Windkraftanlagen im Höhenkirchner Forst:Stürmische Debatte im Netz

Windkraftanlage

Umstritten ist, wie die Windräder das Landschaftsbild verändern.

(Foto: dpa)

Bei einer Online-Veranstaltung zu geplanten Rotoren im südlichen Landkreis geht es hoch her.

Von Angela Boschert, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Bei der pandemiebedingt online erfolgten Bürgerinformation der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Windenergie Höhenkirchner Forst zu den drei angedachten Windkraftanlagen hat es massive, kritische Nachfragen gegeben. Auch Zustimmung wurde laut. In der Spitze nahmen 365 Personen teil. Eingeladen hatte zu der bis tief in die Nacht sich hinziehenden Veranstaltung die Energieagentur Ebersberg-München. Die Bürgermeister der drei Arge-Gemeinden Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Egmating und Oberpframmern saßen auf dem Podium der Mehrzweckhalle Höhenkirchen.

Es wurden die Ergebnisse der Windmessungen und umwelttechnischen Untersuchungen im vergangenen Jahr gezeigt und aufkommende Fragen zumindest teilweise geklärt. Robert Sing vom beauftragten Planungsbüro erklärte, gegen die Errichtung von drei Windrädern im Höhenkirchner Forst sprächen - ebenso wie im Hofoldinger Forst - nach aktuellem Stand der Untersuchungen weder artenschutzrechtliche noch wirtschaftliche Belange.

Geprüft wurden Standorte in den drei Konzentrationsflächen innerhalb des Höhenkirchner Staatsforstes, die im April 2014 festgesetzt worden waren und in denen somit grundsätzlich Windräder gebaut werden dürfen. Konkret sind die Anlagen rechts und links des Weges "Theresien geräumt" zwischen Siegertsbrunn und Egmating angedacht. Beschlossen sei noch nichts, betonten die anwesenden Bürgermeister. Die drei Arge-Gemeinden und die Landkreise München und Ebersberg werden Ende April darüber entscheiden, ob sie das Projekt Windkraft weiterverfolgen, sagte die derzeitige Arge-Vorsitzende und Höhenkirchner Bürgermeisterin Mindy Konwitschny.

Wie die Windräder real aussehen würden

Professor Sören Schöbel-Rutschmann von der TU München zeigte zunächst Visualisierungen, wie die Windräder von verschiedenen Standorten aus ins Auge fallen würden. Hierzu hatte er mit seinem Team in jeder der drei Gemeinden viel besuchte und daher repräsentative Ausblickpunkte ausgewählt und höhere als geplante Windräder in die erstellten Fotos installiert. Nicht eben wie dünne Bleistifte, aber überraschend schlank erschienen die Windräder aus etwa gut einem Kilometer Entfernung auf der wissenschaftlich-realen Visualisierung am Ortseingang von Egmating. Das Vergleichsbild der Windkraft-Gegner zeigt die Anlagen deutlich dicker, höher und in leuchtenden Farben. Das sei "reißerisch, schlichtweg falsch und verunsichere die Bürger", so Schöbel-Rutschmann. Er appellierte, man müsse seinen Blick ändern. Dann sähe man, dass Windräder zwar "das Landschaftsbild verändern, es aber nicht zerstören". An den Anblick gewöhne man sich und müsse ihn als Beitrag zum Klimaschutz schlicht ertragen.

Dann kam die Zeit der Bürger. Sie fragten vorrangig nach der 10-H-Abstandsregel mit ihren Ausnahmen und natürlich nach Belangen des Natur- und Artenschutzes. Sie äußerten Sorge vor Lärm durch Windräder, vor Wertverlust von Haus und Grund und fragten ob es Windkraft überhaupt brauche, wenn auf Photovoltaik gesetzt werde. Die externe Moderatorin Martina Raschke musste die mehr als 120 Bürgerfragen, die über ein Onlinetool laufend eingingen, an das Podium übermitteln. Eine per se unlösbare Aufgabe. Mediatorin Raschke vermochte nur teilweise, die Fragen zu thematischen Komplexen zusammenzufassen und sah sich Vorwürfen mangelnder Neutralität ausgesetzt. Konwitschny will das Verfahren bei zukünftigen Veranstaltungen verbessern.

Die zumeist technischen und planungsrechtlichen Fragen beantwortete Sing. Eine Auswahl: Die Abstandsregel werde überall eingehalten, rechtlich erlaubte Abweichungen seien teils möglich. Die Lärmimmission halte er für sehr gering, sie werde im Wohngebiet kaum vernehmbar sein. Man möge doch in Berg am Starnberger See oder in Bruck im Landkreis Ebersberg nachfragen, wie die Menschen es dort erleben und empfinden. Rehe und auch lärmempfindliche Vögel würden sich in der Nähe von Autobahnen aufhalten, weil sie der Autolärm eben nicht störe, könne er als Jäger sagen. Auch ein Windrad störe sie nicht. In Berg wisse er von Häusern, die ein Jahr nach dem Bau des Windrads ohne Wertverlust verkauft wurden.

Und der Klimaschutz?

Einig war man sich auf dem Podium, dass Windkraft ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz ist. Man wolle erneuerbare Energien vor Ort produzieren anstatt etwa aus Wind erzeugten Strom von der Nordsee unter Energieverlusten nach Bayern zu transportieren. Ziel der Arge sei auch, die Bürger über alle Schritte transparent zu informieren.

Die fast vier Stunden reichten nicht, um alle Fragen zu behandeln. Sie sollen noch beantwortet werden, hieß es. Die Aufzeichnung der Veranstaltung und auch die Visualisierungen sind abrufbar unter www.windenergie-hoehenkirchner-forst.de.

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