Energiewende:Laues Echo auf Windkraftpläne

Energiewende: Die Notwendigkeit von Windrädern auch im Süden von Bayern erkennen mittlerweile viele. Aber die Planungen ziehen sich noch hin.

Die Notwendigkeit von Windrädern auch im Süden von Bayern erkennen mittlerweile viele. Aber die Planungen ziehen sich noch hin.

(Foto: Jens Büttner/dpa)

Obwohl der Druck wächst, Vorranggebiete für die Windkraftnutzung auszuweisen, haben bisher 82 Kommunen im Großraum München die Appelle des Regionalen Planungsverbands ignoriert.

Von Bernhard Lohr, Landkreis München

Langsam drängt bei der Festlegung von Vorranggebieten für Windkraftanlagen die Zeit. Erst 103 Städte und Gemeinden in der Region München haben dem Regionalen Planungsverband (RPV) gemeldet, ob und wo sie sich Anlagen auf ihrem Gebiet vorstellen können, beziehungsweise zumindest eine Stellungnahme angekündigt. Das heißt: 82 Rathäuser sind bis heute jegliche Erklärung zu dem Thema schuldig geblieben, das die Menschen in der Region so "bewegt", wie kaum ein anderes, wie der RPV-Verbandsvorsitzende, Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU), am Dienstag bei der Sitzung des Planungsausschusses in München sagte. Dort, im Handelskammersaal der IHK, wurde ein Zwischenstand zur Windkraftplanung vorgestellt.

Der Handlungsdruck steigt mit jedem Tag, denn die Bundesregierung hat mit dem Wind-an-Land-Gesetz die Vorgabe gemacht, dass bis Ende 2027 mindestens 1,1 Prozent der Fläche einer Region und bis Ende 2032 dann 1,8 Prozent für Windkraft zur Verfügung zu stellen sind. Bleiben Kommunen untätig und weisen sie keine Vorranggebiete aus, können Investoren privilegiert Anlagen dort platzieren, wo sie ein Grundstück finden und etwa die Vorgaben zum Lärmschutz einhalten. Bis Mitte des Jahres will der Planungsverband die Fakten für Vorranggebiete abklären. Dann gehe es in die Abwägung, sagte RPV-Geschäftsführer Christian Breu am Dienstag bei seiner letzten Planungsausschusssitzung; der 65-Jährige geht nach bald 25 Jahren im Amt demnächst in den Ruhestand. Breu ließ keine Zweifel daran, dass er seinem Nachfolger notgedrungen eine schwierige Aufgabe hinterlässt.

Von bis zu 400 Windkraftanlagen war im Sommer 2022 die Rede, als der RPV in einer ersten Stellungnahme die Bevölkerung in der Planungsregion aufrüttelte, in der mit der Stadt München und den acht umliegenden Landkreisen 2,9 Millionen Menschen leben. Dass es am Ende deutlich weniger Windräder werden, gilt als sicher. Nicht jede potentiell mögliche Fläche wird genutzt werden. Man brauche willige Kommunen oder Privatinvestoren, die investierten, so Verbandschef Schelle, und Grundstückseigentümer müssten das auch wollen. Breu sieht Probleme, das 1,8-Prozent-Ziel überhaupt zu erreichen. Er sei da "nicht so optimistisch", sagte er. So seien etwa große Flächen im Umkreis des Münchner Flughafens nicht nutzbar, ebenso die Landeshauptstadt München. "Da sind schon 20 Prozent ausgeschlossen", so Breu.

Aber auch in den Landkreisen Freising, Erding, Ebersberg, Dachau, Fürstenfeldbruck, Starnberg, Landsberg und im Landkreis München sind die Verhältnisse schwierig. Die Region ist dicht besiedelt. Viele "No-go-Flächen" kommen Breu zufolge aus Naturschutz-Gründen nicht in Frage. Dazu kommt, wie Thomas Bläser, Regionsbeauftragter für die Region München bei der Regierung von Oberbayern, erläuterte, ein Nord-Süd-Gefälle bei der Windhöffigkeit. So werden laut Windatlas im südlichen Landkreis Ebersberg, im Isartal und im Bereich vom Starnberger See und Ammersee die 4,8 Meter pro Sekunde nicht erreicht, die für den wirtschaftlichen Betrieb einer Windkraftanlage nötig sind. Breu setzt darauf, dass bayernweit ein Ausgleich gefunden wird zwischen den Regionen, die mehr Flächen ausweisen können, und anderen, denen das nicht gelingt.

Je konkreter die Planung, desto größer die Konflikte

Der Verbandsvorsitzende Schelle hat zudem ein Problem ausgemacht, das Ärger verspricht. Am stärksten "weht der Wind immer an der Grenze zum Nachbarn", sagte er in der Sitzung. Schelle spielte damit auf die Tatsache an, dass Flächen vorrangig an den Rändern der Gemeinden ausgewiesen werden. Angesichts dessen prognostizierte er, dass die Konflikte zunähmen, je konkreter die Planungen würden. Das zeigt sich bereits in dem vom RPV installierten Beirat, in dem Vertreter von Bund Naturschutz, Stromwirtschaft, Wirtschaftsverbänden und Jägern sitzen. Zwei Treffen mit "ziemlich munteren" Diskussionen habe es gegeben, sagte Breu. Vor allem um die Abstände der einschließlich Rotorblätter bis zu 260 Meter hohen Windkraftanlagen werde gerungen. 800 Meter zu Siedlungen und 500 Meter im Außenbereich sind Bläser zufolge im Gespräch. Konflikte erwartet Schelle besonders in Wasserschutzgebieten. Dabei werde die Notwendigkeit einer regionalen Energieproduktion in der Bevölkerung zunehmend erkannt. "Die Energiekrise ist nicht vorbei."

Auch wenn die Rechtsgrundlage, eine novellierte Landesplanung, noch nicht vorliegt, treibt der Planungsverband die Prüfung der Meldungen aus den Rathäusern voran. Bis Mitte 2025 werde man die Planung für 1,1 Prozent der Fläche abschließen, so Breu. In der Folge werde es um weitere Flächen gehen, bis zum Erreichen der 1,8-Prozent-Marke. Verantworten wird das Verfahren als Geschäftsführer von April an Marc Wißmann. Der 53-Jährige ist seit 2010 Breus Stellvertreter und gilt als gut vernetzt.

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