Süddeutsche Zeitung

Warnung:Wenn die Tür klemmt, wird's kritisch

Schnee auf dem Dach kann zur ernsthaften Gefahr werden - vor allem, wenn er nass ist

Von Iris Hilberth, Neubiberg

Seit Dienstag ruft die Regierung von Oberbayern Hausbesitzer eindringlich dazu auf, ihre Dächer rechtzeitig von Schnee zu befreien. Denn ist die zulässige Schneelast mal überschritten, kann es schnell zu spät sein. Zu viel Gewicht kann Schäden bis hin zu Dacheinstürzen verursachen. Wie aber kann man feststellen, ob der Schnee dringend vom Dach geräumt werden muss?

Statiker Norbert Gebbeken, Professor an der Bundeswehr-Universität in Neubiberg und Präsident der Bayerischen Ingenieurkammer-Bau, gibt Hausbesitzern den Rat, im Obergeschoss des Gebäudes auf Warnzeichen zu achten. Das können etwa Risse in Verkleidungen sein, ein sichtbar verformtes Dach oder klemmende Türen und Fenster. Dann sei Gefahr in Verzug und es müsse umgehend gehandelt werden.

Welche Last ein Dach tatsächlich aushält, ist unterschiedlich. Zwar ist sie laut Oberster Baubehörde im Bayerischen Innenministerium in der Norm DIN EN 1991-1-3 geregelt und wird bei Bedarf den neuesten Erkenntnissen angepasst. Doch hängt die Schneelast auch vom Standort des Gebäudes und der Geländehöhe ab, was in einem "Nationalen Anhang" festgehalten ist. Während in München neuere Hausdächer etwa 110 Kilogramm Schnee pro Quadratmeter tragen, könnten es bei älteren nur 75 Kilogramm sein. In schneereicheren Gegenden im Voralpenland liegen die Grenzen höher, die Dächer müssen so konstruiert sein, dass sie mehr aushalten.

Angegeben wird die Schneelast in Kilonewton pro Quadratmeter (kN/m²). Eine zulässige Schneelast von 1 kN/m² würde also bedeuten, dass 100 Kilo Schnee, bezogen auf einen Quadratmeter Grundrissfläche, erlaubt sind. Entnommen werden kann die zulässige Schneelast dem "Standsicherheitsnachweis" oder bei der unteren Bauaufsichtsbehörde erfragt werden.

Maßgeblich ist nicht allein die Schneehöhe, sondern das Gewicht, und das kann je nach Beschaffenheit des Niederschlags sehr unterschiedlich ausfallen. Zehn Zentimeter Pulverschnee wiegen nur etwa zehn Kilogramm pro Quadratmeter, während die gleiche Höhe an Nassschnee es leicht auf das Vierfache bringen kann und eine zehn Zentimeter dicke Eisschicht gar bis zu 90 Kilogramm pro Quadratmeter schwer sein kann. Um die Schneelast auf dem Dach zu ermitteln, ist laut Innenministerium also das tatsächliche Schneegewicht zu bestimmen.

Allerdings sollte man dies im Zweifel Fachleuten überlassen, etwa Ingenieurs- oder Architektenbüros. Vor allem bei geneigten Dächern ist die Berechnung kompliziert. Hausbesitzer, die das Gewicht grob bestimmen wollen, können ein Schneequadrat vom Dach ausstechen und wiegen. Ungesichert sollte man aber auf keinen Fall hinaufsteigen. Das gilt auch für die mögliche Räumung. Falls nicht klar ist, ob das Dach für ein Betreten überhaupt geeignet ist, sollte ein Fachmann hinzugezogen werden. Die Baubehörde rät dazu, bei hohen Schneelasten nicht erst eine Seite des Daches komplett zu räumen, sondern abschnittsweise abwechselnd vorzugehen und auf von Schnee überdeckte Einbauten und Fenster zu achten, die nicht betreten werden dürfen.

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Quelle:
SZ vom 11.01.2019
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