WM in Katar: Agentur Serviceplan:Werbung für die Wüste

Es war eine Überraschung für die Fußballwelt: Die WM 2022 findet in Katar statt. Möglich gemacht haben das auch ein paar findige Münchner.

Alfred Dürr

Florian von Hornstein ist ein großer Kommunikator. Wenn er von einem Projekt begeistert ist, dann kann er es charmant, wortreich und überzeugend verkaufen. Das ist ja auch sein Job. Als Geschäftsführer der Serviceplan Agenturgruppe ist er für große Werbekampagnen prominenter Unternehmen mitverantwortlich.

Katar-Buch

Mit diesem in Ziegenleder gebundenen Bewerbungsbuch hat die Münchner Agentur Serviceplan mitgeholfen, die Fußball-WM 2022 nach Katar zu holen.

Seit 2001 hat sich in einem ehemaligen städtischen Leihamtsgebäude an der Brienner Straße ein ziemlich erfolgreiches Kreativzentrum etabliert, dem nun ein besonderer Coup gelungen ist. Dass ein Außenseiter-Kandidat wie das arabische Emirat Katar vor wenigen Tagen den Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 bekommen hat, ist zu einem nicht unerheblichen Teil auch dem Kommunikationskonzept der Münchner Agentur zu verdanken. Das bringt nicht nur Ehre, sondern auch ein siebenstelliges Honorar aus Katar.

Auf dem Schreibtisch vor Florian von Hornstein liegt es, das vier Kilogramm schwere und 744 Seiten starke Meisterwerk: das Bewerbungsbuch. Aus der Hand geben darf er das Ergebnis von eineinhalb Jahren Arbeit keinesfalls, sonst drohen hohe Vertragsstrafen. Aber Hornstein erzählt, dass sich alles in dem Band um Planung von Sportstätten, Transport-, Unterbringungs- und Finanzierungsmöglichkeiten dreht, auch um Umweltschutz, die gesellschaftliche Entwicklung in der arabischen Welt oder um Potentiale des Fußballs in dieser Region.

Ein großes Team hat an der nicht eben einfachen Aufgabe, die WM nach Katar zu holen, gearbeitet: Das Frankfurter Unternehmen Albert Speer und Partner sowie Proprojekt an vorderster Front - und Serviceplan. Die Münchner waren für die opulente Optik des Buchs verantwortlich, für die Katar-Website und den Bewerbungsfilm. Eine komplizierte Materie wurde umgesetzt mit brillanten Farben, starken Fotos und Grafiken. Hornstein: "Den arabischen Hintergrund wollten wir nicht verleugnen, aber auch Weltoffenheit demonstrieren."

Größte inhabergeführte Agentur Deutschlands

Die Serviceplan Gruppe ist heute die größte inhabergeführte Agentur Deutschlands, die sich längst nicht mehr nur mit klassischer Werbung befasst, sondern mit allen Disziplinen der Kommunikation. Dazu gehören zum Beispiel Marketing, Design, Events und vieles andere mehr. Das vor Jahren renovierte Leihamtsgebäude ist schon viel zu klein. Die Agentur hat sich bereits in die umliegenden Häuser ausgedehnt.

Weil 2005 das weitaus beste Jahr in der Geschichte des Unternehmens war, bekamen alle Mitarbeiter eine überraschende Belohnung. Sie durften auf Kosten der Firma zusammen für zwei Tage an ein etwas ausgefallenes Ziel verreisen - nach Katar. "Sie sehen, wir hatten schon immer eine besondere Beziehung zu diesem Land", lächelt Hornstein.

Eingebunden in Ziegenleder

Jahre später wurde es ernst. Serviceplan setzte sich im Endspurt um den lukrativen Weltmeisterschafts-Auftrag gegen eine amerikanische Agentur durch. "Ich glaube, die Kataris schätzen deutsche Tugenden wie Zuverlässigkeit, Genauigkeit und hohe Qualität sehr", sagt Hornstein. Der Projektchef der Agentur, Roger Strack, ist begeistert von der Professionalität seiner arabischen Partner: "Man muss die Klischees von wallenden Gewändern und rauchenden Wasserpfeifen in einer Umgebung von 1001 Nacht vergessen. Dort arbeiten gewandte und bestens ausgebildete Personen im westlichen Anzug in hochmodernen Büros."

Von der ersten Konzeptpräsentation bis hin zur Abstimmung der jeweiligen Kapitel traf man sich regelmäßig in Katars Hauptstadt Doha. Auf Perfektion habe man dort allergrößten Wert gelegt, berichtet Strack: "Man will der Welt beweisen, was man leisten kann."

Die Mitarbeiter des Bewerbungskomitees aus Katar waren natürlich auch in München. Am Ende sei jede einzelne Seite des sogenannten Bid Books penibel abgezeichnet worden, auch jedes Blatt des 6435 Seiten umfassenden Anhangs mit Dokumenten, Verträgen und sonstigen Schriftstücken. In der Münchner Druckerei hätten die Kataris dann jedes einzelne für den Welt-Fußballverband Fifa bestimmte Buch kontrolliert. "Sie haben dabei weiße Handschuhe getragen, das macht sonst kein Kunde auf der Welt", erinnert sich Hornstein. Nicht einen einzigen Fehler hätten sie entdeckt: "Die konnten das gar nicht glauben."

In der Druckerei wurden die Bücher in speziell gestaltete Kisten verpackt. Aus Sicherheitsgründen hat die Abordnung aus Katar die wertvolle Fracht auf zwei Autos verteilt. Diese sind dann getrennt nach Zürich gefahren, um die Bücher dort abzuliefern. Von diesen Büchern wurden noch zwei VIP-Exemplare angefertigt. Eines für den Fifa-Präsidenten und eines für den Scheich - eingebunden in feinstes Ziegenleder.

Katar - "ein sportbegeistertes Land"

Die Freude war in München dann entsprechend groß, als Katar tatsächlich den Zuschlag bekam. Im Konferenzraum habe man zitternd die Vergabezeremonie über Bildschirme verfolgt, berichtet Hornstein. Als alles vorbei war, bekam das Team erstmal frei: "Die haben durchgefeiert und irgendwo in der Stadt ein Lokal auf den Kopf gestellt."

Eineinhalb Jahre harte Arbeit liegen hinter der Agentur. Aber das Katar-Thema ist noch lange nicht abgehakt. Dass manche noch etwas die Stirn runzeln über "Fußball in der heißen Wüste", leuchtet Hornstein nicht ein: "Katar ist ein sportbegeistertes Land, die Menschen dort freuen sich wirklich riesig auf die Weltmeisterschaft." Diese Begeisterung und Freude sollte in den kommenden Jahren in die Welt getragen werden, wünscht sich der Kommunikationsexperte. Die Münchner Agentur jedenfalls stehe bereit, dafür kräftig die Werbetrommel zu rühren.

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