Süddeutsche Zeitung

Schloss Schleißheim:Das Remontebräu erlebt eine Renaissance

Eine neu gegründete Genossenschaft will in Oberschleißheim wieder Bier brauen. Bis es soweit ist, lässt sie es nach alten Rezepten in Gut Forsting herstellen.

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Der ökonomische Musterbetrieb, den sich der bayerische Herzog Wilhelm Ende des 16. Jahrhunderts in der Einöde bei seinem neuen Landsitz Schleißheim aufbaute, bildete nahezu das komplette Spektrum der damals lokal gebräuchlichen Land- und Viehwirtschaft ab. Und dazu gehörte selbstredend eine Brauerei. 1598 ist die Braustätte erstmals nachgewiesen und bis 1912 die Hähne abgedreht wurden, dürfte sie durchgängig in Betrieb gewesen sein. Jetzt soll an die große Brautradition Schleißheims angeknüpft werden. In Oberschleißheim hat sich eine "Brauereigenossenschaft: Remontebräu Schleißheim eG" gegründet.

Zur Verköstigung der Bediensteten in der herzoglichen Schwaige wurde direkt in den Ökonomiegebäuden aus dem eigenen Malz Bier hergestellt und auch verkauft, vor allem an die Taglöhner bei der Erntearbeit. Als das mittlerweile staatliche Gut Mitte des 19. Jahrhunderts für die Aufzucht und das Training von Militärpferden genutzt wurde, kam die Verwaltung ans Königlich Bayerische Kriegsministerium und damit auch die Brauerei.

Der Name leitet sich von den Militärpferden ab

Die Schleißheimer Brauerei war mithin die wohl einzige bayerische Braustätte unter militärischer Verwaltung, alte Akten über den Betrieb finden sich im geheimen Kriegsarchiv. Nach dem französischen Fachausdruck Remonte für die jungen Militärpferde firmierte die Brauerei als "Kgl. Remonte-Depot-Brauerei Schleißheim", der Name, unter dem sie als "Remontebräu" im Volksmund auch populär wurde.

Denn das Schleißheimer Bier hatte im 19. Jahrhundert zwei bedeutende Standortvorteile. Noch vor den Münchner Brauereien verfügte der Schleißheimer Betrieb über die erste dampfbetriebene Kühlmaschine. Und ein eigenes Anschlussgleis zum Schleißheimer Bahnhof ermöglichte es, das Bier auch überregional zu vermarkten. Als größere Investitionen an der alten Braustätte anstanden, wollte das Kriegsministerium diese nicht mehr aufbringen, die Brauerei wurde an die Münchner Hacker-Brauerei verpachtet, die nur Namen und Kundenstamm nutzte, den Betrieb aber sofort stillegte.

Die historischen Brauanlagen sind seit hundert Jahren ungenutzt

Die historischen Brauanlagen stehen nun seit den über hundert Jahren nahezu unberührt im Wilhelmshof des Alten Schlosses, wie sie Hacker verlassen hat. Langfristiges Ziel der neuen Genossenschaft ist nun "eine eigene Braustätte mit Sudhaus in Alt-Schleißheim oder gar die Rückkehr ins historische Bräuhaus im Wilhelmshof", betonte der bei der Gründungsversammlung gewählte Genossenschaftsvorstand Andreas Preißer.

Aber Bier soll es auch vorher schon geben. Zunächst soll in Auftragsarbeit Schleißheimer Bier nach alten Rezepten der einstigen Remontebrauerei gebraut werden. Die Genossenschaftsbrauerei Gut Forsting im Landkreis Rosenheim wird im Schleißheimer Auftrag zunächst ein bernsteinfarbenes Kellerbier auflegen. Schon in der zweiten Jahreshälfte soll es dann abgefüllt werden. "Wir wollen ein Wir-Gefühl für unsere Brauerei", betonte Bürgermeister Christian Kuchlbauer, der zu den 23 Gründungsmitgliedern der neuen Brauereigenossenschaft gehörte und auch einer der Aufsichtsräte ist. Diese bestellten als Vorstände Andreas Preißer für Organisation, Thomas Haselbeck für Produktion und Sandra Kunstwadl für Marketing und Vertrieb.

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SZ vom 16.05.2018/wkr
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