Kreis und quer:Kein Boot, kein Auto, kein Haus

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Ein Sparkassen-Clip aus dem Jahr 1995 wirkt wie aus der Zeit gefallen. Heute gilt als Erfolg, ein bezahlbares Dach überm Kopf zu haben.

Kolumne von Bernhard Lohr, Landkreis München

Es ist nicht lange her, da waren die Geschlechterrollen klar verteilt. Dass etwa der Mann in erster Linie erfolgreich zu sein hatte, brachte eine Sparkassen-Werbung 1995 auf den Punkt: "Mein Haus, mein Auto, mein Boot", prahlt dort ein Aufschneider und knallt Fotos auf den Tisch, die zeigen, was er alles hat. Der Clip ist ein Klassiker und das heute peinlich wirkende Filmchen zeigt, wie sich die Welt verändert hat. Den Wunsch nach dem eigenen Haus haben sich viele längst abgeschminkt. Als erfolgreich gelten Mama oder Papa im Landkreis München, wenn sie eine bezahlbare Mietwohnung finden.

Die Banken haben seit den Neunzigern ihr Geschäftsmodell mehrmals geändert. Mittlerweile ist auch die Baufinanzierung vom Tisch. Um 67 Prozent ist im ersten Halbjahr im Landkreis die Zahl der Baugenehmigungen eingebrochen. Die Bauwirtschaft schwächelt wegen der hohen Zinsen. Dabei ist die Wohnungsnot groß und die Folgen sind fatal für all die Betroffenen und auch die Firmen, die im erfolgsverwöhnten Landkreis München Fachkräfte suchen. Eine aktuelle Studie des Deutschen Gewerkschaftsbunds unterstreicht das gerade. Auch Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle rechnet jedem gerne vor, der nicht glaubt, wie groß das Problem ist, wie viele Wohnungen alleine für die Busfahrer und deren Familien benötigt werden, die man für den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs braucht.

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Dabei gibt es im Landkreis neuerdings Leerstand: Die christlichen Kirchen schwächeln. Die Protestanten haben in Unterschleißheim ein Kirchenzentrum an die Stadt verkauft und im Pfarrverband Schäftlarn hat man keine Verwendung mehr für die Kirche St. Benedikt in Ebenhausen. Sie wird profaniert. Was aus dem geräumigen Kirchenschiff einmal wird, ist offen. Vielleicht lässt sich dort mit außergewöhnlichen Zuschnitten Wohnraum schaffen. Es bleiben ja noch zehn Kirchen im Pfarrverband übrig.

Die erfolgsgewohnten christlichen Kirchen geben sich mittlerweile bescheiden. Auf der Landesgartenschau in Kirchheim planen sie 2024 gemeinsam, mit Blumen den Grundriss einer römischen Basilika nachzubilden, um dort Besucher mit einem Bibelquiz zu erreichen. Ein Tipp wäre, einfach mal mit den zehn Geboten anzufangen. Gebot Nummer neun zum Beispiel lautet: "Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus." Das klingt erfrischend aktuell. Aber es bringt auch keinen wirklich weiter. Wie das zehnte Gebot, wo man aufgefordert wird, außer vom "Weib" auch von Knecht, Magd, Rind und Esel und sonstigem Besitz des Nächsten die Finger zu lassen.

Moses klingt da irgendwie wohlfeil im weitgehend eselfreien Landkreis München. Fast so weit weg vom Hier und Jetzt wie die Yuppies aus den protzigen Neunzigern.

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