Die Spiegel-Bestseller-Liste in mehreren Variationen hängt genau gegenüber von Verena Schörners Schreibtisch, und eine bessere Motivation als die orangefarben umrandete Auflistung von Sachbuchtiteln kann es wohl kaum geben für die Neu-Verlegerin. Denn zwei der Bücher, die sie gemeinsam mit ihrer Partnerin Julia Loschelder im Frühjahr 2017 herausgebracht hat, standen beziehungsweise stehen darauf. "Im Schwarzen Loch ist der Teufel los" von dem Astronauten Ulrich Walter wurde über 35 000 Mal verkauft. "Die Menschheit schafft sich ab" von Harald und Lesch und Klaus Kamphausen hält sich seit fast einem Jahr auf der Hitliste. Es wurde mittlerweile 70 000 Mal verkauft.
Wenn das kein gutes Ergebnis ist für den ersten "Versuch" der beiden jungen Frauen. Seit einem halben Jahr sind sie dabei, den Komplett-Media-Verlag in Grünwald zu übernehmen - in einem dreijährigen Prozess, wie sie beim Treffen im Garten des Verlagssitzes in der Robert-Koch-Straße 38 erklären. Die schöne Villa in einem mit Absicht ein wenig verwilderten Garten gehört Komplett-Media-Gründer Herbert Lenz. Sie beherbergt allein den Verlag - die Büros von Lenz, Schörner und Loschelder sowie ihrer drei Mitarbeiter, außerdem in vielen Zimmern und im Keller Regale voller Bücher. Und voller DVDs und Masterbänder der etwa 1000 Filme, die der Verlag in den vergangenen 30 Jahren, herausgebracht hat.
Filme aber sind kein Geschäft mehr, wie Herbert Lenz sagt. Der Grund: die Streaming-Portale. Fast niemand kauft mehr eine DVD, auch nicht die mehr als 50 wunderschönen Reisedokumentationen, die Lenz zum großen Teil selbst gedreht und geschnitten hat. Mit den Reisedokumentationen hat Lenz begonnen, damals noch in einer Zwei-Zimmer-Wohnung im Münchner Lehel, bevor der Verlag vor 28 Jahren in die Villa in Grünwald zog. So gut wie alle Länder der Welt haben er und seine Mitarbeiter bereist, oft mehrmals, um die Filme zu aktualisieren. Nur der Iran beispielsweise kommt nicht vor, dort bekommt man keine Drehgenehmigungen.
Die Regale sind noch voller Filme
Lange waren diese Filme auch heiß begehrt, auch heute werden noch welche bei Amazon bestellt, das möchten Lenz und seine beiden "Damen", wie er sie gerne nennt, betonen. Aber das ganz große Geschäft ist es eben nicht mehr, daher werden keine neuen Filme mehr produziert. Die existierenden aber werden natürlich noch so gut wie möglich verkauft. Viele davon liegen in den Regalen in der Villa. Die Filme werden auch heute noch eigenhändig verpackt und weggeschickt.
Im Programm vom Herbst 2017 aber steht kein einziger Film mehr. Das neue Medium, dem sich die jungen Verlegerinnen jetzt widmen - Schörner ist 36, Loschelder 35 - ist das Buch. Das von manchen totgesagte, gedruckte Buch. Und dieses neue Medium verlangt auch neue Strukturen. "Bei Büchern gibt es den Fachhandel", sagt Verena Schörner. Daher hat Komplett-Media inzwischen eine Verlagsauslieferung beauftragt und sich der Aurora-Vertriebskooperation angeschlossen. Bücherkisten selbst verpacken gehört damit nicht zu Schörners und Loschelders Tätigkeiten, stattdessen können sie all ihre Energie in neue Ideen stecken und neue, spannende Autoren entdecken. Einer davon heißt Herbert Lenz.
Verlagsgründer Lenz ist jetzt Autor
Der 69-jährige Gründer, der sich aufgrund seines Alters entschlossen hat, den Verlag bis Ende 2019 an Schörner und Loschelder zu übergeben - ist schon im Herbstprogramm seines ehemaligen Verlages als Autor vertreten: "Zur Hölle mit uns Menschen" heißt das Buch und der Untertitel der "Streitschrift" macht ebenso neugierig: "Warum wir mehr Verbote und ein neues Denken brauchen".
Wer weiß, vielleicht wird dieses Buch der neue Bestseller des Verlags. Doch es gibt noch mehr Kandidaten. So hat Ulrich Walter "unterhaltsame Einblicke in das Leben eines Astronauten" geschrieben, wie es im Programm heißt. Titel: "Höllenritt durch Raum und Zeit". Auch Harald Lesch ist wieder dabei, diesmal mit dem Buch "Kosmo Logisch", in dem er den Anfang des Universums und der Welt einfach und verständlich erklärt. Fragen und Antworten zum selben Thema bietet auch das Buch "Was ist jetzt dort, wo der Urknall war?" von Stefan Deiters.
Doch nicht nur das Weltall, sondern auch das ganz irdische Leben interessiert die Verlegerinnen. In "Der Gaslight Effekt" wird über versteckte emotionale Manipulationen aufklären, "Lieber Tod, wir müssen reden" befasst sich mit der Trauer und "Mögest du glücklich sein" mit dem Gegenteil.
In einer früheren Version dieses Artikels stand, dass der Verlag zwei Mitarbeiter hat und 100 Filme herausgebracht hat.