Münchner Osten:Verkehrskonzept ist gescheitert

Münchner Osten: Der Durchgangsverkehr ist nicht nur in Putzbrunn ein Problem, sondern auch in den umliegenden Gemeinden. Eine gemeinsame Lösung dafür hat man in dem interkommunalen Arbeitskreis jedoch nicht gefunden.

Der Durchgangsverkehr ist nicht nur in Putzbrunn ein Problem, sondern auch in den umliegenden Gemeinden. Eine gemeinsame Lösung dafür hat man in dem interkommunalen Arbeitskreis jedoch nicht gefunden.

(Foto: Claus Schunk)

Die Gemeinde Putzbrunn will sich nicht mehr an dem interkommunalen Arbeitskreis beteiligen, der gemeinsame Lösungen mit den Nachbarn Grasbrunn, Höhenkirchen-Siegertsbrunn und Hohenbrunn suchen sollte.

Von Stefan Galler, Putzbrunn/Grasbrunn

Die Abstimmung war an Eindeutigkeit nicht zu überbieten: Keiner der 20 Putzbrunner Gemeinderäte sprach sich in der Sitzung am Dienstagabend dafür aus, am interkommunalen Verkehrskonzept festzuhalten, das 2016 gemeinsam mit den Nachbargemeinden Grasbrunn, Höhenkirchen-Siegertsbrunn und Hohenbrunn initiiert worden war. Damals hatten sich einzelne Gemeinderäte aus den vier Kommunen zusammengetan, um ohne Beteiligung der Bürgermeister in einem zwanglosen und inhaltlich geschützten Raum Ideen zur Lösung der Verkehrsproblematik im südöstlichen Landkreis durchzudiskutieren.

Vier Jahre später muss das Projekt als gescheitert betrachtet werden, das konnte Walter Hois, Gemeinderat der Gemeinschaft pro Putzbrunn (GPP) und einer der Vertreter der Gemeinde in der Gruppe, nicht verhehlen: "Seit März, April 2019 hängt die ganze Sache", sagte Hois. "Es war eine einmalige Chance, das zu machen, aber bisher ist das Projekt dann doch eher ernüchternd verlaufen und schließlich relativ versandet." In seinem Bericht erläuterte Hois die durchaus vielversprechenden Anfänge des Arbeitskreises. So habe man eine Ist-Analyse der Probleme fertiggestellt und dann mit einem Mitarbeiter des Landratsamtes besprochen. "Aber als wir uns vier Monate später wieder mit ihm austauschen wollten, war der schon gar nicht mehr da", erzählte Hois. Es sei auch zunehmend schwieriger geworden, die acht Repräsentanten aus den vier Gemeinden an einen Tisch zu bekommen. Er habe das Gefühl gehabt, dass nur drei bis fünf Leute "motiviert waren, mehr zu machen". Darüber hinaus habe dem Arbeitskreis zu schaffen gemacht, über keinerlei Kompetenzen zu verfügen. CSU-Fraktionsvorsitzender Eduard Boger, der dem Gremium anfangs ebenfalls angehört hatte, zog schließlich einen eindeutigen Schluss: "Es herrschte keine Bereitschaft, über den eigenen Kirchturm hinauszublicken. Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende."

Für Putzbrunns Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD) war das Scheitern absehbar: "Ich war von Anfang an kein Freund des interkommunalen Verkehrskonzepts, aber ich stimmte zu, um zu schauen, was dabei rauskommt." Wegen seiner damaligen Äußerungen, wonach in einem solchen Arbeitskreis jede Kommune ihre eigenen Probleme in den Mittelpunkt stellen würde, sei ihm "viel Gegenwind entgegengeschlagen", sagte Klostermeier. "Ich bin bitter enttäuscht, dass nichts herausgekommen ist."

Mit Unverständnis reagiert Grasbrunns Dritter Bürgermeister Hannes Bußjäger (Freie Wähler) auf die Putzbrunner Entscheidung. "Schade, ich bin weiterhin davon überzeugt, dass da was drin gewesen wäre", sagt der langjährige Gemeinderat und reicht den Schwarzen Peter sogleich an den Putzbrunner Rathauschef weiter: "Klostermeier war von Anfang an unser größter Gegner. Dabei muss man sich mal seine verkehrspolitischen Erfolge ansehen: Die sind gleich null", schimpft Bußjäger, der auch der früheren Höhenkirchener Bürgermeisterin Ursula Mayer und dem Hohenbrunner Rathauschef Stefan Straßmair (beide CSU) eine Mitschuld am Scheitern des Konzeptes gibt. Der Grasbrunner Rathauschef Klaus Korneder (SPD) sei ebenfalls "kein Befürworter" gewesen, "aber sensibler in seiner Wortwahl".

Überhaupt seien die Bürgermeister "mehr an Umfrageergebnissen interessiert als an der Sache", so Bußjäger. Mehrfach sei das Verkehrskonzept ausgebremst worden, zunächst durch den Putzbrunner Bürgermeisterwahlkampf 2017/18, dann durch den Kommunalwahlkampf und nun wegen Corona. "Wir wollten das Thema aus den Wahlkämpfen heraushalten, das ist nun die Konsequenz."

Auch Straßmair nimmt den Putzbrunner Beschluss mit Bedauern zur Kenntnis: "Wir waren uns von Anfang an einig, dass es schwierig ist, auf dieser Ebene konkret etwas zu erwirken, aber ich habe es dennoch befürwortet, dass man sich austauscht", sagt der Hohenbrunner Bürgermeister. Dennoch sei die Wahrscheinlichkeit, Ergebnisse zu erreichen, auf Bürgermeisterebene größer. Die aktuell in den Kreisgremien und Gemeinderäten geführte Debatte um eine Autobahnparallele, die die B 471 ersetzen und die Ortskerne im Osten entlasten könnte, sieht Straßmair ebenfalls skeptisch: "Unsere Nordumfahrung ist die A 99, aber wenn eine solche Parallele kommt, wollen wir mitentscheiden, um nicht am Ende die Leidtragenden zu sein. "

Die neue Bürgermeisterin von Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Mindy Konwitschny (SPD), erkennt auch weiterhin eine dringende Notwendigkeit zum Austausch der Gemeinden untereinander: "Gut an diesem interkommunalen Verkehrskonzept war, dass man mehr Gefühl für die Probleme der anderen bekommen hat und über den Tellerrand hinaus schauen konnte." Dass man von der Gruppe keine fertigen Konzepte erwarten habe können, sei indes klar gewesen: "Dazu hatte sie zu wenig Befugnisse. Aber als Brückenbauer und für Lösungsanregungen wäre der Arbeitskreis auf jeden Fall nützlich gewesen", sagt Konwitschny.

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