Süddeutsche Zeitung

Lesung:Eine Frage der Freiheit

Die feministische Autorin Laurie Penny fordert eine "Sexuelle Revolution" - nun auch bei einem Abend im Literaturhaus München.

Von Antje Weber

"Die Welt befindet sich mitten in einer sexuellen Revolution." Dieser Satz steht in der Einleitung von Laurie Pennys Buch, und die Botschaft knallt auch als prägnanter Titel vom Einband: "Sexuelle Revolution", in großen roten Lettern geschrieben, ist als "Flugschrift" im Nautilus Verlag erschienen. Auch dieses Buch hat der britischen Autorin und Feministin wieder viel Aufmerksamkeit und große Interviews eingebracht, die gerne mit der Frage beginnen: Warum brauchen wir eine sexuelle Revolution? Und: Wie soll die aussehen?

Laurie Penny beschäftigt sich nicht zum ersten Mal mit solchen Fragen. Die britische Feministin, 1986 in London geboren, wurde mit ihrem Blog "Penny Red" bekannt und mit ihrem Buch "Fleischmarkt. Weibliche Körper im Kapitalismus" im Jahr 2012 sehr bekannt. Auch weitere Werke wie "Unsagbare Dinge. Sex, Lügen und Revolution" (2015) oder "Bitch Doktrin: Gender, Macht und Sehnsucht" (2017) machten klar, dass Penny deutliche Worte schätzt und keine Scheu vor Provokationen hat.

Nun also wird sie ihr neues Buch "Sexuelle Revolution. Rechter Backlash und feministische Zukunft" im Literaturhaus München vorstellen, und man kann davon ausgehen, dass sie auch hier deutliche Worte finden wird. Zum Beispiel in der Antwort auf die Ausgangsfrage: Warum brauchen wir eine sexuelle Revolution? "Weil die sexuelle Revolution der Sechziger unvollendet geblieben ist", wie Penny etwa kürzlich im Interview mit dem Tagesspiegel sagte. Nur eine Hälfte des Deals sei erfüllt worden, echte Befreiung statt Unterdrückung noch nicht erreicht: "Statt sexueller Freiheit haben wir sexuellen Neo-Liberalismus bekommen." Viele Menschen könnten sich eine echte sexuelle Freiheit gar nicht leisten, denn deren Voraussetzung wären "ökonomische Freiheit und Gleichberechtigung der Geschlechter". Die aber sieht Penny noch längst nicht erreicht, und Statistiken wie zum Beispiel über die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen für gleiche Arbeit geben ihr recht.

Die Vormacht des Patriarchats wankt, glaubt Penny

Doch Laurie Penny glaubt an einen Wandel. Der moderne Feminismus sei "intellektuell, schöpferisch und ethisch ehrgeizig", schreibt sie im Buch, und: "Überall auf der Welt schreiben Frauen und Queere die Klauseln eines Gesellschaftsvertrags um, der nie dazu angetan war, uns einzuschließen. Schwarze Frauen, Women of Colour, Indigene Frauen, trans Frauen und junge Frauen treiben diesen Wandel voran." Wir lebten in einer "Phase produktiven Ungehorsams", und die Vormacht des insbesondere von heterosexuellen weißen Männern verkörperten Patriarchats gerate ins Wanken.

Ist das nicht zu optimistisch? Laurie Penny ist klar, dass viele feministische Errungenschaften, wie etwa das Abtreibungsrecht, gleichzeitig wieder auf dem Spiel stehen. Doch sie glaubt, dass langfristig Tyrannen und Despoten nicht siegen werden, "weil sie keinerlei sinnstiftende Zukunftsvision anzubieten haben". Werden auch Herrscher wie Wladimir Putin auf lange Sicht verlieren, wird das Patriarchat tatsächlich aussterben? "Ich denke ja, aber bis dahin wird es für ein paar Jahre furchtbar, schmerzhaft und beängstigend sein", sagte Penny vor kurzem in einem Spiegel-Interview. Und bleibt kämpferisch: "Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen."

Laurie Penny, Freitag, 8. April, 20 Uhr, Literaturhaus München, Saal- und Streamtickets unter literaturhaus-muenchen.de

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