Süddeutsche Zeitung

Verkehr:Pullach bremst Autofahrer ein

Laut einem Beschluss des Umweltausschusses soll im ganzen Ort Tempo 30 eingeführt werden

Von Michael Morosow, Pullach

Auf Pullacher Straßen soll künftig Tempo 30 gelten. Diesen doch recht überraschenden Beschluss haben die Mitglieder des Umwelt- und Mobilitätsausschusses in ihrer Sitzung am Dienstag gefasst. Die letztgültige Entscheidung obliegt zwar dem Gemeinderat, aber Caroline Voit von der Fraktion Pullach plus zeigt sich zuversichtlich, dass dieser den Beschluss des Ausschusses nicht korrigieren wird. "Wenn alle da sind, könnte es klappen", sagt die Gemeinderätin, die mitten in die Diskussion um eine Überarbeitung des Geschwindigkeitskonzepts der Gemeinde aus dem Jahr 2011 mit einem Änderungsvorschlag für ein gemeindeweites Tempo 30 hineinplatzte - und schließlich damit Erfolg hatte. Ihr Onkel sei als Kind tödlich überfahren worden und sie selbst sterbe jeden Morgen Tausend Tode aus Sorge um ihre Tochter, sagte sie. Mit dem Beschluss hat sie aber wohl selbst nicht gerechnet. Sie sei positiv überrascht, sagte sie am Mittwoch.

Die Entscheidung wurde mit sechs zu vier Stimmen getroffen, dagegen argumentiert und gestimmt haben die je beiden Vertreter der CSU und der Fraktion der Wählergruppe "Wir in Pullach" (WIP), wobei insbesondere Cornelia Zechmeister (WIP) kein gutes Haar an Tempo 30 im ganzen Ort ließ und sogar von einer dadurch erhöhten Gefahr etwa in der Heilandstraße und der Pater-August-Rösch-Straße sprach, wo ihrer Meinung nach Tempo 40 beibehalten werden sollte. Man müsse die Kirche im Dorf lassen, sagte sie: "Ich lass' mich nicht von Radfahrern überholen." Außerdem verwies sie auf die Probleme der Gewerbetreibenden, die ohnehin oft genug vor geschlossenen Bahnschranken warten müssten. "Ich bin für 40, aber bei 30 gehe ich nicht mit", sagte sie. Sebastian Westenthanner (CSU), selbst Feuerwehrmann, sprach von Problemen, wenn mit Tempo 30 zu Einsätzen gefahren werden müsse. Er sei dabei schon einmal geblitzt worden. Und überhaupt plädiere er gegen fest installierte Blitzanlagen und für Anhängerblitzer, "denn wenn ich weiß, da steht ein Blitzer, dann fahr' ich halt langsamer." Ja, genau das wolle sie auch, sagte Voit.

Die Vertreter von Grünen, SPD und Pullach plus hielten es wie Renate Grasse (Grüne), die sagte: "Der Vorteil von Tempo 30 überwiegt", in den Großstädten sei man schon so weit, warum solle die Gemeinde "so erbärmlich hinterherhinken?" Caroline Voit nannte als Beispiel den Münchner Harras, wo Tempo 30 gut funktioniere. Und Peter Bekh von den Grünen berichtete von seinen Aufenthalten in New Jersey. "Wenn ich da nicht Schritttempo fahre, dann holt mich der Teufel", sagte Bekh. An der Großhesseloher Straße sei viel Radverkehr, es sei abenteuerlich, welche Überholmanöver hier gefahren würden, er rate dringend zu Tempo 30.

Etwas überrascht vom Beschluss zeigte sich auch Peter Mesenbrink, stellvertretender Leiter der Abteilung Verkehrsrecht, der zum Thema referierte. Es gebe nicht mehr viele Bereiche im Ort, in denen Tempo 50 gelte. Und er habe festgestellt, dass in der Bevölkerung Tempo 40 akzeptiert werde. Mit Abstrichen zufrieden verließ Agendasprecher Bert Eisl den Sitzungssaal. "Bestechend" für ihn wäre die Ausweisung einer Tempo-30-Zone für den ganzen Ort, nicht nur Tempo-30-Straßen. Das wäre die sicherste Lösung und es gäbe keinen Schilderwald, sagte er. Nach der nun getroffenen Entscheidung, sollte sie der Gemeinderat teilen, müssen aber in jeder Straße extra Tempo-30-Schilder aufgestellt werden.

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Quelle:
SZ vom 11.11.2021
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