Urlaub für den Hund:Hotel Gassi

Urlaub für den Hund: Die Anfänge der Hundepension reichen weit zurück.

Die Anfänge der Hundepension reichen weit zurück.

(Foto: Claus Schunk)

In der Hundepension Palm Kufner bei Ödenpullach herrscht Hochsaison. 90 Tiere sind in dem Familienbetrieb einquartiert, dessen Anfänge bis 1937 zurückgehen. Statt Luxus gibt es dort Ferien auf dem Bauernhof.

Von Christina Hertel, Oberhaching

Ein Hund, gerade mal so groß, dass er in eine Handtasche passen würde, läuft auf einen Mann zu. Hellblaues Hemd, Anzughose, Hornbrille - im Modemagazin würde wohl so etwas wie "Casual Business Style" über dem Foto stehen. "Lotti, ach Lotti, da bist du ja." Der Hund, ein Yorkshire-Terrier, springt an seinen Beinen hoch. Die beiden haben sich eine Woche nicht gesehen, weil der Herr geschäftlich unterwegs war. Lotti durfte in der Zeit Urlaub machen - sozusagen abgeschieden von der Hektik der Stadt in der Hundepension Palm Kufner bei Ödenpullach.

Wer jetzt noch nicht reserviert hat, bekommt auch keinen Platz mehr

Die nächste S-Bahn ist zu Fuß fast eine Stunde entfernt, der nächste Supermarkt auch. Wer zu dem Hundehotel will, muss erst einmal ein ganzes Stück durch den Wald. Und schon von weitem hört man das Gebell. Um die 90 Hunde leben während der Sommerferien dort. Hochsaison. Wer jetzt noch nichts reserviert hat, bekommt auch keinen Platz mehr. Der Mann mit dem grünen Pulli hinter der Theke heißt Phillip Kufner. Seine Großmutter Margarete Palm gründete die Pension. Um die 20 mal muss er momentan am Telefon Menschen vertrösten: "Nein, leider gerade nichts zu machen."

Urlaub für den Hund: Ferien auf dem Bauernhof bieten Gertraud und Phillip Kufner in ihrer Hundepension.

Ferien auf dem Bauernhof bieten Gertraud und Phillip Kufner in ihrer Hundepension.

(Foto: Claus Schunk)

Wer ein Hundehotel führt, weiß viel über die Welt im Allgemeinen und über die Urlaubszeit im Speziellen zu sagen - schließlich kommen solche Leute nicht nur mit Hunden in Kontakt, sondern auch mit deren Besitzern. Phillip Kufner fängt gleich an, seine Sicht der Dinge herunterzurattern, ohne, dass man ihn lange danach fragen muss. Urlaub in dem Sinn, so wie früher, drei Wochen Bibione, das gebe es schon lange nicht mehr. Das 21. Jahrhundert ist nicht nur das Zeitalter von Facebook und Smartphones, es ist auch das Zeitalter der Kurzurlaube. "Freitag bis Dienstag nach Stockholm oder Barcelona, das liegt im Trend", sagt Kufner. "Es traut sich ja heutzutage keiner mehr länger weg. Die haben ja alle gleich Angst um ihren Job."

Kufner ist Anfang 60 und wenn er über die moderne Arbeitswelt spricht, klingt es ein bisschen trotzig, ein bisschen nach "früher war alles so viel besser". Schließlich betrifft ihn der gesellschaftliche Wandel auch: Er hat ganz einfach viel mehr Hunde in einer kürzeren Zeit bei sich.

An den Wänden kleben Fotos von ehemaligen Gästen

Im Foyer der Pension riecht es so stark nach Hund, dass Menschen, die sonst keine Tiere um sich haben, wohl erst einmal durch den Mund einatmen. An den Wänden kleben Fotos von Hunden, die schon einmal da waren. "Danke für die schöne Zeit" steht unter manchen.

Neben der Eingangstür hängen in einem großen Rahmen alte Zeitungsartikel. Großmutter Palm in schwarz-weiß mit einem Hund auf dem Arm. Bereits 1937 beherbergte sie hier die ersten Hunde. Ihr Mann hatte dort eine der ersten Pferdekliniken in Bayern und sie wollte sich ein paar Mark dazu verdienen. Ihr Enkel Phillip Kufner und dessen Frau Gertraud bauten die Hundepension immer weiter aus. Heute könnten dort bis zu 110 Hunde leben, aber Kufners persönliches Limit ist bei 90. "Weil man nie weiß, was mit den Herrchen passiert. Was ist, wenn sich einer plötzlich das Bein bricht? Oder stirbt?" Wegen solcher Notfälle sei ein gewisser Puffer notwendig.

Urlaub für den Hund: Für Schnickschnack wie eine Schur bei Martin Suppan müssen die Herrchen extra bezahlen.

Für Schnickschnack wie eine Schur bei Martin Suppan müssen die Herrchen extra bezahlen.

(Foto: Claus Schunk)

Auf einem Tisch liegen Döschen, Tuben und Tabletten. Augentropfen für den Hund, Durchfallmittel, Vitamin-Tabletten. "Es wird viel mehr nachgeforscht, was die Hunde für Allergien haben. Früher wurde da gar nicht drauf geachtet." Yorkshire-Terrier Lotti hat zum Beispiel eine Glutenallergie. Eigentlich füttert Kufner die Tiere selbst mit Fleisch und Nudeln oder Reis, aber bei Tieren mit Allergie lassen die Herrchen und Frauchen das Futter da. "Pferdefleisch mit Pastinaken bekommen die zum Beispiel. Ich wusste bis dahin nicht einmal, was das ist", meint Kufner. Er hält nicht viel vom Bohei, das um die Tiere gemacht wird. Gleichzeitig kommen zu ihm nie Hunde, die verwahrlost sind oder vernachlässigt wurden - natürlich ein Vorteil. Der Nachteil: Wenn der Hund doch mal einen kleinen Kratzer hat, ist das Geschrei groß.

"Wir sind kein Luxushotel. Eher Ferien auf dem Bauernhof", sagt Besitzer Kufner

Die Hunde werden in Gruppen, die nach Größe aufgeteilt sind, gehalten. Auch Gassi gehen sie gemeinsam, dann rennen sie über die Wiesen, springen in Schlammlöcher. Für die Hunde sei das Party, Schullandheim. Und danach kommt - wie bei jeder anständigen Feier - der Kater. Die Hunde seien nach den Tagen in der Pension oft müde. "Das ist ganz normal", sagt Kufner, aber manche Besitzer würden gleich das Schlimmste denken - nur teilen sie das den Kufners selten persönlich mit, sondern schreiben eine hässliche Bewertung im Internet. "Wir sind kein Luxushotel. Das sind eher Ferien auf dem Bauernhof."

Einer, der mit der Hundepension Kufner nicht zufrieden war, ist Willi Schulte aus Straßlach. Er hatte vor fünf Jahren seine beiden Dackel Marie und Watzmann für fünf Tage im Dezember dort untergebracht. Als er Marie abholte, hatte sie einen Schnupfen und eine zerbissene Nase. Er sei über den Zustand seiner Dackeldame schockiert gewesen. Tierquälerei sei das, was da in Ödenpullach ablaufe. Seine Hunde seien für ihn wie eigene Kinder, für die er nur das Beste wolle. Deshalb bringe er seine Dackel jetzt in eine Hundepension in Obertaufkirchen, eine Stunde sei er dahin unterwegs, aber die lange Fahrt nehme er gerne auf sich - Hauptsache er müsse seine Marie nie mehr so sehen.

Gassigehen und Baden muss man extra dazubuchen

So genau können sich die Kufners an Marie, Watzmann und ihr Herrchen Willi Schulte nicht mehr erinnern. Gertraud Kufner sagt aber: "Kinder werden im Kindergarten auch krank." Für viele Hunde sei ein Aufenthalt in einer Hundepension stressig. Deshalb werden bei den Kufners ältere Hunde, die noch die in einer Pension untergebracht waren, gar nicht erst angenommen.

16 bis 22 Euro kostet ein Tag in Ödenpullach - Gassigehen und Baden muss man extra dazubuchen. Im Vergleich ist das günstig. In der Nähe des Flughafens gibt es zum Beispiel die Luxus-Variante für 80 Euro pro Nacht - der Website zufolge schlafen die Hunde dort in Dog Lodges und werden von Dog Sittern betreut. Ob ein Hund eher dahin passe oder bei ihm richtig aufgehoben sei, merke Kufner eigentlich immer gleich, sagt er. "Wenn die Besitzer ihre Hunde auf den Arm nehmen, sobald ein anderer Hund hereinkommt, sind sie bei uns falsch."

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