Landtag:Innenminister unterstellt Prügelopfer psychische Probleme

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"Unterste Schublade": Die Opposition im bayerischen Landtag wirft Innenminister Herrmann vor, die in München von einem Polizisten geschlagene Frau in ein schlechtes Licht rücken zu wollen. Herrmann hatte erklärt, bei der 23-Jährigen habe eine Unterbringung in die Psychiatrie im Raum gestanden. Davon kann aber offenbar keine Rede sein.

Von Susi Wimmer und Florian Fuchs

Der politische Druck auf das Polizeipräsidium München im Fall der Prügelvorwürfe gegen einen Polizisten der Wache in der Au nimmt weiter zu: Am Donnerstag erklärten die Fraktionen aller Parteien im Landtag übereinstimmend, dass die Vorwürfe gegen den Beamten vollständig und unabhängig aufgeklärt werden müssten. Während die CSU der Opposition eine Pauschalisierung der Vorwürfe gegen die gesamte Polizei vorwarf, übten Grüne, SPD und sogar der Koalitionspartner FDP scharfe Kritik an Münchens Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer. Statt einer Verlegung der Internen Ermittler ins Bayerische Landeskriminalamt (LKA), die der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Mittwoch verkündet hatte, forderten die drei Fraktionen unisono eine vollständig unabhängige Behörde für Interne Ermittlungen.

Beim Vorfall in der Au stehe Aussage gegen Aussage, betonte Herrmann. "Wir wollen keine Rambos bei der Polizei", allerdings dürften Beamte auch nicht vorverurteilt werden. Jährlich würden Beamte bei Fehlverhalten degradiert, entlassen oder zu Freiheitsstrafen verurteilt. Um auf die Stimmung in der Öffentlichkeit Rücksicht zu nehmen, verlagere man aber nun die Internen Ermittlungen ins LKA. Die Debatte der vergangenen Tage habe "die Realität der bayerischen Polizei auf den Kopf" gestellt, beklagte Herrmann. Die größte Mehrheit der Beamten leiste gute Arbeit. Man müsse auch einmal thematisieren, dass die Gewalt gegen Polizisten zunehme. 2000 Polizisten in Bayern würden pro Jahr bei Einsätzen verletzt.

Andreas Fischer (FDP) ging deutlich auf Distanz zur CSU. Der stellvertretende Fraktionschef der Liberalen sagte, dass die Verlegung der Internen Ermittler ins LKA nur ein Zwischenschritt sein könne. Auch die FDP wolle langfristig eine unabhängige Stelle schaffen, die dem Landtag zugeordnet sein solle. Die Grünen zeigten sich skeptisch, ob die kurzfristig beschlossene Umstrukturierung mehr sei als bloße Kosmetik. Nur durch eine vollständig personell und organisatorisch von der Polizei getrennte Ermittlungsbehörde, sagte Susanna Tausendfreund (Grüne), könne das in der Bevölkerung erschütterte Vertrauen in die Polizei und die sachgerechte Aufklärung von Fehlverhalten gestärkt werden.

Großen Ärger bei der Opposition löste Herrmann mit seinem Hinweis aus, dass bei der 23-Jährigen, die auf der Wache in der Au schwer verletzt worden war, vor Monaten schon einmal eine vorläufige Unterbringung in der Psychiatrie im Raum gestanden habe. Tausendfreund nannte diese Äußerung "unterste Schublade". Damit stelle sich Herrmann in eine Reihe mit Polizeipräsident Schmidbauer bei dem Versuch, das Opfer in ein schlechtes Licht zu rücken. Diese Geschichte habe nichts mit dem Vorfall in der Au zu tun. Der Anwalt der 23-Jährigen sagte auf Nachfrage der SZ, dass die Mutter der jungen Frau bei einem privaten Streit die Polizei angerufen habe. Nach zwei Stunden ärztlicher Betreuung in einem Klinikum habe der Vater die 23-Jährige wieder abgeholt. Von einer Unterbringung könne keine Rede sein.

FDP, SPD und Grüne übten auch scharfe Kritik an Polizeipräsident Schmidbauer. Er habe sich mit seinen Äußerungen, die nur die Sichtweise des beschuldigten Beamten wiedergeben, disqualifiziert, sagte Tausendfreund. Helga Schmitt-Bussinger (SPD) meinte, der Polizeipräsident rede sich "um Kopf und Kragen". Fischer nannte es bedenklich, dass Schmidbauer den Faustschlag des Polizisten "konsequent" genannt habe. Dieser Satz müsse überprüft werden. Herrmann sagte, es sei das Recht eines Vorgesetzten, sich vor seine Mitarbeiter zu stellen. Er wolle Schmidbauers Äußerungen erst bewerten, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind.

© SZ vom 22.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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