Verkehrsprobleme:Neubiberg greift nach dem Strohhalm

Verkehrsprobleme: Viel Verkehr in Neubiberg.

Viel Verkehr in Neubiberg.

(Foto: Claus Schunk)

Bei der Ortsteilversammlung in Unterbiberg monieren die Bürger Verkehrsprobleme. Matthias Heinitz von der Bundeswehruni fordert einen U-Bahnanschluss und der Bürgermeister bringt eine Seilbahn ins Spiel.

Von Patrik Stäbler, Neubiberg

Wenn Reinhold Himmel verdeutlichen will, welche Ausmaße der Verkehr in Unterbiberg angenommen hat, dann tut er das am Beispiel seines Balkons. Dort habe er sich noch vor wenigen Jahren abends raussetzen können, erzählt Himmel, der in der Zwergerstraße unweit des Marktplatzes wohnt. "Ab und zu ist ein Auto vorbeigefahren, aber man konnte es aushalten." Mittlerweile sei ein Abendessen auf dem Balkon undenkbar, ganz zu schweigen von einem Frühstück. "Morgens und abends ist der Verkehr wirklich extrem. Da ist so ein Lärm und so ein Dreck - alle drei Tage muss ich den Balkon putzen."

Reinhold Himmel gehört zu den vielen Bewohnern in der Vivamus-Siedlung, die unter dem zunehmenden Verkehr leiden. Einige von ihnen haben ihrem Ärger nun bei der Ortsteil-Bürgerversammlung in Unterbiberg Luft gemacht - wobei sich in den Zorn oft Resignation mischte. "Wir werden jämmerlich im Stich gelassen", klagte Reinhold Himmel. Die einzige Maßnahme, die für eine spürbare Entlastung hätte sorgen können, wäre die Südanbindung Perlach (SAP) gewesen. Doch diese sei in einer "ominösen Gemeinderatssitzung" beerdigt worden, ärgerte sich Himmel. Worauf Bürgermeister Günter Heyland von Neubibergs Freien Wählern bestätigte: "Dass die SAP als Entlastungsstraße nicht kommen wird, ist der Mehrheit im Gemeinderat geschuldet. Da können Sie anderer Meinung sein - das bin ich persönlich auch. Aber so ist das in einer Demokratie."

Der Verkehr - nicht nur hinsichtlich der SAP - war wieder einmal das alles beherrschende Gesprächsthema im Pfarrzentrum St. Georg vor circa 100 Besuchern. Sie bekamen zunächst von Matthias Heinitz, dem Vizepräsidenten der Bundeswehr-Universität, die Pläne für eine Verlegung und Aufwertung des Osttors am Campus vorgestellt.

Die Uni wird in den nächsten Jahren kräftig wachsen

Diese Maßnahme geht einher mit dem Bau von 660 Wohnungen und einem Parkhaus mit 1300 Stellplätzen auf dem bisherigen Ostparkplatz. Zugleich sei geplant, so Heinitz, die Zufahrt vom Werner-Heisenberg-Weg an die Straße Auf der Heid zu verlegen, vis-à-vis des Friedhofs. Dieser Eingang soll künftig mit einer Wache besetzt werden, "sodass wir davon ausgehen, dass ein wesentlicher Teil des Verkehrs über das Osttor gehen wird". Überdies berichtete Heinitz, dass die Uni in den nächsten Jahren kräftig wachsen werde, sowohl bei den Studierenden als auch bei den Mitarbeitern. Ob das - trotz des neuen Osttors - zu mehr Verkehr in Unterbiberg führe?, wollte ein Bürger wissen. "Ich schließe es nicht aus", antwortete Heinitz.

Der Vizepräsident warb derweil für eine Verlängerung der U5, die seine Universität mit dem Ludwig-Bölkow-Campus verbinde. Eine "kritische Frage" sei dabei, an welcher Stelle sich ein U-Bahnhof platzieren lasse - schließlich sei ein Großteil des Areals militärischer Sicherheitsbereich.

Auch der Bürgermeister forderte für die Strecke nach Taufkirchen und Ottobrunn "belastbare öffentliche Verkehrsmittel", zumal dort die neue Raumfahrt-Fakultät der Technischen Universität München entstehe. Wobei Heyland dazu riet, neben der U-Bahn - "sie ist das teuerste Verkehrsmittel überhaupt" - auch andere Lösungen im Blick zu behalten, etwa eine Seilbahn.

Anwohner sind an kurzfristigen Lösungen interessiert

Die meisten Besucher waren indes weniger an solch langfristigen Plänen, sondern eher an kurzfristigen Lösungen für ihre Verkehrsprobleme interessiert. So erkundigte sich ein Bürger, ob man die drei Buslinien durch Unterbiberg auf leisere Hybrid- oder Elektrofahrzeuge umstellen könne. Hierauf erklärte Heyland, dass der zuständige Landkreis die Umrüstung erster Busse gerade in Angriff nehme, die Linien durch Unterbiberg dabei jedoch nicht in Betracht gezogen würden.

Immerhin etwas Hoffnung konnte der Rathauschef in Sachen Autobahnbeschilderung machen. Zwar habe die Autobahndirektion Südbayern eine Umbenennung der Anschlussstelle Neubiberg in Unterbiberg abgelehnt - das hatte Heyland gefordert, um "unerwünschten Durchgangsverkehr" aus dem Ortsteil fernzuhalten. Jedoch könnten die Tafeln mit den Ausfahrtszielen womöglich um Unterbiberg ergänzt werden; an gleicher Stelle solle dann auch bei der Nachbar-Ausfahrt Unterhaching-Ost in beiden Fahrtrichtungen darauf hingewiesen werden, dass es hier nach Neubiberg gehe. Allerdings, räumte Heyland ein, brauche es hierfür die Zustimmung der örtlichen Polizei und des Nachbarn Ottobrunn.

Ob eine derartige Beschilderung überhaupt Entlastung für Unterbiberg bringe? "Wir klammern uns an jeden Strohhalm, denn unsere Möglichkeiten sind begrenzt", sagte Heyland. Reinhold Himmel jedenfalls glaubt nicht daran, dass der Verkehr vor seiner Tür weniger wird - im Gegenteil: "Am Perlacher Tor entstehen hunderte neue Wohnungen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Bewohner Unterbiberg als Durchfahrtsstraße entdecken." Frühstücken auf dem Balkon - für Reinhold Himmel wird das wohl ein Wunschtraum bleiben.

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