München:Korruptionsaffäre erreicht Spitze des Baureferats

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Leitende Mitarbeiter der Stadtentwässerung sollen Untergebene zu Straftaten angestiftet haben. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen sie.

Christian Rost

Die Korruptionsaffäre im Baureferat erreicht die Chefetage. Nach SZ-Informationen ermittelt die Staatsanwaltschaft nun auch gegen leitende Mitarbeiter der Stadtentwässerung. Der Vorwurf gegen die Vorgesetzten in der Kanalbauabteilung lautet auf "Verleitung von Untergebenen zu einer Straftat". Neun Baukontrollmeister mussten sich bereits wegen Bestechlichkeit verantworten. Sie hatten für mehrere Bauunternehmen, deren Arbeiten sie kontrollieren sollten, Kanalbaupläne gezeichnet und waren dafür mit jeweils mehreren tausend Euro entlohnt worden. Dabei ging es auch um große Projekte wie die BMW-Welt oder das Sea-Life im Olympiapark. Mehrere Verantwortliche der Baufirmen werden unterdessen der Bestechung beschuldigt.

Die Korruptionsaffäre im Baureferat erreicht die Chefetage. Jetzt ermittelt auch die Staatsanwaltschaft gegen sie.  (Foto: ddp)

Die Münchner Staatsanwaltschaft ließ im Zuge der Korruptionsaffäre im Juli 2009 und erneut am 7. September dieses Jahres das Baureferat durchsuchen (wie berichtet). Die zweite Razzia richtete sich gezielt gegen die Chefs der Kanalbauabteilung. Sie sollen die illegalen Nebentätigkeiten ihrer Mitarbeiter nicht nur toleriert, sondern sie sogar dazu ermuntert haben.

In einem Prozess vor dem Amtsgericht - ein Bauleiter muss sich derzeit wegen Bestechung verantworten - kamen die Vorwürfe am Donnerstag zur Sprache. In der Hauptverhandlung wurde die Aussage eines korrupten Baukontrollmeisters zitiert: "Bei meiner Einstellung im Baureferat 1998 war ich verwundert über das niedrige Gehalt. Der Chef hat mir dann eine Nebentätigkeit empfohlen - die Planzeichnungen." Jeder in seiner Abteilung habe das gemacht. "Unser Chef hat das gutgeheißen, weil die Pläne, die ja wieder bei uns zur Genehmigung eingereicht wurden, dann in Ordnung waren." Die Aussagen stammen von Harald T. Der 51-Jährige ist wegen Bestechlichkeit rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Die Stadt hat ihn gefeuert.

Nach einer Anti-Korruptionsrichtlinie der Stadt waren schon die Nebentätigkeiten illegal. Darüber hinaus gibt es nun konkrete Hinweise, dass die Baukontrolleure nicht nur für die Pläne bezahlt, sondern auch für ein gewogenes Verhalten bei der Bauabnahme geschmiert wurden. Der ehemalige Kontrolleur Hans F. berichtete am Donnerstag als Zeuge vor Gericht von Auffälligkeiten bei "mindestens zwei" Bauvorhaben. "Da gab es Baustellen, die wegen diverser Mängel drei Jahre lang nicht abgenommen werden konnten."

Wenn in der Urlaubszeit einer seiner korrupten Kollegen bei den problematischen Baustellen vertretungsweise einsprang, ging es schnell: "Die Genehmigung war in nur zwei Wochen durch", so F. Er habe auch beobachtet, dass ein Kollege in seinem Büro Geld von einer Baufirma bekommen und eingesteckt habe.

© SZ vom 12.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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