Wetterextreme:"Im Oberland wird es sogar mehr regnen"

Kunstmann

Harald Kunstmann leitet den Lehrstuhl für Regionales Klima und Hydrologie in Augsburg.

(Foto: privat)

Klimaforscher Harald Kunstmann erwartet keine Wasserknappheit, sieht aber Gefahren für die Qualität des Trinkwassers

Interview von Christina Hertel

Geht in der Region das Wasser zurück? Die SZ hat bei Professor Harald Kunstmann nachgefragt. Er leitet den Lehrstuhl für Regionales Klima und Hydrologie in Augsburg und ist außerdem in Garmisch-Partenkirchen tätig. Der Wissenschaftler sagt: Ein größeres Problem als die reine Menge sei die Qualität des Trinkwassers.

SZ: Im Nahen Osten, in Nordafrika, aber auch in Südeuropa wird das Trinkwasser immer knapper. Betrifft uns das auch in Deutschland?

Das betrifft Deutschland schon, aber nicht so sehr in Oberbayern. Für Franken, Brandenburg und Berlin sehe ich viel größere Probleme als hier. Dort regnet es einfach viel weniger. Bei uns ist eher das Gegenteil der Fall. In Zukunft wird es wohl mehr regnen.

Wie hat sich das Wasservorkommen im Loisachtal in Garmisch-Partenkirchen verändert?

Eigentlich nicht viel. Beim Grundwasser ist kein Trend nach unten erkennbar. Bis 2050 soll es im Oberland sogar mehr regnen, die Niederschlagsmenge soll um 15 Prozent steigen. Auch die Winter werden wohl feuchter.

Heißt das, Sie können den Beschluss des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen, kein Trinkwasser mehr ans Münchner Umland zu liefern, nicht nachvollziehen?

Mit der Klimaentwicklung jedenfalls kann man es nicht begründen. Die meisten Modelle gehen davon aus, dass es in der Region feuchter wird. Aber insgesamt werden die Wetterperioden überall auf der Welt extremer. Das heißt: Trockenheit wird in Zukunft länger andauern, die Niederschläge werden heftiger. Und wenn die Böden ganz trocken sind, lassen sie das Wasser weniger leicht durchsickern. Dann muss man sich natürlich fragen, wie viel kommt von dem Regen noch im Grundwasser an? Doch das betrifft andere Regionen in der Welt, wie zum Beispiel Afrika, natürlich viel mehr als uns.

Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf das Wasservorkommen?

Wenn es wärmer wird, kann die Luft mehr Wasser in Form von Gas aufnehmen. Pro Niederschlag kann also mehr Wasser fallen. Das kann wiederum Hochwasser zur Folge haben. Durch den Temperaturanstieg wird es außerdem weniger Schnee geben. In den Alpen, in einer Höhenlage von 800 bis 1200 Metern, wird der Schnee bis 2050 drei Wochen weniger lang liegen bleiben. In höheren Lagen ist das noch anders, aber irgendwann werden sich die Schneemengen wohl auch dort reduzieren. Das bedeutet, dass das Wasser aus dem Niederschlag gleich zu uns kommt und nicht erst verzögert durch die Schneeschmelze.

Um die Wassermenge müssen wir uns also keine Sorgen machen?

Das stimmt. Probleme wird uns eher die Wasserqualität bereiten. Durch Düngung in der Landwirtschaft werden Fäkalien und Chemikalien in die Flüsse gespült. Auch immer mehr Hormone landen durch Medikamente wie die Pille im Wasser. Es ist schwer, solche Hormone in Wasseraufbereitungsanlagen restlos zu entfernen. Aber man muss auch sehen: Trinkwasser ist bei uns eines der am besten geschützten Lebensmittel. Und es wird sehr viel Aufwand betrieben, dass das so bleibt. Während man in anderen Ländern dazu aufgefordert wird, lieber Mineralwasser zu kaufen, kann man hier ohne Bedenken Wasser aus dem Hahn trinken.

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