Süddeutsche Zeitung

Vorgeschichte:Neues aus der Eisenzeit

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Archäologen haben vor zwei Jahren in Kirchheim Spuren einer frühen Besiedlung entdeckt. Nun sind die Reste weiterer Gebäude aufgetaucht.

Von Anna-Maria Salmen, Kirchheim

Bereits vor über 2000 Jahren scheint das Gebiet des heutigen Kirchheim ein guter Ort zum Leben gewesen zu sein: Immer wieder fördern Archäologen Spuren vorgeschichtlicher Siedlungen zutage, wenn sie die Erde vor Beginn größerer Bauarbeiten auf verborgene Schätze untersuchen. So wurden etwa im Sommer 2019 auf dem Areal, auf dem aktuell das neue Gymnasium entsteht, Hinweise auf eine große Siedlung der Latènezeit gefunden, eine Epoche der jüngeren Eisenzeit. Nun laufen die Ausgrabungen auf dem Gelände der Landesgartenschau 2024.

Bislang entdeckten die Archäologen zwar keinen spektakulären Einzelfund, wie es in einer Pressemitteilung der Kirchheim 2024 GmbH heißt. Auch insgesamt sei die Befunddichte in den Bereichen, in denen der Parksee und die Wiesensphäre geplant sind, eher gering. Dennoch gibt es Hinweise, dass in dem Gebiet in vorgeschichtlichen Zeiten Menschen siedelten.

Dunkle Flecken in der Erde zeigen die Stellen, an denen Pfosten in den Boden gerammt worden sind, etwa zum Stützen von Häusern. Archäologen können so beispielsweise Rückschlüsse auf Grundrisse von Gebäuden ziehen. Derartige Funde auf den Feldern zwischen Kirchheim und Heimstetten deuten auf eine Randbebauung der Siedlung unter der Baustelle für das neue Gymnasium hin: Drei Hausgrundrisse sind laut den Archäologen deutlich erkennbar.

Im Südwesten der Baustelle entdeckten die Fachleute ein abgegrenztes Areal: In vorgeschichtlichen Zeiten stand dort wohl ein hundert Quadratmeter großes Gebäude, das durch einen Zaun und mehrere kleine Gräben von der restlichen Siedlung abgetrennt war. Die Gruben, in denen die Stützpfeiler des Hauses steckten, waren tief in den Boden eingegraben - möglicherweise ein Hinweis darauf, dass das Gebäude zweistöckig war und daher stabilere Pfosten benötigte. Genau datieren lässt sich der Fund nach Aussage der Archäologen allerdings noch nicht.

Die Siedlung bestand wohl über längere Zeit

Am nördlichen Ende der geplanten Wiesensphäre, unmittelbar südlich des kleinen Wäldchens, fanden die Archäologen zwei sich überschneidende Hausgrundrisse, umgrenzt von einer Reihe Zaunpfosten. Dort zeigt sich, dass die Siedlung wohl über einen längeren Zeitraum Bestand hatte: Die überlappenden Grundrisse deuten darauf hin, dass ein Gebäude erneuert werden musste. Auch dort wurden die Stützpfosten besonders tief in die Erde eingegraben - das Haus könnte also ebenfalls zweistöckig gewesen sein.

Denkbar wäre auch, dass es sich um einen Getreidespeicher handelte. Derartige Gebäude wurden nach Angaben der Archäologen früher häufig auf einer erhöhten Plattform errichtet, um das Getreide vor Schädlingsbefall zu schützen. Die Stützpfosten mussten mächtig sein, um das große Gewicht der Vorräte tragen zu können. Der Zaun, auf den die das Gebäude umgebenden Pfostengruben hindeuten, könnte demnach zur Zugangskontrolle gebaut worden sein.

Wie sind die aktuellen Funde auf dem Landesgartenschaugelände einzuordnen? Viele Fragen bleiben offen, die Arbeit geht für die Archäologen daher nun am Schreibtisch weiter. "Für die zukünftige Auswertung der archäologischen Funde und Befunde rund um Gymnasium und Wiesenpark wird das Verhältnis dieser beiden Areale zur Siedlung unter der Gymnasiumsbaustelle von zentralem Interesse sein", erläutert Gemeindearchäologin Jennifer Bagley. Unter anderem gilt es, zu klären, ob alle Gebäude gleichzeitig bestanden haben und wie die einzelnen Bereiche zu interpretieren sind.

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Quelle:
SZ vom 20.08.2021
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