Leibniz-Rechenzentrum:Warmes Wasser zum Kühlen

Leibniz-Rechenzentrum: Über den Hochleistungsrechner CoolMuc 3 freuen sich Herbert Huber und Dieter Kranzmüller vom Leibniz-Rechenzentrum in Garching.

Über den Hochleistungsrechner CoolMuc 3 freuen sich Herbert Huber und Dieter Kranzmüller vom Leibniz-Rechenzentrum in Garching.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Neuer Hochleistungsrechner verbraucht weniger Strom

Von Tobias Mayr

Die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest kann man dem neuen Hochleistungsrechner am Leibniz Rechenzentrum (LRZ) noch nicht stellen. Doch ansonsten hat der Rechner durchaus Ähnlichkeiten mit dem Supercomputer aus Douglas Adams' "Per Anhalter durch die Galaxis". Denn auch er soll der Wissenschaft große Erkenntnisse bescheren.

Das neueste Mitglied der Computer-Familie des LRZ heißt CoolMuc 3 und ist mit seinen Vorfahren CoolMuc, CoolMuc 2 sowie dem Höchstleistungsrechner SuperMuc nun für Rechenaufgaben der Ludwig-Maximilians- und der Technischen Universität zuständig. Die Kapazitäten kommen immer dann zum Einsatz, wenn die Systeme an den Lehrstühlen nicht mehr ausreichen. "Für welche Art von Fragen der CoolMuc 3 konkret eingesetzt wird, wissen wir noch nicht", sagt Dieter Kranzmüller, Direktor des LRZ. In jedem Fall bringe der Rechner eine große Menge neue Rechenkapazität. Mit dieser können die Münchner Forschungsinstitute nun öfter und kompliziertere Berechnungen durchführen. "Immer wenn wir ein neues System einführen, dann ermöglicht das ein Stück weit mehr Möglichkeiten für die Wissenschaft", so Kranzmüller. So könne Schritt für Schritt der Horizont erweitert werden.

Von dieser Vorreiterrolle ahnt man wenig, wenn man in einer grauen Industriehalle vor CoolMuc 3 steht. Der zwei Meter hohe Rechner auf einer Standfläche von zehn Quadratmetern surrt ein bisschen und ist auf der Außenseite mit einer großen Surfwelle bemalt. Das ist natürlich kein Zufall, denn das Visionäre ist seine Warmwasserkühlung. "Als ich das erste Mal von der Idee Wasser im Computer hörte, habe ich gedacht, jetzt spinnen sie", erinnert sich LRZ-Sprecher Ludger Palm. Dass das LRZ damit zum weltweiten Vorreiter in Sachen Kühlungseffizienz werden würde, habe er sich nicht ausmalen können.

Noch als das LRZ im Jahr 2006 vom Karolinenplatz in das neue Gebäude in Garching übersiedelte, hatten führende Forschungsinstitute prophezeit, die Zukunft liege in der Luftkühlung. Das LRZ entschied sich damals gegen die vorherrschende Meinung und begann an Wasserkühlsystemen zu arbeiten. "Das war natürlich ein Risiko, denn es hätte auch schief gehen können", sagt Palm im Nachhinein. Dass es die richtige Investition war, zeigt Dieter Kranzmüllers Dienstreisenkalender. Der Leiter kommt gerade von einer Tour durch USA und China zurück, denn das Interesse an CoolMuc 3 ist international groß.

"Grundsätzlich ist die Kühlung mit Wasser viel effizienter, als die Kühlung mit Luft", sagt Herbert Huber, Leiter der Abteilung Hochleistungssysteme. Das sei wie wenn man sich den Finger verbrannt hat. Pusten hilft zwar, Wasser kühlt aber viel besser. Bei der CoolMuc-Serie sei das nicht anders. Dort kommt das Kühlwasser mit 35 bis 40 Grad in den Computer und kann Wärme bis zu einer Temperatur von 50 Grad aufnehmen. Das warme Wasser wird anschließend auf das Dach zum Abkühlen geleitet. "Das geht sogar bei sehr heißen Sommertagen problemlos", sagt Huber, denn selbst mit 40 Grad warmem Wasser kann gekühlt werden.

Die Technologie war bereits beim Vorgängermodell CoolMuc2 im Einsatz. Neu an CoolMuc3 ist, dass auch Netzteile und Netzkomponenten so gekühlt werden können. Nur drei Prozent der Abwärme werden hier noch an die Umgebungsluft abgegeben. Beim Vorgängermodell CoolMuc2 aus dem Jahr 2016 waren es noch 20 Prozent. "Mittlerweile brauchen wir kaum noch Kälte- und Kühlmaschinen", sagt Huber. Das spare große Mengen Strom.

Und das ist nicht nur aus Umweltgründen ein Muss für das Rechenzentrum. "Die Stromkosten sind mittlerweile so hoch, dass dadurch die Rechenkapazität beeinflusst wird", sagt Dieter Kranzmüller. Er rechnet Energieeffizienz direkt in Rechenleistung um. Wenn mehr Geld beim Strom gespart werden kann, so kann mehr Geld in neue Rechenkapazitäten investiert werden. Während früher genau so viel Energie für die Kühlung, wie für die eigentliche Rechnung aufwendet werden musste, spare man sich bei CoolMuc3 fast den gesamten Kühlanteil, so Herbert Huber. "Mit der Warmwasserkühlung können wir unser Budget wirklich für die Wissenschaft nutzen, nicht für den Strom", sagt er.

"Aber natürlich sind die Systeme noch nicht optimal", sagt Kranzmüller. Ein nächster Schritt in diese Richtung soll bereits innerhalb der nächsten Wochen vorgenommen werden. Die Energie aus dem warmen Wasser des CoolMuc3 soll zur Erzeugung von Kälte genutzt werden. Damit könnte der Rechner nicht nur selbst für die Kühlung seiner drei Prozent Abwärme aufkommen, sondern auch seine noch nicht so effizienten Kollegen älterer Generation mit Kälte versorgen.

Für 2018 tüfteln Kranzmüller und sein Team bereits an einem neuen Höchstleistungsrechner, der es in Sachen Rechenkapazität in die Liste der Top 20 der Welt schaffen soll. In ihm soll die in CoolMuc3 erprobte Kühltechnik in großem Stil zum Tragen kommen. "100 Prozent Warmwasserkühlung ist unser Ziel", zeigt sich Kranzmüller zuversichtlich. Ob die nächste Rechnergeneration dann auch die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest beantworten kann, bleibt abzuwarten.

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