Landtagswahl:So versucht Söder seinen Ruf als Anti-Münchner loszuwerden

Landtagswahl: Den Münchner Wähler im Visier: Markus Söder im Ausgustiner-Biergarten.

Den Münchner Wähler im Visier: Markus Söder im Ausgustiner-Biergarten.

(Foto: Robert Haas)

Für die CSU und ihren Ministerpräsidenten ist die Landeshauptstadt ein schwieriges Terrain. Beim Auftritt im Augustiner-Biergarten gibt sich Markus Söder deshalb betont münchnerisch.

Von Dominik Hutter

Den Ort hat sich Markus Söder selbst ausgesucht: ein klassischer Münchner Biergarten, der Augustinerkeller an der Arnulfstraße. Es soll münchnerisch zugehen im Wahlkampf, und damit der Ministerpräsident trotz Taschenkontrollen und Polizeipräsenz locker rüberkommt, trägt er Mokassins und ein blaues Polohemd.

Einer von uns, lautet die Botschaft, und wenn Söder später am Mikrofon über München und die Münchner spricht, verwendet er oft die erste Person Plural. Wir. "München ist eine Superstadt", sagt der aus Nürnberg stammende CSU-Spitzenkandidat, der seinen in Jahren erworbenen Ruf als Anti-Münchner schon seit längerem auszubügeln versucht. An der Landeshauptstadt kommt man im Wahlkampf nur schwer vorbei. Jeder zehnte bayerische Wähler wohnt an der Isar, und zählt man das weitere Einzugsgebiet dazu, ist es sogar jeder fünfte.

Darum ist München für Söder schwieriges Terrain

München und Söder, das ist eine komplizierte Geschichte. Einerseits gibt es da die Münchner CSU, die sich schon früh auf Söders Seite geschlagen hat und im finalen Showdown mit Horst Seehofer zu den treuesten Unterstützern gehörte. Zwar hat der neue Regierungschef als eine der ersten Amtshandlungen seinen Freund (und Taufpaten seines Sohnes) Ludwig Spaenle "geopfert".

Inzwischen aber mischt der Ex-Minister und Münchner CSU-Chef als Antisemitismusbeauftragter wieder in Söders Reihen mit. Andererseits besteht die Stadt nicht nur aus der Münchner CSU und ist für den Ministerpräsidenten in vielerlei Hinsicht ein schwieriges Terrain. Gerade erst hat sich die Partei in ein wenig professionell wirkendes Gerangel mit der Münchner Theaterszene sowie den Zehntausenden "Ausgehetzt"-Demonstranten verwickelt, die sie als "verirrte Blumenkinder" und "lautstarke Minderheit" kleinzumachen versuchte.

Und eine bunte Großstadtgesellschaft ist schon per se ein schwierigeres Klientel für eine konservative Partei als das platte Land. Die Beschwörung von Heimat und Tradition funktioniert an der Isar schlechter als anderswo. Das lässt sich regelmäßig an den Wahlergebnissen ablesen, die aus CSU-Perspektive deutlich schlechter sind als im Rest des Landes.

Zudem ist den Münchnern nicht entgangen, wie der Franke Söder anderenorts über München spricht. Das Spiel auf der Klaviatur regionaler Rivalitäten und manchmal auch mit gern gepflegten Minderwertigkeitskomplexen beherrscht der CSU-Mann perfekt. Und rühmt sich außerhalb von München, wie viel Geld in andere Regionen umgeleitet wird und was alles noch von der Isar wegverlegt werden soll - vom Landesamt bis zum Ministerium.

In Sachen Kultur "geht noch eine Menge in Nürnberg . . . äh, in München"

Inzwischen bemüht sich Söder sichtlich auch um die Bewohner von Bayerns größter Metropole. Das Filmfest soll mehr Glamour bekommen, ein Konzertsaal mitten in einem neuen Kulturquartier entstehen und auch bei der Sanierung der Münchner Residenz ließ sich der erklärte Fan der Nürnberger Kaiserburg nicht lumpen. In Sachen Kultur "geht noch eine Menge in Nürnberg . . . äh, in München", verhaspelt sich Söder im Augustiner-Biergarten. Nach eigener Aussage wird der Ministerpräsident öfter in anderen Teilen Bayerns gefragt, warum denn immer so viel Geld nach München fließe? "Wir wollen eine leistungsfähige Landeshauptstadt", lautet die Antwort.

Hans Theiss, der CSU-Landtagskandidat für München-Mitte, spielt bei seiner Wahlkampfveranstaltung ganz bewusst mit dieser Gemengelage und hat den Abend unter das Motto "München versus Bayern?" gestellt. Mit Fragezeichen. Denn Theiss sagt gleich zu Beginn seines später durch einen herabfallenden Ast vorzeitig beendeten "Talks", dass München und Bayern natürlich kein Gegensatz sei. "Wir brauchen einander." Die CSU sei "die München-Partei", erklärt der Kandidat in Abwandlung eines eigentlich von der SPD stammenden Slogans.

Ohnehin liebt es Theiss etwas rötlicher. Die CSU-Wahlplakate im rot-grün geprägten Münchner Zentrum sind in einem schrillen Magenta gehalten. Dass sie von der traditionell in Weiß-Blau werbenden Regierungspartei stammen, erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Die Großstadt tickt anders und muss politisch anders beackert werden, könnte man aus diesem Wahlkampfstil herauslesen. Ohne Zweifel hat Theiss aus CSU-Sicht den schwierigsten Stimmkreis in ganz Bayern.

Söder, den Theiss als "leidenschaftlichen Wahlmünchner" bezeichnet, verliert viele lobende Worte über die Landeshauptstadt. Wenn man Berlin mit New York vergleichen wolle, sei München eher das Silicon Valley - mit schönerem Wetter und schöneren Leuten. Das kommt an im zumeist aus CSU-Kreisen stammenden Biergarten-Publikum. Es wirkt witzig-überzogen, und irgendwie will halt doch jeder schöner sein als die anderen.

Es folgen ein Lob für die Isar und für das Oktoberfest sowie die Frage, ob dieses nach unten spiralförmig auslaufende Symbol auf den Theiss-Plakaten ein Herz sei. "Sieht eher aus wie ein Dübel aus dem Baumarkt", scherzt Söder. Theiss kontert ironisch, er habe eigentlich die Hoffnung gehabt, einen Unterstützer eingeladen zu haben. Lachen auf den Biergartenbänken. Zwei lockere, gut gelaunte Politiker, so kommt das an.

Dass Lob und Mokassin-Lockerheit in München wohl nicht ausreichen, ist auch Söder klar. Die CSU will daher im Wahlkampfendspurt eine speziell auf die Stadt zugeschnittene Werbe-Taktik starten, deren Details noch unter Verschluss gehalten werden. Vermutlich wissen die Parteistrategen, dass es einiges an zerschlagenem Porzellan zu kitten gilt. Die verbale Abrüstung hat bereits begonnen. Im Augustinerkeller fällt kein scharfes Wort zur Asyldebatte. Söder spricht über die Surfwelle und übers Radfahren. Beides findet er gut.

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