Streit um einen Zaun:"Andere dürfen bauen, ich muss abreißen"

Streit um einen Zaun: Fritz Stauner vor seinem mit Gabionen umfriedeten Anwesen.

Fritz Stauner vor seinem mit Gabionen umfriedeten Anwesen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Im Graßlfinger Moos will das Landratsamt Fürstenfeldbruck einen Gabionen-Zaun beseitigen lassen. Der 83-jährige Eigentümer will sich weiter dagegen wehren.

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Fritz Stauner wohnt seit Jahrzehnten im Graßlfinger Moos, ein riesiges Naturschutzgebiet, das zu Olching gehört. "Bauen im Moos" ist ein Thema, das alle Beteiligten ebenfalls seit vielen Jahren tangiert, aber bis heute nicht befriedigend gelöst ist. Stauner wohnt seit 1973 an der Birkenhofstraße - gleich neben dem dortigen Feuerwehrhaus, das gerade einen Neubau erhält. Früher hatte der gebürtige Straubinger, der zunächst in Gröbenzell wohnte und 1964 ins "Moos" kam, einen Reitbetrieb. Jetzt steht der inzwischen 83-Jährige gerade vor seiner Grundstückseinfahrt und geht an der Gabionenwand entlang, die er als Zaun 2016 errichtet hat. Das Landratsamt Fürstenfeldbruck hat jetzt per Gerichtsbeschluss erwirkt, dass eine von ihr beauftragte Firma diese Gabionenwand demnächst abreißen kann. Das wird den Eigentümer laut Landratsamt etwa 46 000 Euro kosten. Stauner wehrt sich, weil das die zuständige Landratsamt als Baubehörde ihn benachteilige: "Andere dürfen bauen, ich muss abreißen."

Streit um einen Zaun: Der Besitzer hat Steine vor das Grundstück gelegt und dadurch die Fahrbahn schmäler gemacht.

Der Besitzer hat Steine vor das Grundstück gelegt und dadurch die Fahrbahn schmäler gemacht.

(Foto: Günther Reger)

Der Begriff Gabione ist aus dem Italienischen entlehnt. "Gabbione" bedeutet großer Käfig. Im Mittelalter dienten die damals aus Weiden geflochtenen Körbe als militärisches Bollwerk. Nachdem die mit Steinen gefüllten Drahtkörbe vorwiegend beim Bau von Infrastrukturen, wie zum Beispiel Straßenbau, eingesetzt worden waren, haben sie ihren Weg über Garten- und Landschaftsbauer in heimische Gärten gefunden.

Die Steinwand von Stauner umschließt als Zaun das gesamte große Grundstück, das er vor drei Jahren zum Teil verkauft hat. Der Zaun ist 75 Meter lang, 1,70 Meter hoch und 25 Zentimeter tief. Dazu kommen noch die Gabionen an drei Grundstückseinfahrten. Für den Eigentümer dient das Bauwerk als Schutz vor Lärm und Staub. Auf der schmalen Straße herrscht erstaunlich reger Verkehr, gegenüber liegt ein Gerüstbauunternehmen. Das Landratsamt hatte bereits 2016 die Baugenehmigung für den Gabionenzaun in einem Naturschutzgebiet abgelehnt und dann in mehreren Bescheiden, inklusiven Gerichtsurteilen in seinem Sinne, den Eigentümer zum Abriss aufgefordert. Stauner stellte sich stur und ist immer wieder gerichtlich dagegen vorgegangen. Er zeigt ein Foto, das der Baukontrolleur des Landratsamtes 2016 mit ihm auf dem gerade errichteten Fundament der späteren Gabionenwand gemacht hat. "Der Kontrolleur hat mir damals nicht gesagt, dass die Gabionenwand nicht genehmigt wird", erzählt Stauner, "dann hätte ich sie sicherlich nicht gebaut."

Bei der Baubehörde im Landratsamt ist Stauner ein alter Bekannter. Oft habe es bei seinen Bauten Abweichungen vom Bauantrag gegeben. "Er hat immer wieder Gebäude oder Gebäudeerweiterungen errichtet, die nicht genehmigt waren", weiß Sabine Dösing, die juristische Leiterin der Abteilung Bauen, Wohnen und Umweltschutz im Landratsamt. Stauner hat dann oft per Gerichtsverfahren einen Vergleich erstritten und der umstrittene Schafstall durfte stehenbleiben. Für Sabine Dösing ist die Rechtslage in Sachen Gabionenwand klar. Stauner habe kein Privileg im Außenbereich, dazu zählt das Moos, zu bauen. Zudem stehe sein Grundstück im Landschaftsschutzgebiet. "Dazu braucht er eine naturschutzrechtliche Erlaubnis, die es für die Gabionenwand nicht gibt", so Dösing.

Seit einigen Jahren im Trend

Dass Gabionenwände als Zäune seit einigen Jahren durchaus im Trend liegen, kann man allerorten beobachten. Sogar Gärten von Reihenhäusern werden damit eingefasst, so zum Beispiel an der Ecke Kreuzlinger Straße/Wiesenstraße in Germering zu besichtigen. Umweltschützer lehnen die Steinzäune strikt ab, weil sie zum Beispiel Insekten keinen Lebensraum bieten und das Insektensterben weiter beschleunigen. Damit wird die Entscheidung des Landratsamtes nicht begründet. Es sind eher ästhetische Gründe. Die Gabionenwand "ist dem Charakter des Moorgebietes und der landwirtschaftlich geprägten Landschaft wesensfremd" und "wirkt sich negativ auf den Charakter des Gebietes aus", schreibt das Amt im April 2017 an Stauner.

Streit um einen Zaun: Diese Gabionen-Steinmauer soll abgerissen werden.

Diese Gabionen-Steinmauer soll abgerissen werden.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Nun liegt Fritz Stauners großes Grundstück an einer Ecke der Birkenhofstraße, wo niemand außer ihm und seinem neuen Nachbarn wohnt. Gegenüber neben der Gerüstbaufirma befindet sich noch eine große Wiese, lautstark bewacht von zwei Hunden. Die Birkenhofstraße ist dort eine schmale Straße. Entlang des Stauner-Anwesens ist sie noch schmaler, weil er dort mehrere etwa einen halben Meter hohe Steine verteilt hat. Diese Maßnahme Stauners geht auf einen alten Konflikt zurück. Die Kiesstraße wurde einst von Gemeinde asphaltiert, ohne mit ihm, dem Eigentümer des 80 Zentimeter breiten Streifens der Straße Rücksprache zu halten, wie er sagt. Durchaus üblich ist es, dass Kommunen in solchen Fällen, dem Eigentümer einen schmalen Streifen abkaufen, ehe sie Straßenbaumaßnahmen vornehmen. Stauner führt Bezugsfälle an, um nachzuweisen, dass ihn Unrecht geschieht und anderen nicht. Die hatten jedoch vor Gericht keinen Bestand. Auch nicht der Verweis auf die vier Meter hohe Gabionenwand an der nahen Autobahn oder auf ein Schreiben des Landrates Thomas Karmasin an einen Adressaten in Maisach aus dem Jahre 2017. Darin schreibt Karmasin: "Ungenehmigt verwirklichte Bauvorhaben im Außenbereich genießen keinen Bestandsschutz und sind grundsätzlich zu beseitigen. Eine Beseitigung kann im Einzelfall jedoch unverhältnismäßig sein, so dass eine Duldung in Betracht gezogen werden muss." Stauner weiß, dass seine Rechtsmittel bald ausgeschöpft sind und gibt sich angesichts der Abrisskosten, die auf ihn zukommen, kompromissbereit. "Ich würde die Steine aus dem Drahtgeflecht entfernen", bestätigt er im Gespräch mit der SZ, "die Drahtwand stehen lassen und innen den Zaun bepflanzen." Ein entsprechendes Schreiben habe sein Rechtsanwalt an das Landratsamt verfasst, aber bis dato keine Antwort erhalten.

Auf einen Kompromiss will sich das Landratsamt offenbar nicht mehr einlassen. "Eher nein", sagt Sabine Dösing, die ehemalige Richterin am Verwaltungsgericht Augsburg. "Das hat sich über Jahre hingezogen, jetzt müssen wir das auch vollziehen." Auch die Stadt Olching sieht nach der Gerichtsentscheidung "keinen Spielraum mehr für einen Vergleich", wie Bauamtsleiter Markus Brunnhuber bestätigt, der auch noch einmal die Auffassung der Stadt bekräftigt: "Eine Gabionenwand im Außenbereich ist wesensfremd." Der Abriss - inklusive des Betonfundaments - erfolge, so das Landratsamt, sobald die passende Firma dafür gefunden ist. Einen Trumpf könnte Stauner noch ausspielen. So wie es aussieht, hat das Landratsamt bei der Abrissverfügung eine von vier Flurnummern, die zu seinem Grundstück gehören, vergessen miteinzubeziehen, so dass möglicherweise nicht die ganze Gabionenwand abgerissen werden kann.

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