Der Entwurf war hochgelobt: eine abwechslungsreiche Fassade mit Glasfront, ein kühn gezacktes Shed-Dach mit Oberlichten, kaum störende Säulen im Inneren. Die Konstruktion des Architektenbüros Ackermann für die neue Großmarkthalle in Sendling war alles andere als eine Art Baumarkt für Früchte, keine schnöde Wellblechhalle mit Handelsbetrieb. Sondern etwas, das vorzeigbar gewesen wäre, wenn der derzeit hinter Zäunen liegende südliche Teil der Thalkirchner Straße in einigen Jahren für jedermann geöffnet wird.
Nun ist im Stadtrat von einer "Funktionshalle" die Rede. Ein Architekturdenkmal, so der CSU-Politiker Hans Podiuk, könne man sich an dieser Stelle schlicht nicht leisten. Was helfe es, ein schönes Gebäude zu haben, wenn es dann leer steht, weil die Händler die Mieten nicht bezahlen können?
Es geht noch einmal von vorne los in Sendling. Ziemlich abrupt hat der Stadtrat die Planungen von Kommunalreferent Axel Markwardt über Bord geworfen, nun soll es ein privater Investor richten. Der Betrieb des Marktes, das betonen SPD und CSU unisono, bleibt auch weiterhin in städtischen Händen, und auch der Standort Sendling steht nicht zur Debatte. Nur: "Wir haben den Verdacht, dass es billiger geht", sagt SPD-Fraktionschef Alexander Reissl. 160 Millionen Euro für eine neue Großmarkthalle seien nicht akzeptabel.
Der vom Stadtrat mit rot-schwarzer Mehrheit beschlossene Plan sieht nun vor, die Planungen für die Halle auszuschreiben. Der Investor soll die Halle konstruieren, bauen und später auch vermieten. Die städtischen Markthallen, ein Eigenbetrieb des Kommunalreferats, treten als Mieter auf und vermieten an die Fruchthändler weiter. Was das kostet, weiß im Rathaus jetzt noch niemand. Auch Kommunalreferent Markwardt, der lieber selbst weiterplanen würde, räumt ein, dass Private manche Kostenvorteile haben: Sie müssen Leistungen nicht zwingend ausschreiben, haben kürzere Entscheidungswege und sind nicht im gleichen Maße dem Gemeinwohl verpflichtet wie die städtischen Markthallen. Allerdings wollen sie natürlich, anders als die Stadt, auch Gewinne machen. Und ob sie als Hausbesitzer ähnlich serviceorientiert agieren wie die Markthallen, wagt Markwardt durchaus zu bezweifeln.
Zwei Ereignisse waren es, die den Meinungsumschwung der Rathausmehrheit befeuert haben: Gerüchte über immense Kostensteigerungen, die im Herbst 2016 die Runde machten und laut Markwardt so spekulativ waren, dass der Referent sie offiziell nicht einmal zur Kenntnis nehmen wollte. Damals war von 200 Millionen und mehr die Rede. Und dann gab es noch jenen Besuch eines bekannten Münchner Bauunternehmers, der den Fraktionen versicherte, das alles gehe doch deutlich billiger.
Die Firmen sollen in den nächsten Jahren in einen Neubau an der Thalkirchner Straße ziehen.
(Foto: Stephan Rumpf)Unter 100 Millionen Euro soll sein Angebot gelegen haben, allerdings nur über den Daumen gepeilt. Die Stadträte hat das dennoch aufgerüttelt. Das städtische Investitionsprogramm gilt ohnehin als aufgebläht und unbezahlbar, da ist jede Abspeck-Variante willkommen. "Wir wollen weiterhin als Stadt das Sagen haben", betont Reissl. "Aber wir können nicht um jeden Preis dort eine Großmarkthalle bauen."
Nun darf jeder Interessent eigene Planungen einreichen, "auf dem Fußabdruck des bislang geplanten Areals", wie CSU-Kommunalsprecherin Kristina Frank bei der entscheidenden Stadtratssitzung erklärte. Was bedeutet, dass zumindest Teile der bisherigen Planungen erhalten bleiben. Weiterhin soll die alte, 1912 eröffnete Großmarkthalle nach dem Auszug der Fruchthändler für andere Zwecke hergerichtet werden, das gesamte Gelände westlich der Thalkirchner Straße kann dann von der Stadt neu überplant werden. Das aus den Zwanzigerjahren stammende Kontorhaus I bleibt erhalten und soll möglicherweise Teile der Stadtverwaltung aufnehmen. Der Fünfzigerjahre-Bau des Kontorhauses II wird die neue Zentrale der städtischen Markthallen.