Zu wenig Gäste:Abserviert

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"Das Grün" in Grünwald schließt nach gut einem Jahr. Von Beginn an kämpfte das Café mit Schwierigkeiten, jetzt haben die Münchner Kolping-Ausbildungszentren als Betreiber die Reißleine gezogen

Von Claudia Wessel, Grünwald

So mancher Besucher hat es sicher schon früher geahnt, nun wurde es im Gemeinderat verkündet: Das Café "Das Grün" im Haus der Begegnung bleibt geschlossen. Der Betreiber, die Kolping-Ausbildungszentren München, eine gemeinnützige GmbH, möchte aus dem noch laufenden Vertrag aussteigen. Die Gemeinde ist damit einverstanden und sucht bereits einen neuen Betreiber.

Das kleine Café in dem Vorzeigeprojekt an der Tobrukstraße in Grünwald stand von Anfang an unter keinem guten Stern: Schon die Einweihung am 12. Oktober 2017 überraschte die Betreiber, denn zu diesem Zeitpunkt waren sie noch die einzigen im Haus der Begegnung. "Wir hatten eigentlich einen anderen Plan", sagte Kathrin Raps, Geschäftsführerin der Ausbildungszentren, damals. Man war davon ausgegangen, dass schon am 1. September 2017 das gesamte Haus der Begegnung belebt, also mit Bewohnern belegt sein würde. Das war jedoch nicht der Fall, erst im August 2018 zogen die letzten Mieter ein.

Schwierig für die Betreiber. "Gemeinnützig oder nicht", sagte seinerzeit Raps. "Wir brauchen Umsatz, man zahlt ja sonst drauf." Auch die damalige Leiterin des Cafés, Heike Mattauch, erklärte: "So lange können wir nicht warten."

Sie mussten aber so lange warten und waren durchaus einfallsreich, um Publikum anzuziehen beziehungsweise auch mit weniger Gästen zu überleben. So etwa produzierten sie nur kleine Kuchen, damit größere nicht schlecht wurden. Sie entwickelten eine kleine Speisekarte, der Koch kaufte nur überschaubare Mengen ein. Das Mittagsgericht wurde von zwei auf eines reduziert, Frühstück bot man erst einmal gar nicht an, da es sich nicht lohnte. Auch die Süddeutsche Zeitung beteiligte sich an der Unterstützung: Der Adventskalender für gute Werke spendete ein SZ-Abo, um informationshungrige Café-Besucher anzuziehen.

Gäste waren bis zu letzt rar in dem Café. Auch als die umliegenden Häuser bezogen waren, wurde es nie richtig voll. (Foto: Claus Schunk)

Und dann war da noch die Sache mit dem Schild. Denn anfangs waren nicht nur keine Bewohner im Haus der Begegnung, es fanden auch keine Gäste ins Café, weil ein auffälliges Werbeschild fehlte. Die Betreiber waren hier ebenfalls einfallsreich: Sie malten selbst eines, das sie an einem Aufsteller befestigten. Nach langem Hin und Her ließ die Gemeinde ein professionelles Schild anbringen. Doch daran hat es dann wohl nicht gelegen. Auch nicht an den Bewohnern der 56 Wohnungen, die seit August bezogen sind. Der richtige Betrieb ließ einfach auf sich warten. Trotz der Menü-Ideen zu den verschiedenen Jahreszeiten, etwa Krapfen an Fasching und Ente zu Kirchweih. Selbst Krimi-Lesungen mit passendem Menü haben es nicht rausgerissen. Das Café ist Geschichte. Aus den Weihnachtsferien kehrte das Personal nicht mehr zurück.

Eine Gemeinderätin, die alles gegeben hat, um das Café zu unterstützen, ist Ingrid Reinhart von den Grünen. Interviews und andere Treffen beraumte sie immer dort an. Auch nach der Weihnachtspause wollte sie mit ihrem Mann in dem Lokal essen gehen. Da war es bereits geschlossen und an der Tür hing ein Schild, auf dem stand, dass nicht mehr geöffnet werde. Abgeschaltet ist auch die Internetseite. Nicht nur Ingrid Reinhart wurde von der Nachricht überrascht, auch die Gemeinde, der die Kolping-Ausbildungszentren trotz laufenden Pachtvertrags einfach mitteilten, das Café "nach den Betriebsferien über den Jahreswechsel nicht mehr zu öffnen", wie Hauptamtsleiter Tobias Dietz sagt.

Um Kunden anzulocken, bastelten die Mitarbeiter selbst Schilder. (Foto: Claus Schunk)

"Sie hatten einen schlechten Start", sagt Reinhart. Ein bisschen enttäuscht ist sie aber schon. "Man sollte es doch schon im Kreuz haben, länger durchzuhalten, auch wenn es schlecht läuft." Und zwar ohne immer weniger zu leisten. So nämlich stellte es sich den Besuchern dar. "Sie haben das Personal immer mehr reduziert", schildert Reinhart. Auch die Qualität des Essens habe nachgelassen, so hätten es Grünwalder ihr berichtet. Schon vor Monaten hörte dann die Leiterin Heike Mattauch auf.

Ingrid Reinhart hat es sehr gut gefallen im Café Grün, andere Besucher aber hatten nach ihrer Erinnerung etwas auszusetzen. Mütter hätten es "zu wenig cool" gefunden, andere wiederum die Speisen "zu wenig traditionell". FDP-Gemeinderat Michael Ritz fand das Café "im Vergleich zum Vereinsheim des TSV nicht gemütlich, nicht ausreichend persönlich". "Das Vereinsheim ist ein Familienbetrieb", so Ritz. Das Ehepaar Achatz sei immer anwesend und begrüße die Stammgäste mit Namen. Auch sei das Café zu teuer gewesen. "Im Vereinsheim gibt es ein sehr gutes Mittagsmenü für 6,50 Euro, da gehen viele Rentner und junge Leute auch mittags hin." Auch die Lage des Cafés sei "suboptimal" gewesen, dadurch habe Laufpublikum gefehlt. Die Geschäftsleiter der Kolping-Ausbildungszentren Kathrin Raps und Alfred Maier waren am Mittwoch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

© SZ vom 31.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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