Süddeutsche Zeitung

Lehel:Morsezeichen aus Licht

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Installationen von Stefanie Unruh in St. Lukas

Dididit dahdahdah dididit, diesen Morsecode kennt wohl jeder, oder sollte zumindest jeder kennen. Dreimal kurz, dreimal lang, dann wieder dreimal kurz, für SOS, jenes Notsignal, das Schiffsbesatzungen absetzten, um mehr nur als ihre Seelen zu retten, obwohl die Entschlüsselung der Abkürzung mit "Save our souls" wohl eher dem Zufall geschuldet ist. Man muss heute nicht mehr das Morse-Alphabet verstehen, um damit Textbotschaften zu versenden. Längst gibt es auch dafür im Internet Übersetzungs-Apps. Wer dort den Satz "Ich weiß nie, arbeite ich gerade oder nicht" eintippt, erhält eine lange Kette von Punkten und Strichen. Stefanie Unruh hat das Zitat des Theatermachers René Pollesch in Lichtsignale umgewandelt für ihre gleichnamige Installation, die noch bis zum 28. Februar in St. Lukas im Lehel zu sehen ist. Sechs Glühbirnen, die scheinbar achtlos über einer aufgestellten, mit Farbklecksen übersäten Doppelleiter hängen, morsen die Botschaft. Eine zweite Installation, ebenfalls im Altarraum des imposanten Protestanten-Doms angebracht, sendet, frei nach Joseph Beuys, eine weitere Lichtbotschaft: "Ich kenne kein weekend." Fünf Glühbirnen, die aus einem an der Wand befestigten Rucksack quellen, pulsen den Morsecode.

Die Arbeiten der Münchner Künstlerin werden im Rahmen der Aktion "Hoffnung. Leben. Licht" gezeigt, mit der das Kunstreferat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern einen Beitrag zur Unterstützung von Kunstschaffenden in der aktuell schwierigen Lage leisten möchte. Die Lukas-Gemeinde, die ihre Kirche immer wieder zum Ort für spannende zeitgenössische Kunst macht, hat Unruh eingeladen, ihre Arbeiten zu zeigen. Die mehrfache Haus-der-Kunst-Preisträgerin reflektiert mit ihren Werken ironisch die zunehmende Verschleifung von Privatem und Arbeitswelt. Ihre Morse-Licht-Installationen sind zwar schon 2018 entstanden, verweben sich aber auf hochaktuelle Weise mit der Home-Office-Situation unserer Tage.

Die Lukas-Kirche am Mariannenplatz ist täglich 9 bis 17 Uhr geöffnet.

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Quelle:
SZ vom 19.02.2021 / czg
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