Vom Land in den Mund:Apfel und Birne im Fass

Ismaning, Schnapsbrennerei auf dem Holzer Hof, Adolf Sieber

Das Ergebnis beim Brennen kann sich sehen lassen.

(Foto: Angelika Bardehle)

Auf dem Holzerhof verkauft Adolf Sieber nicht nur selbst angebautes Obst und Gemüse, sondern auch eigene Brände. Gerade baut er eine größere Brennerei

Von Antonia Hofmann, Ismaning

Im hinteren Teil des großen Hofladens ist es warm, es duftet nach Apfelsaft, der Geruch sticht leicht in der Nase. Adolf Sieber steht vor einer großen kupfernen Destillerie, er muss sich beeilen. Aus einem kleinen Hahn rechts unten läuft eine klare Flüssigkeit, der zunächst 80-prozentige Alkohol wird Vorlauf genannt. Mit den Fingerspitzen probieren der 58-Jährige und seine Frau den Apfelbrand, um den Übergang zum Mittellauf genau zu bestimmen und ihn ganz aufzufangen. Denn dieser, sagt der Obstbauer aus Ismaning, "ist das Filetstück".

Gemeinsam mit seiner Frau und seinen Kindern führt Sieber seit Jahren den Holzerhof, unzählige Sorten Gemüse, Äpfel, Birnen oder Kirschen baut er auf seinen zwei Hektar Land an. Sieber darf im Jahr bis zu 300 Liter Schnaps brennen, das Brennrecht kaufte er vor rund sieben Jahren einem Bauern vom Bodensee ab - aus pragmatischen Gründen.

Die Arbeit beginnt auf dem Feld

"Das gehört zum Obstbau dazu", sagt Sieber. "Aus den aussortierten Früchten macht man Saft oder eben Schnaps." Der wichtigste Teil der Arbeit, so sagt Sieber, beginne dabei bereits auf dem Feld. Das Obst müsse schön reif sein, richtig süß schmecke es nur dann, wenn es den Sommer über viel Sonne abbekommen habe. Eine Maschine zerkleinert die Ernte, mit Hefe versetzt gärt das Kompott anschließend zwischen 18 Tagen und mehreren Monaten.

Heute ist der Boskoop dran. Der letzte Brand vor September, dann hat Sieber die 300 Liter aufgebraucht. Ein Durchlauf in der Brennerei dauert etwa zwei Stunden. 140 Liter Maische schöpft Sieber zu Beginn durch eine große runde Öffnung in die Brennblase, eine Art "überdimensionierten Dampftopf". Dort verdampft der Alkohol bei 100 Grad Celsius und gelangt über Helm und Geistrohr in die Kolonne.

Nur der reine Alkohol schafft es weiter in die Kühlung, wo er am Ende in flüssiger Form herausläuft. Der Rest kondensiert noch in der Kolonne, durch kleine Glasluken sieht man in ihr Inneres, wo die Flüssigkeit über drei Böden herabtropft, um am Ende über ein schmales Rohr in die Brennblase zurückgeleitet zu werden und die ganze Prozedur noch einmal zu durchlaufen.

Der Vorlauf könne später als Reinigungsmittel verwendet werden, sagt Sieber. "Manche Leute reiben sich damit auch bei Erkältung die Haut ein." Der Nachlauf, der ganz am Ende nur noch rund zehn Prozent Alkohol enthält, wird gesammelt und noch einmal gebrannt. Beim Schnapsbrennen gehe es darum, möglichst alles zu verwerten, sagt Sieber.

Jeder Schnaps muss erst einmal lagern

Aus den anfänglich 140 Litern Maische bekommt er am Ende nur fünf Liter Mittellauf, also trinkbaren Schnaps, heraus. Ein Alkoholmeter zeigt jetzt zwischen 60 und 70 Prozent. Das Destillat fließt in eine große Glaskaraffe. Damit die unangenehmen Nuancen verschwinden, muss jeder Schnaps erst einmal lagern: Kernobst ein Jahr, Steinobst ein halbes Jahr länger.

Der erste Brand ist jedes Jahr die Kirsche im Spätsommer, Hochbetrieb in der Brennanlage aber herrscht im Januar und Februar, wenn die Maische aller Früchte einige Zeit lagern konnte. Die Tage sind dann lang, "es wird von 7 bis 20 Uhr gebrannt". Abends hat Sieber zu dieser Zeit immer Kopfweh, sagt er. Ein Fenster dürfe er aufgrund der strengen Reglementierung in den kleinen Raum nicht einbauen, so könnte man heimlich etwas nach draußen reichen. Die Regeln für Schnapsbrenner sind strikt.

Jeden Brand muss Sieber im Voraus beim Hauptzollamt in Stuttgart anmelden. Er zeigt ein Formular, auf dem er fein säuberlich alle Mengen notiert hat. Die Angaben dürfen später nicht überschritten werden, die Fässer sind geeicht. Erst wenn die Genehmigung da ist, kann es losgehen.

Ohne Genehmigung kann er seinen Hof verlieren

Wenn er ohne Genehmigung brenne, könne er seinen Hof verlieren, werde ihm immer gesagt. Sieber besitzt eine Abfindungsbrennerei. Das heißt, er muss bereits im Voraus die Steuer für den jeweiligen Brand bezahlen. Damit geht der Obstbauer ein gewisses Risiko ein, denn niemand kann ihm vorher sagen, wie viel bei den einzelnen Brennvorgängen am Ende herauskommt.

In den Regalen des Hofladens reihen sich unzählige schmale Fläschchen mit Schnaps, Likören und verschiedenen Sorten Geist, manche dürfen auch probiert werden. "Am beliebtesten ist der Williamsbrand Faßgelagert", sagt Sieber und deutet auf einen gelblichen Birnenschnaps.

Der Alkohol ist nach dem Obstverkauf Siebers zweites Standbein, zu den Kunden gehörten vor allem junge Stammkunden. Was den Schnaps anginge, beobachte er eine leicht steigende Tendenz. "Es ist nicht der große Hype, aber ich bin zufrieden", sagt Sieber.

Das Brennen ist auch eine Show

Die Kunden dürfen beim Brennen zuschauen, der kleine Raum der Destillerie ist nur durch große Glasfenster vom Rest des Hofladens getrennt. "Das ist unser großer Vorteil zum Discounter", sagt Sieber. Dass die Kunden bei ihm sehen würden, wie der Prozess abläuft. "Die Show", sagt er und deutet auf die glänzende Kupferanlage, sei die wichtigste Voraussetzung für den Verkauf. "Wenn der Kunde das alles sieht, versteht er auch, dass ein guter Schnaps schon mal 20 Euro kostet."

Momentan bauen die Siebers auf dem hinteren Teil ihres Hofes eine zweite, viel größere Brennerei. Diesmal soll es allerdings eine gewerbliche werden, dann könne uneingeschränkt produziert werden. Dort würde dann auch Whiskey gebrannt, außerdem sollen größere Gruppen zur Verkostung und Führung kommen können. Er selbst jedenfalls, sagt Sieber, trinke nicht besonders viel Schnaps, lieber Bier.

Anfahrt: Mit dem Auto über die B 471 oder die Münchner Straße oder mit dem Bus 231 Richtung Ismaning, Haltestelle Moarstraße. Geöffnet ist der Hofladen Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 8.30 bis 12.30 Uhr und 14 bis 18.30 Uhr, Mittwoch von 8.30 bis 12.30 Uhr, Samstag von 8.30 bis 13.30 Uhr. Kontakt: Holzerhof, Münchner Straße 70, Ismaning, 089/96 64 02, www.holzerhof.eu

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: