Nachts im Museum – das hat immer etwas Besonderes. Auch in diesem Jahr feiern die Münchner Museen die Lange Nacht, bereits zum 25. Mal. Mehr als 100 Institutionen öffnen am Samstag, 19. Oktober, von 18 bis 1 Uhr ihre Pforten. Neben Dauerausstellungen werden auch eigens für diese Nacht entwickelte Projekte vorgestellt, die man mit einem Ticket besuchen kann (20 Euro für einen Erwachsenen plus bis zu vier Kindern bis 14 Jahre). Darin enthalten ist auch die Nutzung der Shuttle-Busse, die die Veranstaltungsorte miteinander verbinden. Ob Eintauchen in die Vergangenheit oder ein Ausblick auf die Zukunft, klassische Kunst oder avantgardistische Performance, für jeden Geschmack dürfte hier etwas dabei sein. Einige Höhepunkte im Überblick.
Kunst
Das Hotel Mariandl beherbergt erneut das Künstlerprojekt „Zimmer frei“. Dort verwandeln zwölf Studierende die Hotelräume in Ausstellungsräume, während in den anderen Stockwerken der Hotelbetrieb weiterläuft. Zur Langen Nacht der Münchner Museen bleibt die Ausstellung bis 1 Uhr geöffnet und präsentiert Installationen, Fotografien, Videos, Malereien und Performances. Die an Ort und Stelle entstandenen Werke sind vom 16. bis zum 20. Oktober in den zwölf Hotelzimmern des denkmalgeschützten Hotels zu sehen.
Im Akthof Studio School of Art wird gemalt, gezeichnet, modelliert und illustriert. Als Ort für kreative Entfaltung finden hier im normalen Betrieb Kunstkurse unter Anleitung internationaler Künstler und Künstlerinnen statt. Bei der Langen Nacht startet der Abend mit wechselnden Performances und Vorträgen etablierter Kunstschaffender zu den ausgestellten Werken (18 Uhr). Im moderierten Gespräch erzählen Alt-Oberbürgermeister Christian Ude, Gründer der Museumsnacht Ralf Gabriel und Ronald Focken, Partner von Serviceplan, wie vor 25 Jahren alles begann (20 Uhr). Abgeschlossen wird die Nacht mit einem Zeichen-Marathon, begleitet von Musik (21–1 Uhr).
Die Münchner Konzeptkünstlerin Patricia London Ante Paris zeigt in der Galerie Bezirk Oberbayern in der Ausstellung „Alles gut?“ sowie in der Performance „Problem City“ die Wirkung von farbintensiven Pappkartons. Dazu stellt Michel Ries seine jüngsten Werke vor, die sich mit existenziellen Themen auseinandersetzen. Nach einer Lesung von Ries (19 Uhr) beginnt die partizipative Tanzperformance, begleitet von Musik von Peter Gerhartz und einer Übersetzung in deutsche Gebärdensprache (20 Uhr). An Synthesizern und Keyboard spielt Gerhartz zudem seine Sphären-Musik (21.30 Uhr). Anschließend an eine Tast-Tour an der Skulptur „Gute Mine“ (23 Uhr) gibt es eine mitternächtliche Sinnesführung zu den Ausstellungsstücken.
Kultur
Die Archäologische Staatssammlung München bietet ein theatrales Sonderprogramm. Das Improtheater „Bühnenpolka“ erforscht mit Witz die archäologischen Schätze Bayerns. Es wird stündlich, inspiriert von den Geschichten der Ausstellungsexponate, um die kulturelle Entwicklung der Menschheit gehen (19 bis 24 Uhr).
Das Bayerische Nationalmuseum lädt zu verschiedenen Führungen ein. Kulturanthropologe und Autor Thomas Schindler stellt Bauernmöbel vor, bei denen die Geschlechter eine besondere Rolle spielen (19 Uhr). Ums Hauen und Stechen und die hohe Kunst der Waffen geht es um 20 Uhr, Stadtmodelle des 16. und 19. Jahrhunderts stehen bei Kunsthistoriker Sybe Wartena um 21 Uhr im Fokus, und bei der letzten Führung der Langen Nacht im BNM wird über die Festtafel im Barock diskutiert. Zu all dem erklingt Jazz des Trios Gitanes Akkrobat.
In der Denk Stätte Weiße Rose, dem zentralen Erinnerungsort zur Geschichte der studentischen Widerstandsgruppe, gibt es Führungen durch die Ausstellung „Die Weiße Rose. Widerstand gegen die NS-Diktatur“ mit Informationen zur Widerstandsgruppe, ihren Protagonisten und Protagonistinnen und deren Verfolgung (18, 19.30 und 20.45 Uhr). Markus Schmorell, Neffe von Alexander Schmorell, liest Briefe des Mitbegründers der Widerstandsgruppe Weiße Rose (18.45 und 20.15 Uhr).
Natur
Auch beim Thema Natur hält die Lange Nacht der Museen vieles bereit. Mit Teleskopen kann sozusagen nach den Sternen gegriffen werden. Die Bayerische Volkssternwarte öffnet um 0.30 Uhr ihre Türen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen durch die Ausstellung und erklären das Sonnensystem.
Im Museum Mineralogia können Mineralien, Gesteine und Kristalle bewundert werden. Von 18 Uhr an ist neben der Dauerausstellung auch die Sonderausstellung „MoonImpact – So entstand der Mond“ geöffnet. Auch das Museum Mensch und Natur, das Deutsche Museum, das Geologische Museum und viele mehr öffnen in der Langen Nacht ihre Ausstellungen für alle naturwissenschaftlich Interessierte.
Technik
Nicht alles ist so, wie es scheint: Unsere Sinne können uns täuschen. Diese Welt der Illusionen zeigt das Wow-Museum. Nahe dem Isartor können Besucher hier auf zwei Ebenen zahlreiche optische Täuschungen und akustische Illusionen erleben. Dabei entstehen nicht nur spektakuläre Schnappschüsse, man lernt auch viel darüber, wie es zu derartigen Fehlwahrnehmungen unserer Sinne kommt. Um 20 und um 22 Uhr gibt es Führungen durch das Museum.
Einem Nobelpreisträger lauschen – das können die Besucher der Max-Planck-Gesellschaft. Der Astrophysiker Reinhard Genzel erhielt die Auszeichnung im Jahr 2020 für den Nachweis, dass ein gigantisches Schwarzes Loch im Zentrum der Milchstraße existiert. Um 19.30 Uhr referiert er im Max-Planck-Haus am Hofgarten über die jahrzehntelange Forschung, die hinter seiner bedeutenden Entdeckung steckt.
Im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst treffen 5000 Jahre Geschichte auf die Technologie der Zukunft. Künstliche Intelligenz (KI) hat das Potenzial, die Gesellschaft zu verändern. Konkrete Beispiele dafür liefern heimische Tech-Start-ups. Ein Parcours im Ägyptischen Museum zeigt etwa, wie KI-Tools blinden Menschen barrierefreie Zugänge ermöglichen kann. Eine Software analysiert die Umgebung und gibt der blinden Person Hinweise ins Ohr, wie sie die Hindernisse umgehen kann. Auch wird ein Roboter vorgestellt, der durch das Museum führen kann. Bei all dem steht der interaktive Ansatz im Fokus: Die Besucher sollen selbst ausprobieren, wie breit sich künstliche Intelligenz im Alltag einsetzen lässt und woran heimische Unternehmen forschen.
Gotteshäuser
Ohel Jakob, die Hauptsynagoge Münchens, die seit ihrer Eröffnung 2006 ein Zeichen setzen soll, dass jüdisches Leben ins Zentrum der Stadt gehört, lädt ebenfalls zur Langen Nacht ein. Über die architektonischen Besonderheiten des jüdischen Gotteshauses informiert Ellen Presser, die Leiterin des zugehörigen Kulturzentrums, um 20.30 und 21.45 Uhr. Der Synagogenchor „Schma Kaulenu“ (Hebräisch für „Höre unsere Stimme“) wird um 21 und um 22.15 Uhr bei halbstündigen Konzerten auftreten.
Auch die beiden große Kirchen nehmen an der Langen Nacht der Museen teil. In der evangelischen Erlöserkirche in Schwabing gibt es eine Klanginstallation mit dem Namen „Eine feste Burg“, die die Geschichte und Bilder der Kirche aufgreift. Pfarrer Markus Hepp wird zudem Impulse geben. Die ehemalige Karmelitenkirche am Promenadenplatz schafft mit einer Nachbildung des Labyrinths aus der Kathedrale von Chartres eine kleine Pilgergelegenheit mitten in der Stadt. Pastoralreferent Gustav Schädlich-Buter gibt Impulse, eine musikalische Begleitung sorgt für eine meditative Atmosphäre.
Besondere Touren
Die Wiesn, die womöglich größte Liebeserklärung ans Münchner Bier, ist zwar vorbei, doch die Münchner sind bekanntlich nicht nur saisonal stolz auf ihr Gebräu. Über dessen Besonderheiten und darüber, wie das Münchner Bier zu einem Getränk von Weltrang wurde, klärt ein Stadtrundgang des Museumspädagogischen Zentrums auf. Los geht’s um 20 Uhr am Fischbrunnen.
Leben und Werk von Magda Bittner-Simmet lassen sich bei einer Fahrradtour im sportlichen Sinne erfahren. Die Münchner Malerin wurde durch ihre Porträts während der Wirtschaftswunderjahre bekannt und engagierte sich kulturpolitisch. Von 18.30 bis 20 Uhr führt die Radtour vorbei an verschiedenen Wirkstätten Bittner-Simmets, unter anderem an ihrem ersten Atelier und dem von ihr erbauten Künstlerinnenhaus am Schwabinger Bach. Treffpunkt ist die Haupttreppe der Akademie der Bildenden Künste.
Und schließlich noch ein Tipp für all jene, die Münchens Straßen bereits in- und auswendig kennen: Unter ihnen verbirgt sich ein 2400 Kilometer langes Kanalnetz. Bei einer Führung der Münchner Stadtentwässerung lässt sich ein Teil davon erkunden. Insgesamt sechsmal geht es für jeweils eine halbe Stunde in die eigentlich verborgene Unterwelt. Voraussetzung sind festes Schuhwerk und eine bestätigte Anmeldung. Die ist vorab auf der Website von München Kultur möglich. Bei starkem Regen finden die Führungen nicht statt.
Die Lange Nacht der Münchner Museen, Samstag, 19. Oktober, 18 bis 1 Uhr, www.muenchner.de/museumsnacht