Süddeutsche Zeitung

Wahlkampf in Unterhaching:Plakatflut im Quadrat

Beschränkung auf Stellwände scheitert in Unterhaching an Gleichheitsgrundsätzen

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Die Gemeinde Unterhaching hat unlängst erst ihre Plakatierungsverordnung geändert. Von 1. August an sind nur noch Aushänge aus recycelbaren Materialien und nachwachsenden Rohstoffen wie Pappkarton zu erlauben. Das ist gut für die Umwelt, wird aber nicht die Flut an Plakaten entlang den Straßen eindämmen. Vor der Kommunalwahl im März 2020 wollte die FDP daher ausschließlich Plakatwände zulassen. Die Verwaltung äußerte jedoch rechtliche Bedenken gegen eine solche Vorgabe und der Gemeinderat lehnte den Antrag mit 17 zu 13 Stimmen ab.

Ordnungsamtschef Wolfgang Ziolkowski war tief in die Materie Plakatwände eingestiegen, um dem Gremium detailreich zu erläutern, warum Wahlwerbung in Unterhaching so nicht funktionieren kann. Grundsätzlich sei es schon möglich, zum Schutz des Orts- und Landschaftsbilds nurmehr zentrale Aufstellungsorte zur Verfügung zu stellen, sagte er. Nur sei dann eben der "Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit" oberstes Gebot. Das heißt: Der kleinsten Partei oder Wählergruppe muss mindestens fünf Prozent der Gesamtfläche zur Verfügung gestellt werden, der größten das Vier- bis Fünffache. Diese Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichts sei nicht die einzige Hürde. Auch müsse es jedem Bürger ermöglicht werden, in seiner direkten Umgebung entsprechend Wahlwerbung zu sichten, führte Ziolkowski weiter aus. In jedem Stimmbezirk müsse eine Stellfläche bereitgestellt werden.

Für Unterhaching würde dies 18 Stellwände bedeuten. Die kleinsten und neu antretenden Parteien dürften dort jeweils ein Plakat kleben. Um die Vorschriften einzuhalten, müssten laut der Rechnung der Rathausverwaltung 360 Plakate aufgehängt werden. Bei 18 Standorten käme man auf 20 Plakate im DIN-A1-Format. Würde man Vorder- und Rückseite der Wände bekleben, müssten diese 1,68 Meter hoch und 2,97 Meter breit sein. Treten wie bei der Kommunalwahl 2014 wieder sieben Parteien an, dürften CSU und SPD je 72 Plakate aufhängen, die Grüne 54, die FDP 36 und die kleinen und neuen Parteien je 18.

Nun bezweifelt die Verwaltung allerdings, dass es in Unterhaching genügend öffentliche Stellen gibt, um solche Wände aufzustellen. Schließlich müsse ja auch die Sicherheit des Verkehrs weiterhin gewährleistet werden. "Wir sehen das sehr kritisch", sagte Ordnungsamtschef Ziolkowski, der auch auf den höheren Verwaltungs- und Kontrollaufwand hinwies. "Sollen alle abgegeben und im Bauhof geklebt werden?", fragte er das Gremium. Er befürchtet, dass es Ärger geben würde, wenn die Parteien selbst die Plakate anbrächten und diese dann an der falschen Stelle hingen.

Die FDP wunderte sich über die ausführlichen Erläuterungen, warum ihre Forderung nicht umgesetzt werden könne. Ihr Gemeinderat Florian Riegel verwies auf andere Gemeinden wie Aschheim, Kirchheim, Taufkirchen und Oberhaching, wo es eine solche Regelung gebe. "Sie hätten ja auch einfach mal die Kollegen in den Rathäusern anrufen können", kritisierte er den Ordnungsamtschef. "Warum sollte das in Unterhaching nicht gehen, was anderswo klappt", sagte Riegel. Christine Helming von den Grünen sieht das genauso: "Wie kann man sich mit einer Vorlage so viel Mühe machen, um etwas abzulehnen", sagte die Dritte Bürgermeisterin. Sie kündigte dem Ordnungsamt an: "Wenn im Wahlkampf die Straßen wieder voller Plakate sind, werde ich Sie immer wieder anrufen."

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Quelle:
SZ vom 23.07.2019
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