Wohnen:Soziale Bodennutzung mit viel Spielraum

Garching schreibt für künftige Baugebiete eine Quote von 30 Prozent fest. Der Stadtrat darf davon aber abweichen

Von Gudrun Passarge, Garching

Die Universitätsstadt Garching wird künftig bei Baugebieten 30 Prozent des neu geschaffenen Wohnraums für sozial gebundenen Wohnungsbau einfordern. Der Beschluss, der auf einen Antrag der Grünen zurückgeht, kam völlig ohne ihr Zutun zustande, denn alle Grünen waren bei der Stadtratssitzung entschuldigt. Trotzdem gab es ein einstimmiges Votum, wenn auch nach längerer Diskussion und mit einem Zusatz: Der Stadtrat ist berechtigt, im Einzelfall abweichende Regelungen zu treffen.

Es war nicht die erste Diskussion über die Sobon-Quote (Sozialgerechte Bodennutzung) im Stadtrat. Den Lokalpolitikern lag ein umfangreicher Entwurf für eine Satzung vor, in den zahlreiche Präzisierungen der vorangegangenen Debatten schon Eingang gefunden hatten. So zum Beispiel der Wunsch der Grünen, dass die Auswirkungen aller Abzüge von der Verwaltung geprüft werden müssen vor dem Hintergrund, dass einem Investor mindestens ein Drittel an Gewinn bleiben muss. Außerdem tritt der Bagatellfall dann ein, wenn ein Bauvorhaben weniger als 500 Quadratmeter umfasst. Trotzdem gab es noch Gesprächsbedarf. CSU-Fraktionschef Jürgen Ascherl forderte den Zusatz der abweichenden Regelungen, um auch oberhalb der Bagatellgrenze entscheiden zu können, ob die Sobon-Quote greift oder nicht. "Es geht darum, einen kleinen Spielraum zuzulassen", sagte Ascherl. Den forderte auch Florian Baierl (Unabhängige Garchinger) ein. Er betonte erneut, ihm wäre es lieber gewesen, die Sobon-Quote erst dann zu beschließen, wenn die Stadt damit entsprechende Erfahrungen gesammelt habe. Er warnte vor dem Fall, dass die Stadt die Daumenschrauben immer weiter anziehe, der Investor dann aber sage: "Dann mache ich eben nichts."

Das brachte ihm den Vorwurf von Ulrike Haerendel (SPD) ein, zu sehr an die Investoren zu denken. Sie warnte davor, das Projekt kaputt zu reden. Sie begrüßte die Erhöhung der Quote von bisher 25 auf 30 Prozent und bedankte sich explizit bei der Grünen-Fraktion "für diese sehr gute Initiative". Dagegen nannte SPD-Frakionschef Joachim Krause den Antrag "überflüssig, weil wir es ja schon so gemacht haben". Er verstehe den Beschluss als Richtlinie, den ein anderer Stadtrat jederzeit wieder aufheben könnte. Positiv sei die Rechtssicherheit für den Investor, der nun wisse, was auf ihn zukommt.

Baierl wehrte sich gegen den Vorwurf Haerendels, und betonte, er finde die neue Satzung wichtig und habe mit 25 oder 30 Prozent auch kein Problem. "Aber ich möchte das Korsett etwas lösen", sagte er. Größeren Raum nahm auch die Frage ein, welche Baugebiete denn nun von der Satzung betroffen sind. Albert Biersack (CSU) plädierte für eine "flexible Handhabung", weil die Stadt ja auch mal ein Interesse haben könnte, ein bestimmtes Baugebiet zu entwickeln. Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) erklärte, wenn Gewerbegebiete zu Wohnflächen umgewidmet würden, dann gelte die neue Regelung "eins zu eins". Unklar war allerdings, bei welchen Neubaugebieten die 30 Prozent schon angewendet werden sollen. So widersprach der Bürgermeister der Ansicht des Bauamtsmitarbeiters Oliver Balzer, das geplante Wohngebiet auf dem Areal des früheren Autohauses Baudisch würde unter die Neuregelung fallen. Laut Gruchmann gibt es hier eine E-Mail vom April, in der von 25 Prozent geredet wurde. Josef Euringer, Fraktionssprecher der Bürger für Garching, hatte dazu eine klare Haltung: Alles, was vor dem Beschluss beantragt worden ist, sollte rausfallen.

Bastian Dombret (FDP) schließlich fand es gut, dass es nun für die Investoren klare und verlässliche Richtlinien gebe. Er wollte jedoch wissen, ob durch die neue Satzung der Prozess der Wohnraumbeschaffung verzögert werden könnte. "Zeitlich würde es keine Verzögerung bedeuten", antwortete Balzer, "das ist wenig problematisch." So stand einer Einigung nichts mehr im Weg, mit der auch die Grünen gut leben können. "Sehr zufrieden" äußert sich Grünen-Sprecher Hans Peter Adolf und betont: "Ich finde es auch gut, was an Präzisierungen mit eingeflossen ist."

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