Vampire Weekend in der Tonhalle:Biss zur Zugabe

Sie haben ihr Publikum ganz schön zappeln lassen: In der Münchner Tonhalle ist die New Yorker Indie-Band "Vampire Weekend" aufgetreten. Schade nur, dass die gute Laune nicht bis zum Ende anhält.

Kathrin Haimerl

Noch bevor die Jungs zu sehen sind, kreischen die Massen in der Münchner Tonhalle. Das Konzert ist ausverkauft, das Publikum drängt sich vor der Bühne. Dann kommen die Vier - und wirken reichlich unspektakulär. Die Gruppe Vampire Weekend um Sänger Ezra Koenig kokettiert an diesem Abend nicht einmal mit schnöseligem Preppy Stil, den die vormaligen Elite-Studenten sonst bevorzugen. Koenig selbst erscheint im Karo-Hemd. Statt perfekt geformter Pilzkopf-Frisur ist sein Haar verwuschelt. Dafür hat er das andere Markenzeichen seiner großen Vorbilder mitgebracht: Seine Gitarre ist eine Epiphone Casino, wie sie auch die Beatles hatten.

Tourauftakt Vampire Weekend

Wie schon beim Tourauftakt der US-Band Vampire Weekend im Berlin (Bild), stand Sänger Ezra Koenig auch in München mit Caro-Hemd auf der Bühne.

(Foto: dpa)

Das also ist Vampire Weekend, Kritikern zufolge einer der interessantesten Musik-Exporte aus New York. Als Anfang des Jahres ihr zweites Album "Contra" erschien, verdrängte es Susan Boyle von Platz eins der Charts in den USA und Kanada.

Und auch in München ist der Hype längst angekommen: Es ist kein Szene-Publikum, das sich hier eingefunden hat. Vor der Bühne drängen sich Fans aller Altersgruppen. Sogar zwei Lederhosenträger sind darunter. Vampire Weekend ist im Mainstream angekommen.

Die Fachpresse beschreibt die Musik der Jungs als Ethno-Indie, weil sie kühles, europäisches Indie-Geschrammel mit Klängen aus verschiedenen Kulturkreisen kombinieren. Aus Gitarren, Keyboard und Beats erschaffen Vampire Weekend einen wunderbar fröhlichen Klangteppich. Obendrauf setzt Sänger Koenig seine Gedankenfetzen, die allerdings so leicht und unbeschwert nicht sind. Zum Beispiel packt er in den Text von Mansard Roof eine Anspielung auf den Falklandkrieg zwischen Argentinien und Großbritannien.

Dennoch: Es macht Spaß, den früheren Literaturstudenten beim Vortragen seiner Texte zu beobachten. Wenn Koenig die Zeilen ins Mikro singt, schaut er manchmal so verdutzt ins Publikum, als würde er sich selber gerade neue Gedanken über die Bedeutung seiner Lyrics machen.

Es sind die Songs vom Debüt-Album Vampire Weekend vor zwei Jahren, die beim Publikum besonders gut ankommen. Darunter "Cape Cod Kwassa Kwassa" und "The Kids Don't Stand a Chance", bei denen sich die Gruppe an ein anderes großes Vorbild angelehnt hat: "Graceland" von Paul Simon. Vampire Weekend zeigen, dass sie ihre Songs, die auf dem zweiten Album noch experimenteller und ein wenig elektronischer geworden sind, auch live perfekt performen können. Für die Ballade "Taxi Cab" vom neuen Album holen sie einen Kontrabass auf die Bühne. Schade nur, dass außer Sänger Koenig keiner der Musiker mit dem Publikum interagiert.

In dem Video von "A-Punk," dem wohl bekanntesten Song vom ersten Album, wuseln die vier Bandmitglieder im Schnelldurchlauf durchs Bild. Ähnlich dürfte es den Konzertbesuchern in der Tonhalle ergehen. Vampire Weekend lassen ihre Fans mit Ska-Punk-Riffs und "Ay-Ay-Ay"-Rufen hoppeln und zappeln. Ein Song folgt auf den nächsten. Und nach einer guten Stunde ist die Band mit ihrer Setlist auch schon durch.

Drei Lieder gibt es als Zugabe, darunter Walcott, "ein trauriges Lied zum Abschied", wie Sänger Koenig sagt. Dann gehen die Lichter auf der Bühne aus, in der Halle an. Es ist gerade einmal halb elf Uhr, die Konzertbesucher sind gut gelaunt. Noch. Denn die Securities ziehen sofort vor dem Bühnenrand ein Absperrband auf. Damit drängen sie die Massen nach draußen. Ein abruptes Ende.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: