Landwirte fürchten Enteignung:Existenzbedrohend

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Bauernverbandspräsident Heidl kritisiert die Stadt wegen ihres Vorgehens gegen Bauern in Münchner Norden, wo ein neues Wohngebiet entstehen könnte

Von Heiner Effern

Der bayerische Bauernverband wirft der Stadt rüdes und rechtlich umstrittenes Vorgehen gegen Landwirte im Münchner Norden vor. Diese würden im schlimmsten Fall enteignet und ihrer Existenzgrundlage beraubt, schreibt Bauernpräsident Walter Heidl in einem Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Heidl bezieht sich auf die geplanten neuen Baugebiete in Feldmoching sowie östlich von Daglfing, Englschalking und Johanneskirchen, auf denen die Stadt in großem Stil Wohnungen errichten lassen will. Um jedweder Bodenspekulation vorzubeugen, entschied sich OB Reiter in beiden Fällen für sogenannte städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen (SEM). Mit diesem rechtlichen Mittel des Baugesetzbuchs werden grob gesagt die Grundstückspreise des betroffenen Gebiets erst einmal auf dem aktuellen Wert eingefroren.

Die Felder und Äcker, die es in Feldmoching (Bild) wie im Münchner Osten noch gibt, hat die Stadt für neue Wohngebiete ins Visier genommen. (Foto: Florian Peljak)

Gegen eine spätere Bebauung können sich die Eigentümer nicht wehren. Im schlimmsten Fall ist tatsächlich eine Enteignung möglich. Wenn die Stadt das neue Viertel samt Infrastruktur gebaut hat und aus Wertsteigerungen von Grundstücken noch Geld da ist, wird dies anteilsmäßig an die Betroffenen ausgeschüttet werden. So weit wollen es die Landwirte im Münchner Norden aber nicht kommen lassen. Immerhin würden sie die Stadt mit regionalen Lebensmitteln versorgen, was dann nicht mehr möglich wäre, schreibt Bauernpräsident Heidl laut Mitteilung in seinem Brief. "Die von der Stadt angestoßenen Projekte bedrohen nicht nur die Existenzgrundlage dieser Bauernfamilien, sie führen auch zu einem irreversiblen Verlust von hochwertigen landwirtschaftlichen Flächen." Die Stadt habe kein Agrargutachten über die Auswirkungen erstellt, das müsse sie nachholen. Nürnberg habe das in ähnlicher Situation vorbildlich gemacht. Stattdessen habe Reiter in München "sofort das schärfste Schwert des Baugesetzbuches gezückt". Dafür fehle es zudem an der rechtlichen Basis, werfen die Bauern im Norden der Stadt vor.

SZ-Grafik (Foto: f)

Diese plant auf den Gebieten in Feldmoching (900 Hektar) und im Osten (600 Hektar) neue Stadtteile mit Tausenden von Wohnungen. Daneben müssen in den neuen Quartieren aber auch Schulen, Kitas, Straßen und öffentliche Verkehrsmittel oder auch Einkaufszentren entstehen. Eine solche übergeordnete Planung gelingt mit vielen unterschiedlichen Eigentümern oft nicht. Dazu lockt ein neuer Stadtteil in einer Immobilien-Hochpreisstadt natürlich Spekulanten an. Deshalb kann die Stadt in besonders dringlichen Fällen mit einer SEM arbeiten. Die rechtlichen Herausforderungen hält Reiter für gegeben: Wohnraum muss dringend nötig sein, es muss schnell gehen und die Eigentümer-Struktur des Gebietes muss kompliziert sein. So kompliziert, dass weichere Instrumente des Baurechts nicht auch zum Ziel führen können. "Dafür lägen aber bisher "keinerlei Erkenntnisse" vor, heißt es in der Mitteilung des Bauernverbands.

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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