Süddeutsche Zeitung

Leben am Flughafen München:Wenn nichts als die Hoffnung bleibt

Pfandflaschen sammeln, Arbeit und Wohnung suchen, die Hoffnung nicht verlieren: Ein griechisch-bulgarisches Paar wohnt mit dem 15-jährigen Sohn seit Wochen am Flughafen. Über eine Existenz im Neonlicht.

Laura Meschede und Jakob Berr (Fotos)

Pfandflaschen sammeln, Arbeit und Wohnung suchen, die Hoffnung nicht verlieren: Ein griechisch-bulgarisches Paar wohnt mit dem 15-jährigen Sohn seit Wochen am Flughafen. Über eine Existenz im Neonlicht. Trotz des Lärms und des Neonlichts versucht der 15-jährige Nikola auf den harten Wartebänken im Terminal 1 des Münchner Flughafens zu schlafen.

Wenn man kein Geld hat und trotzdem mal weg will vom Flughafen, muss man Flaschen sammeln, viele Flaschen, um sich am Ende dann ein S-Bahn-Ticket in die Stadt leisten zu können. Albena sucht auch in den Mülleimern.

Die Ausbeute von mehreren Stunden Flaschen sammeln: eine Packung Toastbrot, zwei Päckchen Schmelzkäse und Jagdwurst von einem Discountladen. Mehr kann sich die kleine Familie zum Essen nicht leisten.

Sakis, Albena und Nikola wohnen im Bereich A des Terminal 1, wo sie sich in einer wenig frequentierten Nische hinter den Rolltreppen niedergelassen haben. Ein Stockwerk tiefer ist ein Restaurant mit Bestuhlung, in dem sie ebenfalls einen Großteil ihrer Zeit verbringen. Die drei Koffer, die sie auf typischen Flughafen-Rollwägen stets mit sich herumschieben, beherbergen ihr gesamtes Hab und Gut: ihre Papiere, die Klamotten und die aufgeschwemmten Brötchen mit Billigkäse, von denen sie sich fast ausschließlich ernähren.

Mit Handtuch und Duschgel gehen Sakis und Albena im Flughafen zu einem öffentlichen Wickelraum, um sich zu waschen.

Ein Pfandbon über zwei Euro ist der Lohn für mehrere Stunden Flaschen sammeln. Nur so können Albena, Sakis und Nikola das Geld  für Fahrkarten zu den Ämtern in München und etwas zu Essen zusammenbringen.

Der 15-jährige Nikola gibt in einem Supermarkt im Zentralbereich des Flughafens einige Pfandflaschen zurück, die die drei gesammelt haben. Eigentlich sollte der Junge bei seiner Großmutter in Bulgarien bleiben, doch diese konnte sich seinen Unterhalt nicht mehr leisten.

Momentan ist Albena krank, sie hat Fieber. Aber Medikamente kann sie sich nicht leisten. Stattdessen sitzt sie auf ihrer Wartebank und friert. Der schwarze Kaffee ist für sie ein Luxus, den sie sich nur dank einer hilfsbereiten Angestellten des Getränkestandes leisten kann.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1534944
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.