Verkehr:Kirchheim ist nicht Kopenhagen

Verkehr: Eine Fahrradstraße gibt es in Kirchheim seit 2018. Mit dem Radschnellweg wird es noch etwas dauern.

Eine Fahrradstraße gibt es in Kirchheim seit 2018. Mit dem Radschnellweg wird es noch etwas dauern.

(Foto: Claus Schunk)

Beim Auftakt der Bürgerbeteiligung zeigt sich: Die Verwirklichung des Radschnellwegs nach München ist kompliziert

Von Christina Hertel, Kirchheim

In Kopenhagen gibt es vieles, was sich Radler in der Region rund München wohl wünschen würden: breite Wege, grüne Welle, Fahrradbrücken und -garagen. All das hat sich der Kirchheimer Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) vergangene Woche angesehen und sich Tipps geben lassen. Einer habe gelautet: "Ihr Deutschen werdet die Menschen nicht dazu bringen, Fahrrad zu fahren, indem ihr an den Klimaschutz appelliert. Es muss einfach der schnellste Weg sein." In Kopenhagen klappt das. Dort fahren laut einer Studie 62 Prozent der Bewohner jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit oder zur Schule, nur mehr neun Prozent nehmen das Auto. Eine Idee, wie man zu solchen Quoten auch in München kommen könnte, ist der Bau von Radschnellwegen - so breit und geradlinig, dass mindestens zwei Radler nebeneinander Platz haben und Durchschnittsgeschwindigkeiten bis zu 20 Stundenkilometern erreichen können. Fünf grobe Vorschläge, wo Trassen liegen könnten, gibt es bereits - eine führt von Markt Schwaben über Kirchheim nach München. Um den genauen Verlauf zu bestimmen, sollten sich am Dienstagabend in der Kirchheimer Mittelschule Bürger mit ihren Ideen einbringen. Das Fazit: Es ist kompliziert. Bestehende Wege werden nur schlecht angenommen. Doch neue kosten Geld.

Bürgermeister, Landräte und Planer, diskutieren schon seit Jahren, wie man in München solche Radschnellwege schaffen könnte - gebaut wurde allerdings nichts. Und bis die etwa zehn Kilometer lange Strecke zwischen Markt Schwaben und Kirchheim kommt, könnte es noch dauern. Daran ändert auch die Bürgerbeteiligung nichts: Wenn diese Mitte nächsten Jahres abgeschlossen ist, müssten erst einmal die Details geplant werden, sagte Dennis Stocksmeier von dem damit beauftragten Büro Planersocietät. Dieses begann am Dienstagabend bei null: Auf Karten konnten die Teilnehmer einzeichnen, welche Streckenverlauf sie sich wünschen. Da ist Jan Grabke in Radlerhose und Trikot, der in Markt Schwaben Fernradelreisen organisiert und jeden Tag von dort nach Neuperlach radelt. Besonders schlimm, sagt er, sei der Weg durchs Poinger Gewerbegebiet - zu viel Verkehr, zu viele Ein- und Ausfahrten. Sein Vorschlag: eine Trasse südlich der S-Bahn. "Doch hat nicht Markt Schwaben erst vor kurzem eine Straße genau auf der anderen Seite zur Fahrradstraße erklärt?", wendet eine Frau aus Kirchheim ein. Doch was nützt das, wenn Radler diese nicht nutzen wollen?

Böltl sagt, am günstigsten wäre es, für den Schnellweg bestehende Wege zu nutzen - neue seien schließlich teuer, besonders weil dann Grund gekauft werden muss. Seine Idee wäre deshalb eine Route entlang der Kreisstraße. Bei der Veranstaltung zeigt sich jedoch: Nicht allen gefällt diese Vorstellung. "Das ist eine viel befahrene Straße", sagte Kurt Lainer vom Kirchheimer Bund Naturschutz. Lieber wäre ihm ein Weg durch die Kirchheimer Ortsmitte. Doch dort fehlt womöglich der Platz.

Einen Kompromiss werden am Ende die Planer finden müssen. Klar ist schon jetzt, dass sie nicht alle zufriedenstellen können - weil sie dafür wohl ganz München umbauen müssten. Bernd Kunkel aus Kirchheim fährt im Jahr 5206 Kilometer Fahrrad. Schlimmer als der Weg durch seinen Heimatort, sagt der 77-Jährige, sei der Zustand der Radwege in der Innenstadt - "eine Katastrophe".

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