Wahlkampf:Auf ein Alkoholfreies mit Parteifreunden

Unterhaching, Gaststätte Althaching, Bela Bach beim SPD-Stammtisch,

Bei ihren Biergartenbesuchen trifft Bela Bach (links mit Bürgermeister Wolfgang Panzer und der SPD-Ortsvorsitzenden Sabine Schmierl in Unterhaching) selten auf unentschlossene Wähler.

(Foto: Angelika Bardehle)

Die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs fällt heuer in die bayerischen Sommerferien. Die Kandidaten im Landkreis setzten deshalb auf Radtouren und Treffen im Biergarten - mit wechselndem Erfolg.

Von Iris Hilberth

Sommer, Sonne, Wahlkampf. Für die bayerischen Kandidaten, die Ende September einen Sitz im Bundestag ergattern wollen, fällt die längste Zeit des Buhlens um des Wählers Gunst ausgerechnet in die Ferienzeit. Denn wenn die Schule in den südlichen Bundesländern wieder anfängt, bleiben den Bewerbern um ein Mandat in Berlin gerade noch zwei Wochen, um die eigenen Leute zu mobilisieren und die anderen zu überzeugen. Dass man in einer Zeit, in der viele im Urlaub sind und die anderen wenigstens nach Feierabend den August genießen wollen, nicht mit schweren poltischen Themen in die Hinterzimmer der Wirtshäuser locken kann, um dort das Wahlprogramm der Partei zu erläutern, ist den meisten klar. Daher versuchen die Kandidaten derzeit, die Menschen dort zu treffen, wo sie sich für gewöhnlich im Sommer aufhalten: im Biergarten, im Schwimmbad, in der Eisdiele oder auf dem Fahrrad.

So erläutern sie ihre Vorstellung einer besseren Flüchtlingspolitik bei Bier und Wurstsalat, schlecken Vanilleeis, während sie Fragen über den Schuldenabbau beantworten und demonstrieren bei Radtouren mit dem potenziellen Wähler, wie ernst es ihnen mit der Energiewende ist. Manch einer will gar in Oberbayern ganz hinaufkraxeln, um die Ambitionen auf einen Spitzenplatz zu verdeutlichen. Bela Bach, die SPD-Kandidatin im Landkreis München, hatte eine Besteigung der Zugspitze geplant, die wegen schlechten Wetters aber noch einmal verschoben werden musste. Jimmy Schulz, der hofft, mit der FDP wieder in den Bundestag einzuziehen, will auf den Watzmann. Wie viele Stimmen sie da oben klar machen können, lässt sich vermutlich an einer Hand abzählen. Als Symbolik und vielleicht auch zum Sammeln von Sympathiepunkte könnte die Aktion trotzdem taugen. "Alles geben auf den letzten Metern. Wir wollen an die Spitze", wirbt Bela Bach.

Tatsächlich auf Wähler zu treffen, erhoffen sich die Kandidaten an den Biertischen unter freiem Himmel. Das funktioniert manchmal gut, manchmal bleibt man mit den Parteifreunden unter sich. Überrascht war Bach etwa, als sich in Gräfelfing 70 junge Menschen zu ihrer Veranstaltung "Pizza und Politik" auf der Terrasse des "Bella Theranda" einfanden. Klar, Bach ist selbst erst 26, und das Würmtal für sie ein Heimspiel. "Aber mit einem solchen Zulauf hätte ich nie gerechnet", sagt die Kandidatin, die mitunter ihre Pizza schon mit einer Handvoll politisch interessierter Leute aß. Vielleicht, meint Bach, habe es ja geholfen, die Jungwähler persönlich mit einem Brief einzuladen. In Zeiten, in denen alles per E-Mail und Whatsapp verschickt werde, falle ein Schreiben im Briefkasten auf. Beeindruckt habe sie vor allem auch "der respektvolle Umgang" miteinander. "Der Austausch hat gezeigt, dass hier interessierte Demokraten die Zukunft unseres Landes mitgestalten wollen", sagt sie.

Es geht darum, die eigenen Leute zu motivieren

Bei Bachs Start der Biergartentour in Unterhaching blieb der Zulauf hingegen recht übersichtlich. Gut, es war ein Montag und am Himmel zogen bereits dunkle Wolken auf, als die örtliche SPD ihren kleinen roten Stammtischwimpel aufstellte. Doch war dieses Symbol auch das einzige, was darauf hindeutete, wer hier zusammenkam. Keine großen Reden, keine SPD-Fahnen. Noch nicht einmal rote T-Shirts. Bela Bach will mit der Aktion vor allem die eigenen Leute mobilisieren. So saß sie mit den Genossen beim alkoholfreien Bier, und wer wollte, konnte mit ihr plaudern oder diskutieren. Wer sich lieber schriftlich äußert, hatte die Möglichkeit, auf den ausliegenden Karten Fragen zu beantworten wie: "Worüber ärgern Sie sich regelmäßig in der Politik?" Und: "Was muss die SPD tun, damit Sie sie (weiterhin) wählen?"

Wesentlich auffälliger sind die Biergarten-Auftritte des CSU-Kandidaten Florian Hahn. Die CSU-Fähnchen und die blauen Shirts mit der Aufschrift: "Klar für unser Land" fielen schon am Eingang des "Flugwerks" in Feldkirchen auf. Zwar saßen auch hier überwiegend die eigenen Anhänger an den Biertischen, wie Hahn zugab, doch sei er zufrieden wenn jeweils 30 bis 40 Leute kämen. "Die Stimmung ist supergut, schließlich sind auch die Umfragen gut", sagte er. Bevor er an den Tischen das persönliche Gespräch suchte, galoppierte er in einer halbstündigen Ansprache durch die Themenfelder des Wahlprogramms, redete viel über Sicherheit und Verteidigung, versprach Nachbesserungen bei der Mütterrente und die Abschaffung des Solis. Hahn weiß: "Wichtig ist bei solchen Auftritten, so laut zu reden, dass die, die es hören wollen, auch verstehen, und die anderen sich nicht gestört fühlen."

In den Biergarten zieht es jetzt auch FDP-Kandidat Jimmy Schulz. Nach dem "Feuerwerk an Veranstaltungen" im Juli, sagt er, als die FDP mit Ex-Ministern und digitalen Themen tatsächlich die Säle voll bekam. "Manchmal waren mehr als 100 Interessierte da", berichtet Schulz, und viele hätte er gar nicht gekannt. "Da kann man nicht mehr von reinen Familientreffen sprechen." Er merke schon, dass er mittlerweile das "Internetgesicht der Partei" sei, sagt Schulz, er habe jetzt schon so viele Terminanfragen wie 2009 und 2013 zusammen.

Wahlkampf: Florian Hahn (Mitte) in Aying.

Florian Hahn (Mitte) in Aying.

(Foto: Claus Schunk)

Einen größeren Bekanntheitsgrad als noch vor vier Jahren hat auch der Grüne Toni Hofreiter durch seinen Fraktionsvorsitz im Bundestag. Der Kreissprecher der Partei, Volker Leib, berichtet von mehr als hundert Teilnehmern an Hofreiter-Veranstaltungen vor den Ferien. In der "Grünen Woche" sind Hofreiter, Claudia Roth und die Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Katharina Schulze, durch den Landkreis getourt. Jetzt ist Hofreiter zunächst einmal in ganz Deutschland unterwegs, erst im September zeigt er sich wieder im Landkreis.

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