Viertel-Treff im Lehel:Großes Ringen - um zwei Parkplätze

Quartierswende Lehel

So könnte der Mariannenplatz kurzzeitig aussehen, wenn die Zufahrt von der Steinsdorfstraße für einen Tag geschlosssen wäre. Simulation: Green City

Viele Bürger haben sich dafür ausgesprochen, einen Viertel-Treff am Mariannenplatz einzurichten. Dafür hätte ein Parklet den Platz für zwei Autos besetzen sollen. Die Mehrheit im Bezirksausschuss lehnt das ab

Von Julian Raff, Lehel

Zwei Parkplätze hin oder her - darauf dürfte es selbst im engen Vorzimmer der City kaum ankommen. Und doch sind sie gut für eine scharfe Grundsatzkontroverse um verkehrspolitische Weichenstellungen und Demokratieverständnis im Bezirksausschuss (BA) Altstadt-Lehel. Eher unfreiwillig den Anlass geliefert hat der Verein Green City, mit drei kürzlich von den Anwohnern gekürten Siegervorschlägen zur "Quartierswende" im Viertel.

Die erstplatzierte Idee zur Umgestaltung des Isartorplatzes hat der BA trotz Bedenken zur Umsetzung frei gegeben, ebenso das an die zweite Stelle gesetzte Konzept für einen nachhaltigen St. Anna-Platz, ohnehin der Favorit des Gremiums. Mit knapper Mehrheit verweigert haben dessen Mitglieder aber ihr Plazet zum "multifunktionalen Viertel-Treff" am Mariannenplatz vor der Lukaskirche. Sieben Vertreter von CSU, SPD und FDP/Freien Wählern überstimmten die Grünen-Fraktion und lehnten das Vorhaben auch in seiner verkleinerten Form ab.

Vorgesehen war nur noch eine eintägige Sperrung der Verbindung zwischen Steinsdorf- und Thierschstraße sowie ein sogenanntes Parklet, also eine mobile Sitzgelegenheit, die zwei Parkplätze für zwei Monate belegt hätte. Da das Kreisverwaltungsreferat hier keine Sondernutzungsgenehmigungen gegen den Willen des BA erteilt, ist Green City auf dessen Zustimmung angewiesen, sobald es darum geht, Straßenraum zu sperren. Zwar begründeten einige BA-Mitglieder wie Julia Rothmayer (SPD) ihr "Nein" auch damit, dass Mariannen- und Isartorplatz zu nah beisammen liegen und das nördliche Lehel leer ausgehe, vor allem ging es aber um die Stellplätze. Ein dort ansässiger Arzt mit häufiger Notbereitschaft sei darauf angewiesen, argumentierte Stefanie Wagner-Schroiff (FDP). Für Bernhard Wittek (CSU) erlaubt der Durchgangsverkehr hier einfach keine Sperrung, und sei es nur für einen Tag.

"Ich bin sehr enttäuscht, und das sage ich nicht oft", kommentierte die BA-Vorsitzende Andrea Stadler-Bachmaier (Grüne) das knappe Votum. Dahinter steht, zumindest für ihren Fraktionskollegen Markus Stadler, mehr als die Sorge um einzelne Parkplätze oder die Belange der Nord-Leheler. Die übrigen Fraktionen hätten halt ein grundsätzliches Problem mit der Abkehr von vollgeparkten Straßen und anderen "grünen" Themen, gerade weil diese stadtweit Konjunktur haben, so Stadler, "da muss man nur aufs Wahlergebnis schauen". Dabei sei "ein Fahrzeug hier in Wirklichkeit ein Standzeug" und belege fast rund um die Uhr öffentlichen Raum. Wittek wiederum warf Stadler "Populismus pur" vor und ein "seltsames Verständnis von repräsentativer Demokratie". Schließlich sei der BA das gewählte Gremium, mit großer, aber eben nicht absoluter Mehrheit für die Grünen. Stefan Blum (CSU) stellte klar, dass die "Spielregeln" der Quartierswende-Aktion, also das letzte Wort für den BA, von Anfang an klar gewesen seien. Das Gremium agiere hier als wichtiges "Korrektiv", schließlich hätten Anwohner schwerwiegende Gründe für den Erhalt aller Parkplätze genannt. Rückständigkeit und Engstirnigkeit müsse man sich jedenfalls nicht vorwerfen lassen, so Blum.

Über die demonstrative Rückendeckung aus der Grünen-Fraktion zeigten sich die Green-City-Projektleiterinnen Katharina Frese und Christina Pirner nicht unbedingt glücklich. "Wir sind unparteiisch, auch wenn uns manchmal anderes vorgeworfen wird", stellte Frese klar. Viele Ideen der Quartierswende seien nicht nur von Grünen-Anhängern unterstützt worden, auch nicht nur von Anwohnern ohne eigenen Pkw. Um der Initiative eine Brücke zu bauen, hatten BA-Mitglieder nahegelegt, den viertplatzierten Vorschlag zu nennen, damit der BA dessen Umsetzungschancen prüfen könne.

Frese und Pirner verweigerten dies mit Blick auf ihre Zusagen an die 602 Teilnehmer der Online-Abstimmung. Im Nachgang aufgegriffen haben sie einen anderen Vorschlag, nämlich: den Viertel-Teff südlich der Lukaskirche einzurichten, wo der Platz aus einer kurzen, von der Thierschstraße abzweigenden Sackgasse besteht. Anfang kommender Woche findet hierzu noch einmal eine virtuelle Bürgerrunde statt. Eventuell - und falls die Kirchengemeinde ihren Vorplatz zur Verfügung stellt - kann sich Green City auch eine Lösung abseits des Straßenraums vorstellen. Dann ohne Zustimmung des BA, der erst wieder am 29. Juni, in sechs Wochen, tagt.

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