Süddeutsche Zeitung

Verbraucherschutz:Schule der Konsumenten

Als "leitender Stützpunkt für Verbraucherbildung" will die VHS Südost künftig vor allem Jugendliche und ältere Menschen über die Gefahren aufklären, die bei Vertragsabschlüssen und im Internet lauern. Die Ottobrunner Einrichtung ist damit Vorreiter für ganz Bayern

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Bei manchem Buben ist es schon der dritte Handyvertrag, um auch wirklich an das neueste Modell des Lieblingsanbieters von Smartphones zu kommen. Kostengünstig freilich, schließlich kostet das iPhone- oder Samsung-Modell dann nur noch einen Euro. "Das ist die Denke, die bei vielen Jugendlichen dahinter steckt", sagt Dozentin Melina Welscher bei ihrem Auftritt auf der Bühne des Festsaals im Ottobrunner Wolf-Ferrari-Haus. Welscher ist Fachdozentin für finanzielle Grundbildung bei der Volkshochschule Südost - und als solche mit dem unbedarften Umgang vieler Kinder und Jugendlicher in Finanzfragen und den daraus resultierenden Folgen vertraut: "Da kommen dann Rechnungen von bis zu 150 Euro zusammen, aber kein Geld für das Frühstück."

Konsum, sagt Klaus Meisel, sei wichtig zum Überleben: "Aber er kann einem auch die Lebensgrundlage rauben." Meisel ist Chef des Bayerischen Volkshochschulverbandes und der Münchner VHS - des Nachbarn und gewissermaßen der großen Schwester der VHS Südost. Am Mittwochnachmittag konnte er aber ein wenig Neid - aber auch Stolz - nicht verbergen. Denn mit einem Festakt eröffnete die Volkshochschule im Südosten des Landkreises, der die Gemeinden Ottobrunn, Neubiberg, Putzbrunn, Hohenbrunn und Höhenkirchen-Siegertsbrunn angehören, den ersten "leitenden Stützpunkt für Verbraucherbildung" in Bayern. "Eine Einrichtung, die vielen Menschen bei der Alltagsbewältigung helfen wird", sagte Meisel. "Und von der wir als Nachbar nur profitieren können."

Zehn solcher "Lead-Stützpunkte" soll es zunächst im Freistaat geben, mit denen der Verbraucherschutz auf eine neue Ebene gehoben werden soll - und die einem sich rasch wandelnden Verhalten der Menschen Rechnung tragen sollen. Unterstützt wird dieses Projekt vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dessen Ministerialdirigentin Sabine Nießen beim Festakt in Ottobrunn von einem echten "Aufbruchsignal" sprach. Christof Schulz, Leiter der VHS Südost, sagte, seine Institution - die größte im Landkreis München - nehme mit dieser deutlichen Erweiterung des Programms eine "gesellschaftliche Verantwortung" wahr. Generationenübergreifend und in Zusammenarbeit mit anderen Bildungspartnern. Etwa den Schulen, wie im Falle von Melina Welscher, die an Realschulen und Gymnasien Teenager berät. Froh ist aber auch Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU), dass die Kreissparkasse München-Starnberg-Ebersberg mit ins Boot geholt werden konnte. Diese dünne zwar ihr Filialnetz immer weiter aus, was insbesondere im Umgang mit dem Onlinebanking kaum geschulten älteren Bürgern zum Nachteil gereiche. Doch ist die Kreissparkasse bei Kursen als Partner mit ihrem Know-how dabei.

"Das Leben wird immer schnelllebiger und die Anforderungen an die Verbraucher immer umfassender", sagt VHS-Leiter Schulz. "Das betrifft vor allem die Bereiche Finanzen und Internet." Auf das neue Programm seiner Volkshochschule hat dies bereits Auswirkungen: Dort nehmen Kurse wie "Musik aus dem Internet - legal und kostenlos", "Datenschutz und Datensicherheit", aber auch konkrete Beratungen wie "Altersvorsorge und Geldanlage leicht verständlich" sowie "Baufinanzierung für kluge Rechner" großen Raum ein. Und als Lead-Stützpunkt werde die VHS dieses Angebot noch weiter ausbauen. Denn, sagte sein Kollege Klaus Meisel, das Angebot der Volkshochschulen müsse sich an alle Menschen richten und offen sein: "Ja, es gibt viele bildungsferne Menschen. Aber es gibt auch menschenferne Bildung - und das können wir mit so einem Projekt ändern."

Etwa mit der Beratung von Hanne Henke, die gerade ältere Menschen durch das Netz lotst und ihnen empfiehlt, in Online-Shops "zuerst das Impressum zu checken". Die grundsätzlich aber auch einen Rat mitgibt, der schon immer gegolten hat: "Verlassen sie sich bei Geschäften auf ihr Bauchgefühl."

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SZ vom 03.06.2016
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