Süddeutsche Zeitung

Landtagswahl in Bayern:Wer hat Angst vor Helmut Markwort?

  • Die FDP in Bayern ist in Umfragen derzeit stabil, ein Einzug in den Landtag ist nach der Wahl im Oktober also wahrscheinlich.
  • Trotzdem gibt es parteiintern Sorgen, dass manche Kandidaten auf der Strecke bleiben könnten. Der Grund dafür? Helmut Markwort.
  • Der prominente Ex-Journalist kandidiert auf der Oberbayern-Liste für den Landtag. Er wird wohl viele Stimmen einsammeln - die Parteifreunden dann fehlen.

Von Heiner Effern

Der Mann, der mit 81 Jahren so plötzlich die FDP durcheinanderwirbelt, sieht keinen Grund zur Aufregung. "Ich bin seit 50 Jahren Mitglied bei den Liberalen. Als solches habe ich mich nun geoutet und will der FDP im Wahlkampf aktiv helfen", sagt Helmut Markwort, Gründer und später Herausgeber des Nachrichtenmagazins Focus. Das klingt nicht nur nach Understatement: Im Mai hat der Medienmanager die FDP-Direktkandidatur des abtrünnigen Tobias Thalhammer im Landkreis München-Süd übernommen, seitdem erwarten alle in seiner Partei, dass er auf der Oberbayern-Liste nach oben schießen und in den Landtag einziehen wird. Das kann aber auch heißen: dass er einem Parteifreund ein sicher geglaubtes Mandat wegnehmen wird. Dieser würde wohl aus München kommen.

Diese Logik liegt im mathematischen Grundgesetz der oberbayerischen FDP begründet: In den Landtag ziehen demnach Kandidaten aus der Stadt und dem Landkreis München sowie Starnberg ein. Dort leben FDP-Wähler sehr konzentriert. Dieses Jahr verschärft sich die Situation, weil eine Konstellation vorliegt, die in etwa so häufig vorkommt wie ein Blutmond: Die Bayern-FDP hat einen Spitzenkandidaten, der in der Diaspora Rosenheim antritt.

Ihre Rechnung geht nun so: Der Einzug ins Maximilianeum ist sehr wahrscheinlich, die Umfragen sind schon lange Zeit stabil. Wenn sie auf fünf bis sechs Prozent in Bayern kommt, reicht es in Oberbayern für fünf bis sechs sichere Mandate; vergeben werden sie nach der Gesamtzahl der erreichten Stimmen: Hagen landet nach der internen Prognose auf Rang eins, Markwort rückt wegen seiner Prominenz womöglich sogar dicht ran. Dann folgen die Kandidaten aus den klassischen FDP-Hochburgen Starnberg und Schwabing, Britta Hundesrügge und Wolfgang Heubisch. Dahinter beginnt der Kampf der weiteren Münchner Kandidaten: Stadträtin Gabriele Neff, der frühere Bayern-FDP-Vorsitzende Albert Duin, die Ex-Abgeordnete Julika Sandt, Anke Pöhlmann und der frühere Stadtvorsitzende Andreas Keck werden sich wohl um die Plätze raufen.

Völlig neu in diesem Stadt-Gedrängel ist zudem, dass die Münchner auch noch weit in den Süden blicken müssen. Der frühere Wirtschaftsminister Martin Zeil tritt im an sich aussichtslosen Stimmkreis Weilheim-Schongau an, könnte aber in Oberbayern viele Zweitstimmen absaugen. Deshalb heißt es bei den Kandidaten aus der Stadt: um jede Stimme kämpfen. Für die FDP, aber auch für sich selbst. Das bayerische Wahlrecht, in dem am Ende alle Erst- und Zweitstimmen für das Gesamtergebnis zusammengerechnet werden, macht das möglich.

Deshalb hofft auch Spitzenkandidat Hagen auf einen positiven Markwort-Effekt, im Großraum München und darüber hinaus. "Er ist ein großer Gewinn für uns. Er könnte die entscheidenden Stimmen holen, dass wir ein Mandat mehr bekommen." Das habe er auch Münchner Parteifreunden gesagt, die zumindest anfangs nicht so sehr glücklich waren mit der Kandidatur des Medienmanagers.

Markwort selbst nimmt natürlich wahr, dass er etwas ausgelöst hat in der FDP. Er erhalte viele Anfragen von anderen Kandidaten, die mit ihm auftreten wollten, sagt er. Und von FDP-Verbänden aus ganz Bayern, die ihn einladen wollten. "Ich habe zwei Termine jeden Tag - und fünf Anfragen." Allerdings sei auch klar, dass die Anzahl der zu vergebenden Mandate beim Einzug in den Landtag knapp sein wird. "Jeder ist jedermanns Rivale."

Einer, der sich vor Markwort eher nicht fürchten muss, ist der frühere Wissenschaftsminister Heubisch. Die Bedeutung Münchens für das Gesamtergebnis der FDP sei überragend, sagt er. Wenn einer wie Markwort dieses nach oben treiben könne, sei das eine große Chance. Die Liberalen müssten in München in jedem Fall ein zweistelliges Ergebnis erreichen, damit es mit dem Einzug in den Landtag klappt. Für ihn erweise es sich nun als Glücksfall, dass er als Stadtrat politisch präsent geblieben sei, sagt Heubisch. Er ließ sich 2014 eher widerwillig auf die Stadtratsliste der FDP setzen und wurde prompt hineingehäufelt.

Auf ihre vielen Jahre im Stadtrat setzt auch Gabriele Neff, die mit Bogenhausen zudem auf einen guten Stimmkreis bauen kann. "Die Resonanz im Wahlkampf ist gut, die Leute sind interessiert", sagt sie. Nun gelte es vor allem, Stammwähler zu aktivieren und frustrierte CSU-Anhänger für sich zu gewinnen. Und immer wieder den Leuten zu erklären, dass die Erststimme anders als bei der Bundestagswahl nicht verschenkt ist. Auch die frühere Abgeordnete Sandt kämpft um jede Stimme, für sie heißt das: "Basisarbeit, jeden Tag auf die Straße gehen."

Am Ende könnte der interne Wettstreit in München der FDP also nützen. Der Auslöser, Markwort, beruhigt indes schon mal die Ehrgeizigen, die möglicherweise von Ministerämtern in einer Koalition mit der CSU träumen. Er selbst sehe sich bei einem Einzug der FDP in den Landtag in einer anderen Position, sagt er: als Alterspräsident.

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SZ vom 01.08.2018/infu
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