Coronavirus an Schulen:Landrat fordert frühere Weihnachtsferien

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Schließen will Landrat Göbel vor Weihnachten das zeitliche Fenster, in dem Infektionen in den Schulen stattfinden können.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Christoph Göbel plädiert angesichts der stark steigenden Infektionszahlen an Schulen für eine Vorverlegung um eine Woche. Lehrer und Elternvertreter sind hin- und hergerissen.

Von Iris Hilberth

Die Zahl der Neuinfektionen geht im Landkreis München seit ein paar Tagen kontinuierlich zurück, die Ansteckungen in den Schulen und Kindertagesstätten sind allerdings noch immer sehr hoch. Aktuell gelten 713 Kinder und Jugendliche aus 134 Einrichtungen als infiziert, mit 40 Grundschulen und 72 Kitas sind die Jüngsten besonders betroffen. In insgesamt 237 Gruppen und Klassen gab oder gibt es Corona-Fälle, zudem sind 493 Kontaktpersonen in Quarantäne. Landrat Christoph Göbel (CSU) hat sich daher bei seinem Presse-Jour-Fixe am Donnerstag für vorgezogene Weihnachtsferien ausgesprochen. "Das wäre sehr vernünftig. Die Dynamik des Infektionsgeschehens ist unbestritten", sagte er. Auf Zustimmung stößt er damit nicht überall.

Allerdings steht Göbel mit seinem Vorstoß nicht alleine da. Nachdem andere Bundesländer bereits angekündigt haben, die Ferien schon am 20. Dezember beginnen zu lassen, und auch die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften, sich dafür ausgesprochen hat, schließt auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder diesen Schritt nicht mehr aus. Göbel betont, es sei ihm sehr wohl bewusst, dass es mit vorgezogenen Ferien ein Betreuungsproblem gebe. "Das ignoriere ich nicht", sagte der Landrat. Doch auch wenn es derzeit so aussehe, als sei bei den Infektionen der Peak überschritten, so habe man doch eine "unglaublich ernste Lage". Mit dem Vorziehen der Ferien hätte man einen zeitlichen Puffer von einer Woche bis zum Weihnachtsfest. Damit würde das Risiko reduziert, Infektionen aus den letzten Schultagen über die Feiertage in die Familien einzuschleppen und ältere Familienangehörige zu gefährden.

Göbel stellte aber auch klar: "Ich will keinen Wechselunterricht." Viel Schulstoff werde in den letzten vier Tagen vor Weihnachten ohnehin nicht mehr vermittelt, Prüfungen fänden kaum statt. Die letzte Woche vor den Ferien sei zwar immer eine sehr schöne Zeit in der Schule, mit Feiern und Bastelstunden, "doch beim Abwägen aller Argumente sollten wir auf diese vier Tage verzichten", so Göbel.

Der bayerische Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) hatte sich am Mittwochabend im Landtag gegen vorgezogene Ferien ausgesprochen. Auch der Bayerische Landeselternverband positionierte sich am Dienstag in einem offenen Brief an Söder und Piazolo klar für Unterricht bis 23. Dezember. Das Vorziehen der Weihnachtsferien stehe dem Bildungsauftrag und den elementaren Entwicklungsbedürfnissen der Schülerinnen und Schüler grob entgegen, so der Verband. "Zu lange schon wurden Letztere eingeschränkt, zu viele Schäden sind bereits entstanden, Kinder- und Jugendpsychiatrien haben lange Warteschlangen. Dies darf sich nicht ausweiten!" Die Elternvertreter halten es überdies für fraglich, ob eine solche Maßnahmen die Ausbreitung des Virus nennenswert bremsen würde. Schließlich seien Kinder und Jugendlichen die am besten kontrollierte Altersgruppe. Der Elternverband fordert vielmehr "situations- und bedarfsangepasste Lösungen". Jede Schule solle den für sie richtigen Modus festlegen können.

Kathrin Tauber, die Vorsitzende des Elternbeirats an der Grundschule Neubiberg, findet: "Viele Eltern sind an der Grenze ihrer Ressourcen." Daher sei es schwierig, wenn die Schulen schon wieder früher schließen würden. Ihr Vorschlag: die Präsenzpflicht in der letzten Woche aufzuheben und es den Eltern selbst zu überlassen, ob sie die Kinder in die Schule schicken. Dort sollte man sich darauf beschränken, Stoff zu wiederholen. "Das wäre eine eltern- und kinderfreundliche Lösung", findet sie.

In weiterführenden Schulen steht weniger das Betreuungsproblem im Mittelpunkt. Dennoch gebe es ein Für und Wider zum Präsenzunterricht vor Weihnachten, sagt Hans Hofmann, Elternbeiratsvorsitzender des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Garching. "Angesetzte Tests vor allem in der Oberstufe sollten weiter geschrieben werden können, weil der Zeitplan sowieso eng ist", sagt er. Auch die sozialen Aktionen in der letzten Schulwoche sollte man nicht unterschätzen, "die sind zuletzt viel zu kurz gekommen". Gleichzeitig helfe natürlich die Minimierung von Kontakten etwa auf dem Schulweg, das Infektionsgeschehen nicht weiter zu befeuern. Auf keinen Fall dürften vorgezogene Ferien aber auf Kosten anderer Ferien gehen, so Hofmann.

In den Schulen gibt es zurückhaltende Reaktionen: "Wir sind um jeden Tag mit Präsenzunterricht froh", sagt Nikola Kurpas, Rektorin der Mittelschule Taufkirchen. Wenn ein frühzeitiger Ferienbeginn aus wissenschaftlicher Sicht notwendig sei, müsse man diesen Schritt jedoch gehen. "Aber es sollte das allerletzte Mittel sein."

"Aktuell sind wenige Kinder am Gymnasium Unterföhring in Quarantäne. Der Präsenzunterricht ist wichtig", sagt auch die dortige stellvertretende Schulleiterin Elena Schedlbauer. Und: "Entscheiden wird die Staatsregierung."

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