auch die bisherige Geschichte der Siedlung spannend und ungewiss.

Zu sehen ist die Ausstellung immer samstags von 14 bis 17 Uhr im Gemeindehaus Feldmoching, Josef-Frankl-Straße 55. Weitere Besichtigungstermine können unter irmengardbaehr@aol.com oder unter Telefon 31 22 06 03 vereinbart werden. Termine für Führungen durch die Ausstellung werden unter www.feldmoching.com bekannt gegeben.

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