Kreis und quer:Ghostbuster im Würmtal

Was es mit den Geisterbussen auf sich hat, die Landratsstellvertreter Otto Bußjäger entdeckt zu haben glaubt.

Kolumne von Iris Hilberth

In einem Ballungsgebiet wie dem Großraum München gibt es wenige Orte, an denen man niemanden trifft. Wenn nicht gerade wegen einer Pandemie ein Lockdown verordnet wurde, ist das keine Gegend für menschenscheue Wesen. Passiert es dann doch mal, dass auf dem Bahnsteig kaum Leute warten, vor dem Haus ein Parkplatz frei ist oder ohne Reservierung ein Tisch in der Wirtschaft, wird schnell klar: Hier stimmt was nicht! Erste Gedanken: Der Zug fällt aus, es gilt neuerdings ein Parkverbot, das Essen schmeckt nicht. Es könnten aber auch wesentlich unheimlichere Dinge hinter diesen Phänomenen stecken.

Otto Bußjäger von den Freien Wählern ist dem Spuk jetzt im Würmtal auf die Spur gekommen. Der Landratsstellvertreter hat dort Geisterbusse gesichtet. Expressbusse noch dazu. Die sind dem Kommunalpolitiker aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn so unheimlich, dass er sie am liebsten sofort stoppen würde. Sein Gräfelfinger Parteifreund Florian Ernstberger fragt sich ernsthaft: Wer nutzt die Busse überhaupt? Als ob sich im Landratsamt oder beim MVV irgendjemand mit Geistern auskennt.

Denn rein parawissenschaftlich betrachtet, ist der Landkreis München kein gutes Pflaster für Geister. "Lost places", wie man heutzutage zu verlassenen, etwas heruntergekommenen Orten sagt, gibt es hier kaum. Für halb verfallene Villen und leer stehende Gruselschlösser sind die Grundstückspreise viel zu hoch. Doch rein statistisch gesehen könnte die Geisterdichte im vierstelligen Bereich liegen. In Großbritannien etwa, wo oft Nebel herrscht und hinter jedem Hügel ein Castle steht, glauben viel mehr Leute als nur ein stellvertretender Landrat an Geister. Dort sollen Experten der Internetseite "Haunted Britain" mal berechnet haben, dass es fünf Gespenster pro Quadratmeile gibt. Für den Landkreis München mit seinen 664 Quadratkilometern käme man so auf 3280 Gespenster.

Die Frage ist aber: Was machen die im Bus? Eigentlich müsste man annehmen, dass Geister nur zur Geisterstunde den ÖPNV nutzen. Doch da fährt im Landkreis München auf vielen Linien gar nichts mehr. Laut einem Bericht des National Geographic besteht die Schwierigkeit beim Nachweis von Spukphänomenen darin, dass diese in der Regel auftreten, wenn man sie nicht erwartet und unvorbereitet ist. Wenn etwas allzu leicht zu dokumentieren sei, handele es sich "mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Fälschung". Das Glaubwürdige an Bußjägers Geistergeschichte ist also, dass er die unheimlichen Fahrgäste nicht fotografiert und gepostet hat. Vielmehr schreibt er: Es ist ein ständiger Wettlauf, die Fahrpläne an die aktuellen Bedürfnisse der Nutzer anzupassen. Ghostbuster Bußjäger hat längst herausgefunden: Geister fahren lieber um Mitternacht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: