Leerstand in München:Wo keiner mehr wohnt

Leerstand in München: Leerstehendes Haus in der Theresienstrasse 75.

Leerstehendes Haus in der Theresienstrasse 75.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

In München stehen einige Häuser leer, und das erzürnt nicht nur Wohnungssuchende. Ob Maxvorstadt, Westend, Isarvorstadt oder Haidhausen: fünf Beispiele für den Umgang mit leer stehenden Wohnungen in bester Münchner Lage.

Von Antonie Rietzschel

Die Fassade strahlt in hellem Gelb, die Fensterrahmen sind in einem warmen Braunton gestrichen, hinter den Scheiben sind Gardinen und Pflanzen zu sehen - an dem Haus in der Theresienstraße ist eigentlich nichts Besonderes. Und doch wirkt es im trüben Grau des Novembers ungewöhnlich warm und lebendig. Kein Wunder, es steht schließlich eingeklemmt zwischen zwei vergammelten Geisterhäusern mit verdreckten Fensterscheiben und grau-schmuddeliger Fassade.

Die Hausnummern 71 a und 75 gehören zum ehemaligen Gelände des Kameraherstellers Arri und stehen exemplarisch für den Leerstand in München. Was man von vorn nicht sehen kann: Hinter den Häusern liegt ein riesiges Gelände mit einer großen Halle. Insgesamt 6500 Quadratmeter ungenutzt, und das mitten in der Maxvorstadt. Arri hatte das Grundstück Ende der siebziger Jahre von der Stadt gekauft, um dort Kameras herzustellen. Seit der Verlagerung der Produktion scheint sich das Unternehmen kaum noch darum gekümmert zu haben.

Die Wohnungen in Nummer 75 sollen mindestens seit acht Jahren komplett leer stehen. Ex-Mieter Reinhard Weidinger erinnert sich, dass seit 2005 lediglich ein Teil des ersten Stocks und die zwei Läden im Erdgeschoss vermietet waren. In einem davon betrieb er sein eigenes Geschäft. 2011 bekam er die Kündigung. "Arri teilte mir mit, dass das Haus gemeinsam mit dem dahinter liegenden Gelände verkauft werden soll", sagt er.

2012 zog Weidinger aus. Die Scheiben seines früheren Ladens sind mittlerweile verdreckt, der Schriftzug ist immer noch da - offensichtlich hat sich bisher nichts getan. Doch der Eindruck trügt. Denn es gibt einen neuen Eigentümer: die 2012 gegründete Wohnentwicklung Theresienstraße GmbH & Co. KG; Arri ist an dem Joint-Venture beteiligt. Das Unternehmen hat mittlerweile ziemlich konkrete Pläne, was mit dem Gelände passieren soll. In den Hinter-und Vorderhäusern entstehen Eigentumswohnungen. Aus diesem Grund leert sich auch seit Jahren das Haus in der Theresienstraße 71 a. Man habe sich mit dem Eigentümer geeinigt, erzählt einer der wenigen Mieter, die hier noch leben.

In den Plänen der Wohnentwicklung Theresienstraße ist außerdem eine Kindertagesstätte mit großen Außenspielflächen vorgesehen, sowie eine gemeinsame Tiefgarage. Das geht aus einem ersten Entwurf hervor, der Mitte Oktober vorgestellt wurde. Auch wenn der Baubeginn noch offen ist, scheint dieser Leerstand vorerst beseitigt zu sein. Doch es gibt ähnliche Fälle wie das Arri-Gelände auch in anderen attraktiven Stadtteilen. Im Westend steht das Schnitzelhaus. Die Nachbarn nennen es so, weil es im Erdgeschoss einst ein Restaurant mit dem Namen gab. Das blau gestrichene Gebäude in der Holzapfelstraße ist riesig, den Klingelschildern zufolge muss es darin 48 Wohnungen geben.

Unbewohnbar und einsturzgefährdet

Hinein kann man nicht, ein großes Holzkreuz versperrt von innen die Eingangstür. Vor fünf Jahren sollen alle Anwohner ausgezogen sein. Angeblich gilt das Haus als einsturzgefährdet und damit unbewohnbar. In solchen Fällen gibt es eine Sondererlaubnis der Stadt, ein sogenanntes Negativattest. Die Eigentümer dürfen Wohnraum leer stehen lassen, ohne sich der Zweckentfremdung schuldig zu machen. Ob auch für das Gebäude in der Holzapfelstraße eine solche Regelung gilt, ist nicht klar. Die Eigentumsverhältnisse sind uneindeutig. Eine Erbengemeinschaft soll das Haus an einen Spekulanten verkauft haben, so die Gerüchteküche.

Unbewohnbar ist auch die Geyerstraße 17 in der Isarvorstadt - und das seit mehr als 30 Jahren. Nur im Erdgeschoss sorgt das Lokal "Geyerwalli" für Leben. Auch für dieses Haus gilt ein Negativattest. Die Eigentümergemeinschaft erklärt, man habe nicht genug Geld für eine Sanierung gehabt. Zwar gab es einmal eine Baugenehmigung für ein Vorder- und ein Hinterhaus mit insgesamt knapp 20 Wohnungen. Die lief dann aber aus. Die Eigentümer geben zu, dass das leere Haus "ungünstig" aussieht. Verkaufen wollen sie dennoch nicht: Sie seien keine Spekulanten.

Doch nicht nur Privateigentümer lassen in München Wohnungen, ja sogar ganze Häuser in bester Lage leer stehen. In der Milchstraße 11 in Haidhausen sollen Angaben von Nachbarn zufolge fünf Wohnungen unbewohnt sein. Das Haus gehört seit dem vergangenen Jahr der städtischen Wohnungsgesellschaft GWG. Dort bestätigt ein Sprecher den Leerstand und nennt den Grund: "Das Haus soll komplett saniert, die Mieter vorübergehend in anderen Wohnungen untergebracht werden. Sie dürfen nach Abschluss der Arbeiten wieder zurück." Auch die Westendstraße 151, ebenfalls im Besitz der GWG, soll komplett saniert werden. Hier stehen elf Wohnungen leer. Angaben des Sprechers zufolge entsprechen sie nicht den Wohnstandards.

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