Ehemaliges Microsoft-Gebäude:Work-Life-Balance in Unterschleißheims Microcity

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Nach dem Umzug von Microsoft nach München ist aus 40 000 Quadratmetern Gewerbefläche ein Gebäudekomplex mit moderner Ausstattung geworden. In den 15 Häusern ist Platz für verschiedene Firmen sowie eine Kita und ein Fitnessstudio.

Von Gudrun Passarge, Unterschleißheim

Microsoft ist am 30. September 2016 aus seinem Sitz in Unterschleißheim ausgezogen. "Es gibt da die Geschichte, dass am 30. September in London der Stecker gezogen wurde und in Unterschleißheim gingen alle Jalousien runter", berichtet Klaus Jungk. Er ist bei der Versicherungskammer Bayern Leiter der Abteilung Gewerbeimmobilien, der Versicherung gehört das Objekt, das jetzt unter "Microcity" firmiert.

Ein Elektriker musste die Jalousien einzeln hochfahren, eine mühsame Angelegenheit. Trotzdem fing Architekt Marcus Beuerlein von Oliv Architekten als Projektleiter am 1. Oktober mit dem Umbau an. Aus einem Haus, das auf einen einzigen Mieter zugeschnitten war, wurde ein Gewerbeobjekt für viele Firmen, das modernsten Ansprüchen genügt. Seit August sind die gesamten 40 000 Quadratmeter in Microcity vermietet.

Hell, modern und ansprechend wurde die Microcity gebaut. "Welcome to the Family" steht im Foyer. (Foto: Alessandra Schellnegger)

16 Jahre lang war Microsoft in Unterschleißheim, bevor es die Computer-Firma nach München zog. Alles in dem Gebäude war maßgeschneidert auf den Nutzer, der es auch selbst verwaltete. So lässt sich auch die Steckergeschichte erklären. Heute ist das anders. Für den Gebäudekomplex mit seinen 15 Häusern war es ein Neuanfang. Wobei schon der Start gelang, wohl auch wegen der guten Anbindung nach München und zum Flughafen.

Jungk berichtet, schon vor dem Auszug von Microsoft stand BMW als Mieter für 12 000 Quadratmeter Fläche fest. Der Besitzer hatte zudem eine kleine Ausschreibung gemacht, um zu prüfen, wie der Komplex an der Konrad-Zuse-Straße künftig gestaltet werden sollte. Oliv Architekten hatten mit ihren damaligen Partnern einen Plan eingereicht, der durchaus Gefallen fand. "Geplant war eine kleine neue Stadt mit einer Piazza in der Mitte", sagt Beuerlein. Dazu hätte man einigen Gebäuden zwei Geschosse genommen, um einen größeren Platz im Zentrum zu schaffen, der auch eine Erschließung aus der Mitte möglich gemacht hätte. Aber der Plan, der sogar schon im Stadtrat vorgestellt worden war, blieb Makulatur. Er hätte Fläche gekostet, "und die Nachfrage nach Mietflächen war so groß, dass er nicht umgesetzt wurde", sagt Jungk.

Größeres Cafe, umgestaltete Kantine

Trotzdem wurde viel verändert, gerade im Eingangsbereich. Dort ist das Café stark vergrößert worden, ebenso wie die Kantine grundlegend umgestaltet worden ist. Carina Rösicke, Projekt-Architektin bei Oliv, erklärt, dass sie absichtlich drei unterschiedliche Sitzhöhen für die Kantine gewählt hat. So sind jeweils andere Sichtweisen möglich. Wer alleine isst, mag vielleicht lieber an einer Art Bar sitzen, dann gibt es die langen Tische für Gruppen, kleinere Tische für nicht so große Gesellschaften und einen Lounge-Bereich mit schwarzen Ledersofas, wo man beispielsweise seinen Espresso genießen kann.

Gute Zusammenarbeit: Jürgen Haux, Pressereferent der Versicherungskammer Bayern, die Architekten Marcus Beuerlein und Carina Rösicke, Abteilungsleiter Klaus Jungk (VKB). (Foto: Alessandra Schellnegger)

Kantine, Café und die Bar mit Dachgarten sind die drei Gastro-Elemente, die sich gegenseitig ergänzen, auch vom Design her. So ist etwa das Eichenholz ein wiederkehrendes Element in der Gestaltung, auch bestimmte Fliesen tauchen hier wie dort auf. Die Gestaltung der Kantine wurde bereits gewürdigt, sie bekam einen Design-Preis. Gastro, für Jungk ist das ein wichtiges Thema. Die Firma Aichbachtaler hat die Gastronomie in dem Haus übernommen, "wir haben ein sehr gutes Feedback", sagt Jungk.

Die Häuser, die einst von Microsoft genutzt wurden, sind inzwischen umgebaut worden. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Gut für die mittlerweile unverzichtbare Work-Life-Balance in modernen Bürogebäuden ist auch der Fitnessbereich, der neu entstanden ist, samt Umkleiden mit Duschen und einem kleinen Yogaraum. Da war es ein Vorteil, als Mieter die Firma Life-Fitness zu haben, deren Geräte jetzt in einem Showroom stehen, der aber allen zur Verfügung steht.

Neu ist auch eine Kita mit 75 Plätzen für Krippen- und Kindergartenkinder. 50 Plätze werden über die Stadt Unterschleißheim belegt, 25 könnte Microcity an Interessenten aus dem Haus vergeben. Werden die Plätze nicht benötigt, gehen sie ebenfalls an die Stadt, wie Jungk erklärt. Beim Rundgang stößt der normale Besucher schnell an seine Grenzen, viele Türen öffnen sich nur für Menschen, die eine Eintrittskarte haben. Rösicke berichtet, jede Firma habe ihr eigenes Konzept. Beuerlein und sein Team haben den Mietern vor dem Einzug geholfen bei der Raumplanung und der Auswahl der Materialien, aber auch bei der Kostenschätzung. "Es ist wichtig, dass so etwas schnell geht und das hat super geklappt", sagt Jungk.

Superhelden und Pingpong spielende Männer

Er lässt sich die Tür zu Zenuity öffnen, ein gutes Beispiel für die Gestaltung nach Wunsch. Das fängt schon bei den Böden an - die Firma hatte Bolon-Boden gewünscht, eine Art gewebter Kunststoff - und geht über schwarze Wände bis hin zu monochromen Küchen in Kontrastfarben. Die Raumaufteilung und die Anzahl der Mitarbeiter pro Raum, das liegt alles in der Hand der Firmen, genauso wie die Raumbenennung: Zenuity wählte dafür Superhelden wie zum Beispiel den Ironman. Zenuity, ein Joint Venture von Autoliv und Volvo, ist ein schwedisches Unternehmen, das Software für selbstfahrende Fahrzeuge entwickelt. Sie haben sogar einen extra Testraum für ihre Fahrzeuge, allesamt weiße Volvos, in denen die Software blinkt und Leitungen zur Messung angeschlossen sind. Daneben ist ein Raum, in dem einige Mitarbeiter gerade Pingpong spielen. Einer der Männer steht etwas abseits und versucht sich an einer E-Gitarre, wenn auch lautlos. Im Eck steht ein Schlagzeug, hier finden wohl auch so manches Mal kleine Sessions statt.

Die Mitarbeiter haben auch Gelegenheit, sich zu entspannen oder auszupowern, wie hier die Mitarbeiter beim Ping Pong spielen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Einladende Freiflächen mit kleinen Tümpeln und mit Pavillons für Raucher, überdachte Übergänge zwischen den Häusern, alles ist durchdacht und auf den Komfort der Nutzer ausgerichtet. Circa 1800 Menschen arbeiten nun wieder in dem Komplex, so viele in etwa wie seinerzeit bei Microsoft. Doch die Jalousien werden jetzt nicht mehr von London aus gesteuert, die Wartung des Gebäudes liegt nun beim Eigentümer, wie Jungk betont.

© SZ vom 16.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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