Seit sieben Jahrzehnten haben Jugendliche hier ihre Ferien genossen, doch wenn sich kein neuer Geldgeber findet, steht das Walchensee-Camp vor dem Aus. Der Landkreis München hatte die Anlage bei Kochel am See vor drei Jahren übernommen, um sie zu sanieren – dazu ist es bislang jedoch nicht gekommen. Der Kreisausschuss beschloss jetzt, den 2022 mit dem Walchenseeverein geschlossenen Unterpachtvertrag zum Jahresende auslaufen lassen. Aufgrund der angespannten Haushaltslage sprachen sich außer den Kreisräten der Grünen alle Ausschussmitglieder nach monatelanger Hängepartie dafür aus, für dieses Projekt kein Geld vorzuhalten.
So ganz will Landrat Christoph Göbel (CSU) die Flinte jedoch nicht ins Korn werfen: Er deutete in der Sitzung an, dass es eventuell einen Investor geben könnte, der die notwendigen Sanierungen gegenfinanziert. Auf Nachfrage erläutert der Landrat, dass es hierzu bereits „sehr konkrete Gespräche mit einem jungen Unternehmer aus dem Landkreis München“ gebe und er zudem „noch einen weiteren im Blick“ habe. Trotz des gefassten Beschlusses lehnt sich Göbel weit aus dem Fenster: „Das Walchensee-Camp ist noch nicht Geschichte.“
Klar ist zumindest, dass der Landkreis München die fast acht Millionen Euro teure Komplettsanierung definitiv nicht allein stemmen wird. Landrat Göbel sieht auch die anderen Player, die mit der Einrichtung im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen in Verbindung stehen, in der Pflicht – also die Bayerischen Staatsforsten als Eigentümer des Geländes und den Bezirk Oberbayern beziehungsweise dessen Bezirksjugendring (BJR), der nach dem Ausstieg des Landkreises München die Trägerschaft des Camps übernehmen müsste für den Fall, dass sich der aktuelle Pächter Walchenseeverein auflöst oder Insolvenz anmelden müsste.
„Der Freistaat denkt sich immer, wenn wir als Landkreis München involviert sind, dass wir doch genügend Geld haben, um solche Lasten zu übernehmen, aber das geht in diesen steuerschwachen Zeiten eben nicht“, sagt Göbel. Er sei froh, dass der Kreisausschuss hier ein klares Votum abgegeben habe. „Hätten wir den Unterpachtvertrag verlängert, wären wir automatisch der Kostenträger und hätten den Schwarzen Peter.“ Er hofft nun auf eine Lösung, zu der alle Beteiligten beitragen. „Nehmen wir an, die Staatsforsten würden eine Sanierung bezuschussen, dazu käme womöglich vom Bezirksjugendring ein weiterer Zuschuss von 30 Prozent, dann könnte es sein, dass wir als Landkreis nur 500 000 bis eine Million Euro reinstecken müssten und nicht 7,8 Millionen.“

Jugendcamp am Walchensee:Das Ferienparadies ist marode
Seit den Fünfzigerjahren haben Generationen von Jugendlichen einen Teil des Sommers im Walchensee-Camp verbracht. Der Landkreis München hat die Anlage vor zwei Jahren gepachtet, um sie zu sanieren. Doch das wird teuer.
Vor allem die Grünen sind weiterhin stark daran interessiert, dass das beliebte Ferienlager mit den elf kleinen Holzhäusern sowie dem großen Haupthaus mit Bädern und der Großküche bestehen bleibt. Susanna Tausendfreund, Co-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, hatte vor der Abstimmung noch einmal eindringlich auf die Bedeutung der Einrichtung für die Aktivitäten des Kreisjugendrings hingewiesen und betont, dass „ein Erhalt des Camps besser“ wäre. Immerhin kommen Jahr für Jahr in den Sommermonaten 20 Jugendgruppen in das Camp, davon die Hälfte aus dem Landkreis München.
Tausendfreunds Fraktion hätte deshalb wohl auch der Minimallösung zugestimmt, nämlich den Unterpachtvertrag zu verlängern und für notdürftige Reparaturen 300 000 Euro in den Haushalt einzustellen. Für Göbel war das jedoch keine Option: „Da wurde seit Jahrzehnten nichts angerührt, mit einem solchen Betrag hätten wir bestimmt den Zustand nicht einmal ansatzweise verbessern können.“
Die Grünen wollen im Landtag mit einem weiteren Antrag Druck machen
Die Grünen-Landtagsabgeordnete Claudia Köhler aus Unterhaching ist über die Untätigkeit des Freistaats spürbar verärgert: „Das Gelände gehört nun einmal den Staatsforsten, da kann man sich nicht einfach ruhig halten und gar nichts tun.“ Zumal die Landtagsfraktion der Grünen im Herbst einen Antrag auf den Erhalt des Walchensee-Camps eingebracht hatte, der im Wirtschaftsausschuss behandelt wurde.
Der Antrag wurde dort von den Regierungsparteien CSU und Freie Wähler abgelehnt. Wie aus dem Protokoll der Ausschusssitzung vom 10. Oktober hervorgeht, begründete die CSU-Abgeordnete Jenny Schack die Entscheidung damit, dass die Staatsforsten ohnehin „intensiv nach einer Möglichkeit suchten, wie das Camp weiterbetrieben werden könne“. Roland Beck, Ministerialrat im von den Freien Wählern geführten Wirtschaftsministerium, stellte in jener Sitzung des Wirtschaftsausschusses im Landtag jedoch klar, dass die Staatsforsten zwar Eigentümer des Geländes, nicht jedoch der Anlage seien, sich deshalb auch nicht finanziell an einer Sanierung beteiligen könnten. Das sei mit dem Staatsforstengesetz nicht vereinbar.
Für Claudia Köhler ist das nicht hinnehmbar: „In den Sonntagsreden wird immer betont, wie schlecht es der Jugend seit Corona geht und dass alles ganz furchtbar ist. Und wenn es um die Förderung einer Begegnungsstätte geht, dann ducken sich alle weg.“ Deshalb werde sie gemeinsam mit ihrem Abgeordnetenkollegen Markus Büchler aus Oberschleißheim einen neuen Antrag zum Erhalt des Camps formulieren und diesen in der kommenden Woche einbringen, wenn der Nachtragshaushalt der Staatsregierung im Landtag behandelt wird.