Leo Betzl Trio:Abstrakt, aber mit Wucht

Leo Betzl Trio: So nackt und vibrierend wie der Sound ihres neuen Albums "Abstrakt" präsentieren sich die drei von "LBT" auf ihren Pressefotos.

So nackt und vibrierend wie der Sound ihres neuen Albums "Abstrakt" präsentieren sich die drei von "LBT" auf ihren Pressefotos.

(Foto: Philip Seybold)

Das fulminante neue Album von "LBT" erscheint dieser Tage. Das Release-Konzert mit Musik zwischen Techno- und Modern-Jazz ist zwar ausverkauft - aber es gibt weitere Chancen, das Trio live zu sehen.

Von Oliver Hochkeppel

Wenn man vom Leo Betzl Trio, kurz LBT redet, kommt man an der Erwähnung der Jazzrausch Bigband schlecht vorbei. Gehörten doch alle drei Bandmitglieder, neben dem Pianisten Leo Betzl der Bassist Maximilian Hirning und der Schlagzeuger Sebastian Wolfgruber, lange zum Stammpersonal von Roman Sladeks Truppe (und spielen auch ab und zu noch bei ihr).

Und so wie die Jazzrausch Bigband im großformatigen Zugriff auf technoide Sounds ihr Erfolgsrezept fand, so wurde auch LBT mit der vielleicht noch kühneren Adaption von Techno-Musik durch ein klassisches akustisches Klavier-Jazztrio schnell sehr erfolgreich. Außerdem eint die beiden Ensembles, dass der neue Weg, um nicht zu sagen der neu erfundene Stil, auf der profunden Kenntnis der jeweiligen Tradition, also des klassischen Bigband-Repertoires wie der Trio-Errungenschaften des Modern Jazz ruht.

Allerdings schrieb und schreibt bei der Jazzrausch Bigband Hauskomponist Leonhard Kuhn die Stücke, während bei LBT der alte Raver und Techno-Fan Maximilian Hirning dafür zuständig ist. Was uns zum Janusgesicht der Band führt. Neben dem Techno-Jazz haben die drei nie ihre Liebe zum Modern Jazz vergessen und diese mit Stücken von Betzl gepflegt. Ihr vorletztes Doppel-Album "Stereo" präsentierte beide Facetten auf je einer Scheibe. Auf dem neuen Album "Abstrakt" fließt nun gewissermaßen beides ineinander.

Im Juni 2022 live vor Publikum im Studio 2 des BR aufgenommen, besteht "Abstrakt" ausschließlich aus neuem und neuartigem Material, ohne den in inzwischen zehn gemeinsamen Jahren entwickelten unverwechselbaren Bandsound umzustürzen. Zwar spielt Wolfgruber hier nicht mehr mit Klick im Ohr die rasenden, durchgehenden und immer gleich - four to the floor - betonten vier Viertel, der ursprünglich von der Klassik kommende Betzl zieht vermehrt seine romantischen Klaviermelodielinien, und Hirnings Bass schlüpft vom Perkussionsinstrument wieder oft in die Jazz-Tieftöner-Rolle.

Aber die zehn ineinander übergehenden Stücke haben doch einen viel kräftigeren Puls als sonst im Jazz üblich. Selbst langsame, auf Sounds konzentrierte wie "Narrativ" wirken fiebrig und explosiv. Krachende Passagen in den tiefsten Registern ("Alles was Odem hat") wechseln sich mit reiner Klanglyrik, seriellen Clustern und bearbeiteten Instrumenten-Sounds ab und erzeugen so mehr Spannung und Wucht, als es reiner Techno je könnte. Und das ist, wie ein Titel wie "Ist ja nur Geld" andeutet, viel lustvoller und spaßiger.

Am 20. Januar erscheint das Album. Das am gleichen Tag angesetzte Release-Konzert in der Unterfahrt ist seit Langem ausverkauft, doch die Gelegenheit kehrt wieder, im April etwa im Import/Export.

LBT: "Abstrakt", Enja 2023

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